Ein Bachelorstudium oder eine Ausbildung dauern in der Regel drei Jahre. Doch selbst vier Jahre nach Verlassen der Schule hat weniger als die Hälfte (43 Prozent) der jungen Erwachsenen einen ersten Abschluss erworben. Für jeden siebten Jugendlichen ist die Situation sogar noch deutlich schwieriger. 15 Prozent haben nach vier Jahren noch nicht einmal den Einstieg geschafft oder sie haben eine Ausbildung nach kurzer Zeit wieder abgebrochen. Der Idealweg eines schnellen Übergangs von der Schule in Ausbildung oder Studium und in den Beruf ist also keineswegs der Normalfall. Das zeigt die Auswertung von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durch die Universität Göttingen und die Helmut-Schmidt-Universität Hamburg im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Analysiert wurden die nachschulischen Bildungswege von 7.168 Personen.
Jedes Jahr laufen 100.000 junge Menschen Gefahr, ohne Berufsabschluss zu bleiben
Diese Erkenntnisse sind alarmierend, warnen die Fachleute. „Denn diese Zahlen bedeuten, dass angesichts von rund 750.000 Schulabgänger:innen jährlich mehr als 100.000 junge Menschen das Risiko haben, langfristig ohne Berufsabschluss zu bleiben“, sagt Claudia Burkard, Ausbildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung. „Ungelernte haben schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Und damit geringe Einkommen, wenig Aufstiegschancen und später eine knappe Rente.“
Unter diesen Jugendlichen sind überdurchschnittlich viele Personen mit einem niedrigen Schulabschluss, aus benachteiligten Familien und mit Migrationshintergrund. Besonders kritisch ist die Situation für junge Erwachsene mit Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss. Vier Jahre nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule sind 27 Prozent der Frauen und 20 Prozent der Männer mit maximal Hauptschulabschluss nicht in einer regulären Ausbildung.
Den direkten Übergang in Ausbildung ermöglichen
Jedem fünften jungen Menschen gelingt laut der Untersuchung der Übergang in eine Ausbildung oder ein Studium ungewollt erst mit einem oder zwei Jahren Verzögerung, aufgrund von Schwierigkeiten, im ersten Anlauf das richtige Studium oder die passende Ausbildung zu finden. „Wir brauchen eine stärkere Berufsorientierung an allen Schulformen, um Verzögerungen in der Berufswahlentscheidung und späteren Abbrüchen vorzubeugen“, fordert Claudia Burkard daher.
Maßnahmen an der Schnittstelle zwischen Schule und Ausbildung oder Studium helfen nämlich längst nicht allen Jugendlichen. Dies erkennt man insbesondere beim Blick auf junge Menschen, die mindestens eine Maßnahme im sogenannten Übergangssektor zur vermeintlichen Berufsvorbereitung absolviert haben: tatsächlich schaffen innerhalb von vier Jahren nur zwei Drittel den nächsten Schritt in eine Ausbildung. Der verzögerte Übergang erhöht oftmals die Gefahr des Scheiterns. „Nicht zuletzt angesichts des herrschenden Fachkräftemangels müssen wir alles daransetzen, Jugendlichen den direkten Einstieg in Ausbildung oder Studium, also den sicheren Übergang zu ermöglichen“. Dies könne eine staatliche Ausbildungsgarantie leisten, so Burkard weiter. „Sie schafft die rechtliche Grundlage dafür, dass jede:r ausbildungswillige Jugendliche ein Ausbildungsangebot bekommt".
Link zur Studie: http://www.chance-ausbildung.de/nachschulischebildung/NEPS2022
Zusatzinformationen
Analysiert wurden die nachschulischen Bildungsverläufe von 7.168 Personen der Startkohorte 4 (SC04) des Nationalen Bildungspanels (NEPS). Dabei wurden mittels Sequenzmusteranalyse 14 Cluster unterschieden, denen 6 Verlaufstypen zugeordnet werden konnten. Ziel war es, eine bildungsbereichsübergreifende Betrachtung des nachschulischen Übergangsgeschehens zu ermöglichen.
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