„Nach dem erfreulich regenreichen Vorjahr hatten unsere Bauernfamilien 2022 erneut mit den Folgen langer Perioden ohne Niederschläge zu kämpfen. Es gab insgesamt deutlich zu wenig Regen, sodass unsere Grundwasserspeicher vielerorts nicht gefüllt sind. Dies treibt uns in der Landwirtschaft zunehmend um. Andererseits hatte der sonnige Sommer auch seine Vorteile: Dank oft idealer Erntebedingungen, die Ernte konnte größtenteils trocken und mit guten Qualitäten eingebracht werden. Tatsächlich verzeichnen wir 2022 ein durchschnittliches Ernteergebnis mit zum Teil erheblichen regionalen und lokalen Abweichungen“, so Beringmeier.
Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband schätzt den durchschnittlichen Ertrag 2022 bei Getreide (ohne Körnermais) in Westfalen-Lippe auf ca. 76 dt/ha. Die Ernte liegt damit etwa 10 Prozent über dem Ergebnis von 2021 und mit plus 6 Prozent auch deutlich über dem Mittel der Jahre 2016 bis 2021. Die Erträge beim Winterraps lagen bei 41 dt/ha, damit jeweils 15 Prozent über dem Vorjahr und 13 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt. Die Ernteergebnisse bei Körner- und Silomais gingen sowohl gegenüber 2021 wie auch im Vergleich zum langjährigen Mittel drastisch zurück – bei Körnermais um 33 Prozent bzw. 22 Prozent, beim Silomais um 36 Prozent bzw. 27 Prozent.
Qualitäten und Mengen der Ernte 2022 in Westfalen-Lippe waren trotz der langen Trockenheit – mit der Ausnahme von Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben – erfreulich gut. Die heimischen Ackerbauern konnten deutlich höhere Erzeugerpreise erzielen, da der Krieg in der Ukraine die globalen Preise für Getreide massiv nach oben getrieben hatte. Die Erzeugerpreise für Futtergetreide liegen derzeit zwischen 260 und 310 Euro pro Tonne und damit deutlich über dem Vorjahr.
Die Stimmung in der Landwirtschaft ist aktuell deutlich schlechter, als es das Ergebnis der Ernte erwarten lässt. Hierfür gibt es aus Sicht des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands sowohl wirtschaftliche als auch politische Gründe: Die Corona-Pandemie und die Afrikanische Schweinepest belasten unverändert die Märkte. Die Kostenexplosion bei Energie trifft auch die Landwirtschaft. Gesellschaftliche und politische Wünsche nach mehr Tierwohl passen nicht zu dem aktuellen Einkaufsverhalten vieler Verbraucher, die angesichts explodierender Kosten für Energie immer stärker auf den Preis achten. Der geforderte Umbau der Landwirtschaft in Richtung von noch mehr Tierwohl scheitert nach wie vor daran, dass zentrale Fragen des Bau- und Immissionsschutzrechts und der Finanzierung nicht geklärt sind.
Dazu WLV-Präsident Beringmeier: „Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat mit der Wiedereinberufung der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ und der „Borchert-Kommission“ in den letzten Wochen positive Zeichen gesetzt, aber es fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept zum Umbau der Landwirtschaft. Wir brauchen dringend Planungssicherheit und Perspektiven für unsere Tierhalter. Solange diese nicht erkennbar sind, muss sich niemand wundern, dass die Stimmung in der Landwirtschaft unverändert geprägt ist von tiefer Verunsicherung, der Sorge um die Zukunft der Betriebe und gefühlter Perspektivlosigkeit.“
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