Saarwirtschaft ohne Schwung

Erstmals seit Beginn des Ukraine-Krieges hat sich die Stimmung in der Saarwirtschaft im Vergleich zum Vormonat nicht verschlechtert. Angesichts erheblicher Geschäftsrisiken bleibt die weitere Entwicklung aber schwierig. Das signalisieren die Meldungen der Unternehmen zu ihrer aktuellen Geschäftslage und zu den Erwartungen für die kommenden Monate. So konnte der IHK-Lageindikator vor dem Hintergrund besserer Lageeinschätzungen im Dienstleistungsgewerbe im Mai zwar moderat um 0,9 Punkte auf 35,8 Zähler zulegen. Zugleich verharrte aber der IHK-Erwartungsindikator bei minus 11,2 Zählern. Er liegt damit weiterhin tief im roten Bereich. „Die Saarwirtschaft ist ohne Schwung in den Sommer gestartet. An den schwierigen Rahmenbedingungen dürfte sich auch in den kommenden Monaten kaum etwas ändern. Denn nach wie vor bremsen gravierende Lieferengpässe, hohe Energiepreise und das schwache Wachstum auf den wichtigsten Absatzmärkten den Konjunkturmotor an der Saar. Hinzu kommt die Zuspitzung der Versorgungslage mit Erdgas. Dies sorgt insbesondere in der energieintensiven Saarindustrie für erhebliche Unsicherheit und dämpft deren Investitionsbereitschaft. Und schließlich verringern die hohen Preissteigerungen die Kaufkraft der Verbraucher, so dass insgesamt auch vom privaten Konsum kaum nennenswerte Impulse ausgehen. Unter dem Strich zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die Wirtschaftsleistung im Saarland in diesem Jahr erneut nicht an ihr Vor-Corona-Niveau anknüpfen kann.“ So kommentierte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé die Ergebnisse der Juni-Umfrage der IHK Saarland, an der sich rund 300 Unternehmen mit gut 100.000 Beschäftigten beteiligten und die vor der Bekanntgabe der Entscheidung des Ford-Managements gegen den Produktionsstandort Saarlouis abgeschlossen war.

Insgesamt bewerten derzeit 46 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage mit gut, 44 Prozent mit befriedigend und zehn Prozent mit schlecht. Gut laufen die Geschäfte in der Stahlindustrie, der Elektroindustrie, im Stahl- und Maschinenbau, bei den Herstellern von Metallerzeugnissen sowie in der Bauwirtschaft. Überwiegend befriedigend ist die Lage im Fahrzeugbau, in der Gießerei-Industrie, im Ernährungsgewerbe, in der Gummi- und Kunststoffindustrie sowie in der Medizintechnik. Über alle Industriebranchen gerechnet sind die kumulierten Umsätze von Januar bis April dieses Jahres um 12,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen (Bund: +12,4 Prozent).

Im Dienstleistungsgewerbe berichten 87 Prozent der befragten Unternehmen über gute oder befriedigende Geschäfte. Gute bis sehr gute Geschäfte vermelden die IT-Branche und die Versicherungswirtschaft. Bei den Banken, deren Margen vom steigenden Zinsumfeld Auftrieb erhalten, ist die Lage überwiegend befriedigend. „Im Handel sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe profitieren die Unternehmen derzeit vor allem noch von Nachholeffekten. Der Aufholkurs dieser Branchen wird jedoch zunehmend durch den Mangel an Arbeitskräften und die hohe Inflation gedämpft“, so Thomé.

Wettbewerbsfähige Energieversorgung sicherstellen

In den kommenden sechs Monaten bleiben die Aussichten für die Saarwirtschaft verhalten. Nur fünf Prozent der Betriebe rechnen mit besseren, 17 Prozent dagegen mit schlechteren Geschäften. Die verbleibenden 78 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Geschäftsentwicklung aus. Signifikant mehr Besser- als Schlechtermeldungen kommen nur noch aus der IT-Branche. Dagegen überwiegt in weiten Teilen der Industrie die Skepsis. „Die Unternehmen der Saarwirtschaft stehen vor der Herausforderung, nicht nur die strukturelle und digitale Transformation, sondern auch die Energiekrise, die Lieferengpässe und den Arbeitskräftemangel meistern zu müssen. In dieser Situation muss die Politik die Angebotsseite stärken und alles daran setzen, die Unternehmen rasch bei Steuern, Abgaben und Bürokratiekosten zu entlasten. Angesichts der sich verschärfenden Gaskrise ist der Bund dringend gefordert, die Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen technologieoffen sicherzustellen. Dazu zählt neben einem zeitweiligen Weiterbetrieb der verbliebenen Kohle- und Kernkraftwerke, der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien und Speichersysteme sowie die Nutzung aller heimischen Energieressourcen“, so Thomé.

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