Federico Fellini (1920–1993) zählt zu den bedeutendsten Regisseuren der Filmgeschichte. Produktionen wie «La strada» (1954), «La dolce vita» (1960), «Amarcord» (1973) und «La città delle donne» (1980) sind Filmklassiker, die unter internationalen Kulturschaffenden diskutiert und vom Publikum gefeiert werden. Ihre Themen reflektieren mit Prägnanz die italienische Gesellschaft, aber auch westliche Wertevorstellungen des 20. Jahrhunderts. Was bisher wenig bekannt ist: Fellini war von Jugend an auch ein unermüdlicher Zeichner, der seine Träume und Ideen zuerst mit Filzstift, Kugelschreiber oder Fineliner auf Papier skizzierte, bevor er sie am Set in Szene setzte und auf Zelluloid bannte.
ÜBER DIE ZEICHNUNG ZU DEN FIGUREN IM FILM
Neben einzelnen Szenen oder Ausstattungsdetails galt sein Interesse dabei in erster Linie den Figuren, die seine Filme bevölkern. Er entwickelte Vorstellungen von einer Rolle unter anderem dadurch, dass er sie zeichnete. Diese schnellen Skizzen dienten ihm selbst zur Orientierung, fanden aber auch Verwendung, um dem Filmteam seine Ideen zu veranschaulichen. Fellinis künstlerische Prägung – er war zuerst als Karikaturist und Erfinder humoristischer Zeichnungen für Zeitungen tätig – brachte es mit sich, dass auch seine Filmzeichnungen einen deutlichen Zug ins Karikaturhafte, bisweilen Groteske haben. Es ist dieser spezifische Stil, der die Zeichnungen unabhängig von den filmischen Werken zu künstlerisch bemerkenswerten, eigenständigen Schöpfungen macht.
BEDEUTENDE PRIVATE SAMMLUNGEN. FILMTRAILER UND REQUISITEN
Die Ausstellung umfasst rund 500 Exponate: Zeichnungen, Setfotografien und direkt aus den Filmen stammende Requisiten. Sie ist von Cathérine Hug, die die Präsentation im Kunsthaus Zürich kuratiert, in Zusammenarbeit mit Tobias Burg, der sie zuvor am Museum Folkwang in Essen verantwortete, erarbeitet worden. Zuletzt hatte das Kunsthaus 1984 eine Fellini-Präsentation zu Lebzeiten des Regisseurs und unter seiner Mitarbeit gezeigt. Den grössten Anteil an den Exponaten machen Zeichnungen aus der Sammlung von Jakob und Philipp Keel aus. Ergänzt werden die Zeichnungen um eine ebenso grosse Anzahl von überwiegend schwarz-weissen Setfotografien, um Kostüme und Filmrequisiten sowie raumgreifende Filmtrailer, die im Zusammenspiel mit den Zeichnungen die Arbeitsweise Fellinis anschaulich machen. Die Zeichnungen und Fotografien zeugen von der engen Verbindung zwischen Federico Fellini und der Familie Keel. Viele davon sind bislang nicht publiziert. Im Vergleich zum Kooperationspartner Museum Folkwang in Essen, wo die Ausstellung bis zum 20. Februar 2022 gezeigt wurde, ist die Auswahl im Kunsthaus Zürich um 40 zusätzliche Leihgaben erweitert. Diese Kostüme, Requisiten, Casting-Briefe und persönlichen Gegenstände stammen aus der Fondation Fellini pour le cinéma in Sion, dem 2021 eröffneten Fellini Museum in Rimini sowie aus dem Privatbesitz des Dirigenten Graziano Mandozzi.
AUSSTELLUNGSORT UND PUBLIKATION
Die Ausstellung findet im mittelgrossen Ausstellungssaal des Kunsthaus Zürich (Chipperfield-Bau) auf 600 m2 statt. Im Eintrittspreis ist ein Besuch der Sammlung inbegriffen. Begleitend ist im Steidl Verlag in Zusammenarbeit mit dem Diogenes Verlag und der Edition Folkwang der Katalog in deutscher Sprache (215 Seiten, über 250 Abbildungen) erschienen. Er wird in Zürich ergänzt um eine Broschüre (60 Seiten, über 40 Abbildungen) mit den Zusatzleihgaben der Zürcher Ausstellungsstation. Die Doppelpublikation enthält Texte von Tobias Burg, Nora Gomringer, Cathérine Hug und Gérald Morin. Sie ist für CHF 42.– im Kunsthaus-Shop erhältlich.
VERANSTALTUNGEN
Öffentliche Führungen
Samstag, 2. Juli, 13 Uhr; 23. Juli, 6. August und 20. August, 11 Uhr
«Federico Fellini – Von der Zeichnung zum Film»
Treffpunkt: Kunsthaus Zürich, Helpdesk, Heimplatz 5 (Chipperfield-Bau)
Filmscreening
Freitag, 1. Juli, 18.15 – 20.15 Uhr
«Auf den Spuren von Fellini» (2013), ein Dokumentarfilm von Gérald Morin. Einführung von Produzent Raphaël Blanc und Kuratorin Cathérine Hug.
Ort: Kunsthaus Zürich, Festsaal, Heimplatz 5 (Chipperfield-Bau)
Film-Matinee im Kino Piccadilly, Zürich
Sonntag, 24. Juli, 12 Uhr
Federico Fellinis «Roma» (1972). Einleitende Diskussion zwischen Kuratorin Cathérine Hug und der auf Film spezialisierten Kunsthistorikerin Pia Watzenböck über die verschiedenen Stilphasen Fellinis.
Mit Peter Gonzales, Pia De Doses, Marne Maitland, Renato Giovannoli; Musik Nino Rota; Kostüm- und Setdesign Danilo Donati.
Ort: Kino Arthouse Piccadilly 1, Mühlebachstrasse 2, 8008 Zürich
Open-Air-Kino im Xenix, Zürich
Mittwoch, 10. August, 21.15 Uhr
Federico Fellinis «Le notti di Cabiria» (1957)
Mit Giulietta Masina, François Périer, Amedeo Nazzari, Franca Marzi, Aldo Silvani, Dorian Gray; Musik Nino Rota.
Ort: Kino Xenix, Kanzleistrasse 56, 8004 Zürich
Panel-Diskussion
Freitag, 26. August, 18.15 – 19.45 Uhr
«Sex Appeal?». Kritische Debatte über das Problematische und gleichsam Visionäre bei Fellinis Frauen- wie Männerfiguren. Es diskutieren die Comedy-Künstlerin Patti Basler, Stefan Zweifel, Kurator der Ausstellung «Der erschöpfte Mann» (Nationalmuseum, 2020), und Cathérine Hug, Kuratorin Kunsthaus Zürich. Moderiert wird das Gespräch von der Journalistin Marguerite Meyer.
Ort: Kunsthaus Zürich, Vortragssaal
Die Ausstellung wird unterstützt von der Truus und Gerrit van Riemsdijk Stiftung und der Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung.
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