Krankenhausreform braucht den Konsens mit den Ländern und darf nicht auf struktureller Unterfinanzierung aufsetzen

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt, dass mit den Vorschlägen der Expertenkommission Krankenhausreform nun endlich die Reformdiskussion eingeleitet wird. „Mit der Vorstellung der Reformvorschläge der Expertenkommission beginnt nun der notwendige strukturierte Prozess, um die Reformvorschläge mit den Akteuren, Verbänden, Bund und Ländern abzustimmen. Die vorgesehenen Veränderungen im Finanzierungs- und Planungswesen des Krankenhaussystems sind eine Grundlage, um zu diskutieren, inwiefern sie umsetzbar und praktikabel sind. Bei allen Einzelvorschlägen braucht es nun ein tragfähiges Gesamtkonzept für eine Reform, die insgesamt auch mit den Ländern konsentiert werden muss. Es dürfen jetzt keinesfalls einzelne Regelungen vorgezogen und mit der Brechstange umgesetzt werden, bevor die Reform insgesamt vereinbart ist. Denn ständig einzelne Veränderungen herauszulösen, führt zu mehr Verwerfungen als zu Fortschritt im System. Deshalb wird es Zeit, Finanzierung, Planung, Entbürokratisierung und Personalfragen zusammen zu denken und zusammen zu reformieren. Nur so kann eine nachhaltige konsistente Reform gelingen“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß.

Gerade in der Finanzierungsfrage werden sich die Reformvorschläge aus Sicht der Krankenhäuser daran messen lassen müssen, ob sie tatsächlich nachhaltig eine Verbesserung für die Versorgung der Patienten, die Krankenhäuser und die dort Beschäftigten bringen. Die Regierungskommission schlägt vor, die Krankenhausvergütung grundlegend zu reformieren. Diese Reform soll dazu beitragen, dass die Krankenhausversorgung und -vergütung nachhaltig stabilisiert wird. Aus Sicht der Regierungskommission hat ihre Analyse ergeben, dass das DRG-System durch die rein leistungs- und mengenorientierte Vergütung erhebliche Fehlanreize bietet. Die von der Regierungskommission vorgestellten Veränderungen in der Finanzierung bedeuten aber anders als von Minister Lauterbach wiederholt angekündigt, weder die Abschaffung noch Überwindung des Fallpauschalensystems, sondern die auch von der DKG geforderte Ergänzung der DRGs um eine leistungsunabhängige Vorhaltefinanzierung. Komplett soll der Leistungsanreiz aus dem reformierten Vergütungssystem jedoch nicht gestrichen werden. Das neue System soll den Vorschlägen nach aus zwei Säulen bestehen: einer leistungsunabhängigen Vorhaltefinanzierung, die an die verschiedenen Leistungsgruppen gekoppelt ist, und einer mengenabhängigen Komponente (R-DRG). Damit soll der ökonomische Druck gemindert werden. Ausgenommen sollen Grundversorgungskliniken mit ambulant-stationärer Versorgung sein. Hier soll es sachgerecht kalkulierte Tagespauschalen für die Akutpflege geben, einschließlich aller anderen Personal- und Sachkosten.

„Die DKG hat selbst drei wesentliche Säulen der Finanzierung vorgeschlagen: Zum einen müssen wir umgehend das leistungsbezogene Entgeltsystem mit einer Komponente flankieren, die die Vorhaltefinanzierung berücksichtigt. Dass der reine Leistungsbezug nicht ausreicht, hat sich spätestens in der Pandemie gezeigt. Wir schlagen dafür Vorhaltepauschalen vor, die den Krankenhäusern Sicherheit geben. Wir sehen hier durchaus Schnittmengen zum Reformvorschlag der Kommission.

Die zweite Säule ist die adäquate Vergütung von klinisch-ambulanten Leistungen. „Das bedeutet aber, dass die gerade in einer Nacht-und-Nebel-Aktion im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz beschriebenen Hybrid-DRGs noch einmal überprüft werden müssen. Zu diesem Komplex kommt kein Vorschlag der Kommission, was angesichts der Chancen einer klinisch-ambulanten Versorgung am Krankenhaus eher enttäuschend ist. Ein zukunftsfähiges Vergütungssystem muss also die Vorhaltung von bedarfsnotwendigen Versorgungsangeboten stärker als bisher berücksichtigen, die Notfallversorgung der Bevölkerung zu jeder Zeit sicherstellen, die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser stärker nutzen und die notwendige Flexibilität bieten, in den Regionen gleichwertige Lebensverhältnisse zu erreichen“, so Gaß.

Die dritte Säule ist eine Investitionskostenfinanzierung, die die tatsächlichen Bedarfe deckt. Auch die Regierungskommission beklagt den eklatanten Mangel bei der Investitionsförderung der Länder. Hier springt die Kommission aber viel zu kurz. Es reicht nicht, das Problem zu benennen und auf eine notwendige Lösung in der Zukunft zu verweisen. Nachhaltige und auskömmliche Investitionsfinanzierung ist der Ausgangspunkt für eine patientenorientierte, moderne und effiziente Krankenhausversorgung. Die unzureichende Investitionsförderung ist eine der Hauptursachen für die angespannte wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser und die knappe Personaldecke. Wir haben deshalb ein Anreizsystem vorgeschlagen, das jene Länder durch Kofinanzierungen des Bundes belohnt, die Investitionsmittel in einer Höhe zur Verfügung stellen, die dem tatsächlichen Investitionsbedarf nahekommt.

„Die grundsätzlich richtigen Gedanken der Kommission basieren aber auf einer falschen Grundprämisse. Die Reform soll nach Vorstellung der Kommission die aktuellen Mittel nur umverteilen. Basis sind die Zahlen aus dem Jahr 2021. Damit basiert die Finanzreform aber bereits auf einer strukturellen Unterfinanzierung und ist damit im Prinzip schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt. Das Erlösvolumen der Krankenhäuser muss zum Start der Finanzierungsreform sachgerecht und vollständig ausfinanziert werden. Das heißt konkret, dass die aktuelle Basis inflationsbedingt um mindestens 15 Milliarden Euro bei den Betriebskosten und jährlich vier Milliarden Euro bei den Investitionskosten aufgestockt werden muss“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende.

Zur Krankenhausplanung finden sich in den Vorschlägen der Regierungskommission Ansätze, die auch in den Vorschlägen der DKG zu finden sind. Für uns war klar, dass regionale Versorgungsnetzwerke, die strukturiert miteinander arbeiten und dabei verschiedene Versorgungsebenen und Niveaus miteinander verbinden, zentrale Basis einer zukünftigen Versorgungsstruktur sein müssen. Krankenhäuser sind dabei die zentralen Knotenpunkte der regionalen Netzwerkstrukturen.

Die Kommission verbindet die Finanzierungsreform mit einer neuen Krankenhausplanung und will über die bundeseinheitliche Definition der Versorgungsstufen (Level) hinaus auch festlegen, welche Leistungsgruppen in den verschiedenen Versorgungsstufen zulässigerweise behandelt werden. Die Kommission spricht sich für eine äußerst feingliedrige Differenzierung der Leistungsgruppen mit genauer Definition aus. Insgesamt sollen 128 Leistungsgruppen gebildet und dann den verschiedenen Versorgungstufen zugeordnet werden. Damit gehen die Vorschläge sogar weit über die novellierte Krankenhausplanung des Landes Nordrhein-Westfalen hinaus.

Dieser sehr weitgehende Eingriff in das Krankenhausplanungsrecht der Bundesländer dürfte mit den dort Verantwortlichen kaum zu konsentieren sein. Aus unserer Sicht sind so tiefgreifende bundeseinheitliche Vorgaben zu Versorgungsstufen und Leistungsgruppen nicht erforderlich, und sie entsprechen auch nicht unserer Vorstellung von Landesverantwortung für die Versorgung. Wir plädieren klar dafür, dass es einen bundeseinheitlichen Orientierungsrahmen und vergleichbare Maßstäbe geben soll, für die landesspezifischen Besonderheiten und die regionalen Versorgungsnotwendigkeiten aber ein ausreichender Handlungsspielraum bestehen bleibt. Die Vorschläge der Kommission zur Krankenhausplanung atmen den Geist der kleinteiligen Regulierung und erschweren damit ohne Not die Umsetzung der angestrebten Finanzierungsreform.

„Unser Fazit zu den Vorschlägen der Kommission lautet: Grundsätzlich richtige Gedanken zur Novellierung der Finanzierung, aber deutlich zu kurz gesprungen, weil die Hybrid-DRGs zur Ambulantisierung am Krankenhaus, die strukturelle Unterfinanzierung und die Defizite bei der Investitionsförderung schlicht ausgeblendet werden. In der Krankenhausplanung verliert sich die Kommission in kleinteiligen Planungsvorgaben und Regelungen und erschwert damit die Einigung zwischen Bund und Ländern. Die nächsten Monate werden von einem nicht einfachen Diskussionsprozess von Bund, Ländern und den umsetzenden Verbänden und Akteuren geprägt sein. Wir Krankenhäuser stehen für diesen Prozess bereit. Aber uns läuft auch die Zeit davon. Krankenhäuser brauchen verlässliche Perspektiven und Planungssicherheit. Die aktuelle Lage ist eher trostlos“, erklärt Gaß.

Über den Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger in Deutschland. Sie vertritt die Interessen der 28 Mitglieder – 16 Landesverbände und 12 Spitzenverbände – in der Bundes- und EU-Politik und nimmt ihr gesetzlich übertragene Aufgaben wahr. Die 1.903 Krankenhäuser versorgen jährlich 17 Millionen stationäre Patienten (2020) und rund 19 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,3 Millionen Mitarbeitern. Bei 122 Milliarden Euro Jahresumsatz in deutschen Krankenhäusern handelt die DKG für einen maßgeblichen Wirtschaftsfaktor im Gesundheitswesen.

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