Oxfam: Extreme soziale Ungleichheit ist eine existenzielle Bedrohung

Die international tätige Hilfsorganisation Oxfam, die laut eigenen Angaben „weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden“, hat zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos den Bericht „Umsteuern für soziale Gerechtigkeit“ veröffentlicht. Laut Bericht machen Konzerne Rekordgewinne und die Superreichen werden noch reicher, „was zu einer Explosion der sozialen Ungleichheit führt, die immer extremere Ausmaße annimmt“. Diese Ungleichheit sei eine existenzielle Bedrohung, verstärke die Armut und untergrabe die Demokratie, so Oxfam. Eine progressive Steuerpolitik wäre der wichtigste Hebel für die Regierungen, um die Ungleichheit zu verringern.

Herrschendes Wirtschaftssystem Ursache für extreme Ungleichheit

Die tieferen Ursachen dieser sich verschärfenden Ungleichheit zwischen Arm und Reich ortet Oxfam im herrschenden Wirtschaftssystem. Dessen handlungsleitendes Prinzip bestehe darin, Profite für Konzerne und deren Eigentümer vor die konsequente Einhaltung der Menschenrechte und den Schutz der Erde zu stellen. Die meisten Regierungen ergriffen laut Oxfam seit Langem keine wirkungsvollen Maßnahmen dagegen und viele Regierungsentscheidungen hätten die Verschärfung der Ungleichheit noch begünstigt. So seien Steuern für reiche Privatpersonen und Unternehmen immer weiter gesenkt oder zugelassen worden, „dass die Billionensummen, die zur Krisenbewältigung in die Volkswirtschaften gepumpt wurden, zu einem großen Teil den Reichsten zugutekamen“.

Explosion der Ungleichheit

Das reichste Prozent der Menschen hat laut Oxfam in den letzten zehn Jahren mehr als die Hälfte des gesamten neu erwirtschafteten globalen Vermögens erhalten, seit 2020 sogar fast zwei Drittel. „Von je 100 US-Dollar, die an Vermögen erwirtschaftet wurden, gingen 54,40 US-Dollar an das reichste Prozent und nur 0,70 US-Dollar an die ärmsten 50 Prozent“, so der Bericht. Menschen mit einem Milliardenvermögen haben laut Oxfam in den letzten zehn Jahren ihr Vermögen verdoppelt. Der Vermögenszuwachs sei fast sechsmal so hoch wie bei den ärmsten 50 Prozent zusammengenommen.

Laut dem Oxfam-Bericht haben zum ersten Mal seit 25 Jahren extremer Reichtum und extreme Armut gleichzeitig stark zugenommen.

Progressive Besteuerung auf Kosten der Armen demontiert

Neben anderen erforderlichen politischen Maßnahmen sei die progressive Besteuerung der reichsten Bevölkerungsteile, „insbesondere des reichsten Prozents, das 45,6 Prozent des weltweiten Vermögens besitzt“, ein zentraler Baustein, um die extreme Ungleichheit in den Griff zu bekommen, heißt es im Bericht.

Ab der Mitte des letzten Jahrhunderts wäre eine hohe Besteuerung von reichen Bevölkerungsteilen die Regel gewesen und habe dazu beigetragen, gerechtere Gesellschaften zu schaffen und extreme soziale Ungleichheit zu verhindern, berichtet Oxfam. In den Jahrzehnten vor der Corona-Pandemie seien progressive Besteuerungen demontiert worden, sodass die wohlhabendsten Einzelpersonen und Unternehmen von Niedrigsteuerregelungen profitiert hätten und die Steuern für Milliarden von Menschen gestiegen seien. So sei der durchschnittliche Steuersatz für die Reichsten in den 36 Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 58 Prozent im Jahr 1980 auf 42 Prozent gesunken. Die Unternehmenssteuern wären dagegen von durchschnittlich 47,5 Prozent im Jahr 1980 auf 24,9 Prozent gesunken.

Die gesunkenen Steuersätze für Reiche und Unternehmen seien durch die Erhöhung der Steuern auf Waren und Dienstleistungen, wie der Mehrwertsteuer, ausgeglichen worden. Diese Steuern würden die ärmsten Menschen unverhältnismäßig stark treffen, so Oxfam, da sie einen höheren Anteil ihres Einkommens für Güter des täglichen Bedarfs ausgeben müssten.

Der Oxfam-Bericht „Umsteuern für soziale Gerechtigkeit“ als PDF: https://www.oxfam.de/system/files/documents/oxfam_factsheet_davos-2023_umsteuern.pdf

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