Dieses Mal ist es eine besondere Demonstration: Politisch Verantwortliche erhalten in zahlreichen Orten die Unterschriften einer Petition von Kindern und Vertreter*innen des Kidical Mass Aktionsbündnisses. Bereits 81.000 Menschen haben die Petition für ein kinderfreundliches Straßenverkehrsrecht unterschrieben. Viele Bürgermeister*innen, Beigeordnete und Mitglieder des Verkehrsausschusses des Bundestages sind für eine Übergabe dabei. Folgende Verkehrsminister*innen der Länder haben bereits zugesagt: die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz Maike Schaefer in Bremen, Bettina Jarasch in Berlin, Oliver Krischer für NRW in Köln, Anjes Tjarks in Hamburg sowie ein Vertreter für Bayern in München. Bundesverkehrsminister Volker Wissing ist angefragt.
Die Menschen wollen eine bessere und sichere Mobilität. In den Städten. Auf dem Land. Überall. Die Kidical Mass-Organisatorin Simone Kraus sagt: „Wir passen unsere Kinder an eine Umwelt mit immer mehr Autos an und stecken sie in Warnwesten, anstatt die Infrastruktur zu verbessern.“ Sie ergänzt: „Dabei hat ein kindgerechtes Verkehrssystem zahlreiche positive Effekte: Es schützt nicht nur unsere Kinder, sondern auch die immer größer werdende Gruppe der Älteren, es hilft Mobilitätseingeschränkten, dem Klima und unser aller Gesundheit.“
Deshalb fordert das Aktionsbündnis, dass das Straßenverkehrsrecht komplett umgekrempelt wird. Alle sollen sich sicher und selbstständig mit dem Fahrrad, dem Roller und zu Fuß auf den Straßen bewegen können. Verkehrsminister Wissing muss umgehend die Reform des Straßenverkehrsrechts auf den Weg bringen, so wie es der Koalitionsvertrag vorsieht. Das neue Verkehrsrecht muss Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts ebenso ermöglichen, wie den unkomplizierten Bau von breiten, baulich getrennten Radwegen. Die Sicherheit von Kindern und der Klimaschutz müssen in dem reformierten Straßenverkehrsrecht Vorrang vor dem Autoverkehr bekommen.
Städte und Gemeinden dürfen nicht warten, bis das neue Verkehrsrecht steht, sie müssen ihren aktuellen Handlungsspielraum voll ausschöpfen, fordert das Kidical Mass Bündnis. Bereits die derzeitige Rechtslage bietet viel mehr, als tatsächlich umgesetzt wird. Denn kinder- und fahrradfreundliche Mobilität beginnt vor Ort.
Zitate der Organisationen des Kidical Mass Bündnisses:
Rebecca Peters, ADFC-Bundesvorsitzende: „Verkehrsminister Wissing hat es selbst gesagt: Elterntaxis sind keine Option. Nun muss er auch den nächsten Schritt gehen und das Straßenverkehrsgesetz entsprechend reformieren: Die Vision Zero und die Schutzbedürftigkeit von Kindern müssen das zentrale Anliegen des Verkehrsministers werden. Dafür gehen Groß und Klein bei der Kidical Mass auf die Straße, denn von einem kindgerechten Straßenverkehrsrecht profitieren auch alle anderen Verkehrsteilnehmer.“
Christoph Bautz, Geschäftsführer Campact e.V.: „Die Klimakrise galoppiert, doch Deutschlands Verkehrspolitik gibt immer noch Autos den Vorrang. Wir müssen dringend auf klimafreundliche Verkehrsträger umsatteln. Dafür muss Bundesverkehrsminister Wissing den Weg freimachen. Mit tausenden radelnden Kindern und Erwachsenen zeigen wir bei der Kidical Mass, wie Verkehrswende geht.“
Ragnhild Sørensen, Changing Cities: „Bekenntnisse zu kinderfreundlichen Straßen und sicherer Mobilität gibt es zuhauf. In der Realität kommt aber nichts an, im Gegenteil: In den 70ern liefen laut einer Forsa-Umfrage ca. 90 Prozent aller Kinder alleine zur Schule, heute fast 50 Jahre später sind es nur 37 Prozent (2017). Uns war das Auto einfach wichtiger als das Wohlergehen unserer Kinder. Das ist ein Fehler, den wir dringend korrigieren müssen!“
Barbara Stoll, Direktorin Clean Cities Campaign „In ganz Europa setzen sich Kinder und Eltern für eine kinderfreundliche Verkehrsinfrastruktur ein. Die Kidical Mass ist eine der wichtigsten Antriebskräfte der europäischen Verkehrsrevolution, die sich gerade vollzieht. Und wir müssen das Rad nicht neu erfinden; Maßnahmen wie Schulstraßen, mehr und bessere Radwege sowie mehr Platz für Fußverkehr können den Unterschied ausmachen, für unsere Gesundheit und die Gesundheit der künftigen Generationen."
Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Wir brauchen eine an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausgerichtete Verkehrspolitik und eine echte Mobilitätswende. Kinder, die sich selbstständig im Straßenverkehr bewegen und beispielsweise mit dem Rad zur Schule kommen, nehmen ihre Umgebung aktiv wahr. Sie lernen, sich gut zu orientieren und auf sich selbst aufzupassen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein – auch für andere Lebenssituationen.“
Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende: „Kinder sollen sich jederzeit frei und sicher bewegen können. Dafür muss die Politik im Straßenverkehr die nötigen Voraussetzungen schaffen. Davon profitieren auch alle anderen, die klimafreundlich mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind. Denn die Verkehrswende von morgen, beginnt bei den Kindern von heute.“
Jürg Buri, Geschäftsführer Pro Velo Schweiz: „Wer die Mobilität verbessern will, muss bei den Kindern ansetzen. Das neue Veloweggesetz, welches in der Schweiz am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, schafft die Grundlage für ein besseres Mobilitätsverhalten bei Kindern und Jugendlichen. Die Velowege für den Alltag sollen insbesondere öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Freizeit- und Sportanlagen erschließen und verbinden. Pro Velo sorgt dafür, dass dieses Gesetz rasch und in allen Landesteilen umgesetzt wird.“
Über das Kidical Mass Aktionsbündnis
Die Kidical Mass ist eine weltweite Bewegung. Seit 2017 gibt es sie auch in Deutschland. Bei bunten Fahrraddemos erobern Radfahrende von 0 bis 99 Jahren die Straße. Die Kidical Mass setzt sich für kinder- und fahrradfreundliche Städte und Gemeinden ein.
Herzstück des Aktionsbündnisses sind mehr als 300 lokale Organisationen und Initiativen. Ein einzigartiges Netzwerk – dezentral, selbstorganisiert und gemeinsam stark. Unterstützt wird es von den überregionalen Partner*innen: ADFC, Campact, Changing Cities, Clean Cities Campaign, Deutsches Kinderhilfswerk, Greenpeace, Pro Velo Schweiz und VCD.
Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
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