Beliebtes Streitthema vor Gericht
Nach mehr als 20 Jahren reichte eine Steuerfachangestellte 2017 ihre Kündigung ein. Im Gepäck hatte sie mehr als 100 Resturlaubstage, die sie in all den Jahren nicht hatte nehmen können, weil der Arbeitsaufwand einfach zu hoch war. Nach Information der ARAG Experten standen ihr 24 Tage im Jahr zu. Ihr ehemaliger Arbeitgeber zahlte ihr lediglich rund 3.000 Euro für 14 nicht genommene Urlaubstage aus dem Jahr der Kündigung. Fünf Jahre zuvor hatte er seiner fleißigen Mitarbeiterin schriftlich bestätigt, dass ihr aus mehreren Vorjahren ein Resturlaub von 76 Tagen zustehe und der nicht wie üblich am 31. März des Folgejahres verfalle, da ihr Arbeitspensum mehr Urlaub nicht zugelassen hatte. Eine Aufforderung, Urlaub zu nehmen, gab es nicht. Ein teurer Fehler, wie sich nach vier Gerichtsinstanzen herausstellte: Am Ende musste der Arbeitgeber der Ex-Mitarbeiterin immerhin die einst bestätigten 76 Tage Resturlaub auszahlen. Die Richter waren der Ansicht, dass es Aufgabe des Arbeitgebers sei, dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer ihren bezahlten Urlaub nehmen. Tut er das nicht, verjährt der Urlaub auch nicht nach drei Jahren, wie es das Bürgerliche Gesetzbuch eigentlich vorsieht (Rechtssache C-120/21 LB).
Gesetzlicher Anspruch auf Urlaub
Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern sind laut ARAG Experten im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) genauestens geregelt. Danach hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Auch Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte, Praktikanten und Auszubildende erhalten Urlaub. Zeitarbeitnehmer haben ebenfalls ein Recht auf bezahlten Erholungsurlaub. Dessen Länge richtet sich nach der Dauer der ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit bei der Zeitarbeitsagentur.
Mindestens vier Wochen Jahresurlaub
Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt bei einer Sechs-Tage-Woche 24 Werktage pro Kalenderjahr, das entspricht vier Wochen Urlaub. Aber auch Arbeitnehmer, die an weniger Wochentagen arbeiten, erhalten mindestens vier Wochen Jahresurlaub. Bei einer 5-Tage-Woche erhalten Arbeitnehmer laut ARAG Experten 20 Arbeitstage Urlaub, was ebenfalls vier Wochen Jahresurlaub ergibt.
Wer darf zuerst?
Wann ein Arbeitnehmer die erworbenen Urlaubsansprüche in Anspruch nimmt, bestimmt er in der Regel nach eigenem Gusto. Allerdings muss Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Vorgaben die Belange anderer Arbeitnehmer berücksichtigen, die unter Umständen Vorrang haben. Von Bedeutung sind hierbei das Lebensalter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter und die Anzahl der Kinder unter besonderer Berücksichtigung der Schulpflicht und der Urlaub anderer Familienangehöriger. Aber auch ein tatsächlich bestehendes Erholungsbedürfnis oder Urlaubsregelungen in den vergangenen Jahren können dazu führen, dass nicht jedem Urlaubswunsch entsprochen werden kann. Stehen dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers allerdings weder dringende betriebliche Belange noch die Urlaubswünsche anderer Betriebsangehöriger entgegen, kann der Arbeitgeber den Urlaub nicht verweigern und die Entscheidung über das Urlaubsgesuch auch nicht auf die lange Bank schieben. Auf vage Zusagen sollte man sich laut ARAG Experten allerdings nicht verlassen. Denn eine Urlaubsgenehmigung unter Vorbehalt gibt es nicht. Da mündliche Zusagen ohnehin immer schwer zu beweisen sind, raten die ARAG Experten zum klassischen Urlaubsschein mit Unterschrift vom Chef.
Kann der Chef den Urlaub verweigern?
Wenn dringende betriebliche Belange dem Urlaubswunsch entgegenstehen, muss der Chef dem Urlaub nicht zustimmen. Doch „dringend“ ist ein dehnbarer Begriff. Im Sinne des Gesetzes sind betriebliche Belange dringend, wenn es durch den Urlaub zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Betriebsablaufes kommen würde. Maßgeblich ist laut ARAG Experten hierfür vor allem die konkrete Situation des Betriebes, aber auch die Bedeutung des Arbeitnehmers und der von ihm ausgeübten Tätigkeiten für den Betrieb. Vor diesem Hintergrund können einer Urlaubsgewährung z. B. personelle Engpässe zu bestimmten Zeiten (Hochsaison, Messezeiten), plötzlich auftretende Produktionsnachfragen oder Jahresabschluss- und Inventurarbeiten entgegenstehen.
Welche Sonderregeln gelten für Resturlaub?
Wenn Arbeitnehmer nicht alle Tage nehmen konnten, weil sie krank waren oder die Arbeitsbelastung zu hoch war, werden die fehlenden Tage zunächst bis zum 31. März des nächsten Jahres übertragen. Doch auch dann verfällt der Urlaubsanspruch nicht, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nicht in die Lage versetzt hat, den ausstehenden Urlaub zu nehmen. Und zwar unter Umständen nicht einmal nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist, wie der aktuelle Fall zeigt. Denn die Verjährungsfrist beginnt laut den ARAG Experten erst dann , wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgefordert hat, die übrigen Urlaubstage zu nehmen, verbunden mit dem Hinweis, dass der Urlaub sonst verfällt. Ohne diese Hinweise bleibt der Anspruch auch über die drei Jahre hinaus bestehen.
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