Während der siebtplatzierte Hendrik Pfeiffer am Tag danach „schon wieder joggen könnte“ und der Sportliche Leiter Christoph Kopp die Abreise der Topathleten koordiniert, blickt Jo Schindler schon voraus. „Der Re-Start des Mainova Frankfurt Marathon nach dreijähriger Zwangspause war sehr gelungen. Das Rennwochenende hat viel Hoffnung und Lust auf 2023 gemacht. Zum 40-jährigen Jubiläum dann gewiss mit ein paar besonderen Schmankerln“, sagte der Renndirektor, der das sportliche Großereignis im kommenden Jahr schon zum zwanzigsten Mal organisieren wird.
Über 20.000 Läufer hat der älteste deutsche Stadtmarathon bewegt. Dass der Laufklassiker am Main so bunt wie Frankfurt und die Laufwelt ist, verdeutlicht, dass Menschen aus über 110 Nationen die Laufschuhe geschnürt haben. Damit hat der Mainova Frankfurt Marathon seine Position als zweitgrößter deutscher Marathon gefestigt.
Viele strahlende Gesichter im Sonnenschein sah man bei den Rahmenprogramm-Rennen und bei den Kinder- und Jugendwettbewerben Struwwelpeterlauf und Mini-Marathon. 11.700 Athleten hatten für die volle Distanz von 42,195 Kilometer gemeldet und wurden auf der Strecke von mehreren Hunderttausend Zuschauern angefeuert. Und nicht wenige haben im Ziel in der festlich illuminierten Festhalle schon ihren Start für den 29. Oktober 2023 fixiert. Am Montag lagen dem Veranstalter schon über 500 Anmeldungen für die Jubiläumsausgabe im kommenden Jahr vor.
Die 39. Ausgabe wird in Erinnerung bleiben als eine der wärmsten in der Geschichte des Laufklassikers am Main. „So wie die meisten Athleten am Ende gelitten haben, so schön war es für die vielen, vielen Zuschauer am Streckenrand“, sagte Kopp. Der Sportliche Leiter hat von seinem Begleitmotorrad aus mitangesehen, wie die Ambitionen von so manchem Athleten regelrecht hinwegschmolzen in der warmen Oktobersonne.
Quasi ohne Ausnahme wurden die Kilometerzeiten der Topathleten auf den letzten Rennkilometern langsamer bei über 20 Grad im Schatten. Bei manchen war es aber auch eine Mischung aus zu hohem (Anfangs-)Tempo und zu hohen Temperaturen. Aber natürlich zeigten die Eliteathleten auf der flachen Frankfurter Strecke wieder Weltklasse-Sport. Den kenianischen Doppelsieg in der stimmungsvollen Festhalle stellten bei den Männern Überraschungssieger Brimin Misoi in 2:06:11 Stunden und Favoritin Selly Kaptich in 2:23:11 Stunden sicher.
Die Gewinnerin verdiente sich im fortgeschrittenen Läuferinnenalter von 37 die Frankfurter Siegprämie in Höhe von 12.000 Euro. „Es war ein toller Tag in Frankfurt“, sagte Selly Kaptich. „Das Alter hat nichts mit der Performance zu tun, wichtig sind Talent und eine gute Vorbereitung.“ Die Kenianerin äußerte sich zuversichtlich, eines Tages noch den 2019 aufgestellten Frankfurter Streckenrekord von 2:19:10 Stunden angreifen zu können.
„Diese schnelle Strecke gibt auf jeden Fall richtig starke Zeiten her“, sagt Hendrik Pfeiffer. Der 29-Jährige erzielte als Siebter (2:11:28) ein starkes Ergebnis, verpasste aber die angestrebte Topzeit von unter 2:10 Stunden. „Einen siebten Platz in Frankfurt hat man gerne auf der Visitenkarte stehen“, so Pfeiffer, der sich in dieser Woche noch auf den Weg nach New York begeben wird. „Einfach durchjoggen“ wolle er den dortigen Marathon am kommenden Sonntag, sozusagen als Belohnung für das Rennen am Main. Er habe sich zuletzt immer sehr schnell erholt nach einem Rennen über 42,195 Kilometer.
In der Vorbereitung auf Frankfurt hatte sich Pfeiffer eines „mentalen Tricks“ bedient, wie er erzählt. Und zwar habe er sich im Training an das „Arne-Gabius-Workout“ herangetraut. Eine knüppelharte Einheit – 7 x 3000 Meter im Renntempo von rund 3 Minuten je Kilometer -, die schon Gabius im Vorfeld seines deutschen Rekords in Frankfurt 2015 (2:08:39) angewendet hatte. Eine schöne Geschichte im Männer-Rennen schrieb Samwel Mailu. Der Kenianer war ursprünglich nur als Tempomacher für die erste Gruppe verpflichtet worden, habe aber während des Rennens „das Fingerchen gehoben und gefragt, ob er durchlaufen darf“, erzählt Kopp. Er durfte nach vollbrachter Pflicht – und erreichte als Kür die Festhalle als Zweiter in 2:07:19 Stunden.
Von einem „überwältigenden Gefühl“ in der Festhalle sprach Corinna Coenning. Die 31-Jährige wurde nach dem gesundheitlich bedingten Ausstieg von Thea Heim in 2:40:48 Stunden überraschend beste Deutsche. „Ich spüre noch mehr Potential in mir, das ich gerne erschließen möchte. Ich bin gespannt, was noch möglich ist“, sagte die schwäbische Gymnasiallehrerin für Mathematik und Sport.
Aufgrund der besonderen Konstellation von Welt- und Europameisterschaften in einem Jahr hatten von der deutschen Elite viele Athleten keinen Herbstmarathon mehr geplant. Das dürfte sich im kommenden Jahr zur Frankfurter Jubiläumsausgabe wieder ändern. „Da sehe ich“, sagte der Sportliche Leiter Kopp, „sehr gute Chancen für ein auch aus deutscher Sicht topbesetztes Rennen.“
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