Als der Kieler Bootsbauer und -designer Dr. Joachim Harpprecht, alias Schappi, Ende des vergangenen Jahrtausends nach einer Ausschreibung des Weltsegelverbands eine rasante Gleitjolle für Solo-Artisten mit Trapez und Gennaker konstruierte, ahnte der promovierte Immunbiologe noch nicht, dass das Musto Skiff gut 22 Jahre später zur Klassenweltmeisterschaft an seinen Geburtsort zurückkehren würde. Der Urprototyp des Skiffs, das 2000 bei einer Sichtung im französischen Quiberon überzeugte, liegt heute noch im Olympiahafen von Kiel-Schilksee. An den 4,55 Meter langen und mit seitlichen Auslegern (Flügeln) 2,35 Meter breiten Booten hatte der Engländer Nigel Musto seinerzeit so einen Narren gefressen, dass er die Verbreitung zum persönlichen Anliegen machte.
Großbritannien blieb Hochburg des Musto Skiffs, aber vor allem auch Australien, deren Cracks aufgrund der langen, unklaren Pandemielage und den horrenden Containertransportkosten schweren Herzens auf die Teilnahme verzichten müssen. „Die Aussies werden wir zwar vermissen, aber bei der weiteren Elite mit dem Kieler Woche-Revier und den feierlichen Rahmenbedingungen eine erstklassige Visitenkarte abgeben“, ist der Regattawart der nationalen Klassenvereinigung, Ralf Bussing, überzeugt. Von etwa 70 Aktiven in Deutschland sind mehr als zwei Drittel in der KV organisiert, darunter auch stetig Nachwuchs.
Ihr Bester hält seit langem in der internationalen Spitze mit, war schon 2011 Vizeeuropameister und gewann die Kieler Woche 2020. Iver Ahlmann steht seitdem wie kein anderer hinter den Musto Skiffs. Als geschäftsführender Gesellschafter der Büdelsdorfer ACO-Gruppe, ein international führendes Unternehmen für Entwässerungstechnik und Abwasserreinigung, blickt Ahlmann mit seinem Vater Hans-Julius auf zehn Jahre Titelsponsoring der Musto Skiff-WM zurück. Als die Titelkämpfe nach den Corona-bedingten Unterbrechungen zum Jubiläum nach Kiel vergeben wurden, zögerte die Familie Ahlmann nicht, auch die Kieler Woche als Sponsor zu unterstützen.
„Unser Claim lautet seit neustem ‚we care for water’, was sehr gut zum Segeln passt”, erklärt Iver Ahlmann, „und die Nachhaltigkeit, die auch von der Kieler Woche großgeschrieben wird, schon immer ideal zu unseren Werten.“ Drei Kundenevents während der Regattawoche mit je 30 Gästen laufen unter dem Motto „nicht nur Häppchen, sondern auch Ölzeug“. Das Segeln auf J/70-Booten steht im Mittelpunkt. Mit Speedbooten sind außerdem Stippvisiten zur Regattabahn der Musto Skiffs geplant. Denn alle wollen wissen, wie sich der ACO-Boss schlägt.
Der betrachtet seine Vorbereitung aufgrund von Zeitmangel „eher als Schadensbegrenzung“ und hege keine allzu großen Ambitionen. Vor einem halben Jahr zum vierten Mal Vater geworden, dazu der Hausbau, da hat Iver Ahlmann neben der Geschäftsführung schlicht andere Prioritäten. Ein paar Trainingseinheiten wolle er aber schon noch einschieben, „sonst halte ich die Rennen gar nicht durch.“ Die Favoritenrollen sieht Ahlmann in Abwesenheit von Titelverteidiger Bruce King bei den Briten Jamie Hilton, Dan Vincent und Robbie Wilson neben Segelprofi Peter Greenhalgh sowie dem Südafrikaner Andy Tarboton, dem internationalen Klassenpräsidenten. Dem Starkwindspezialisten Paul Dijkstra aus den Niederlanden fehlt noch ein großer Titel. Sie alle wiederum bewundern die ausgefeilte Technik des nur 68 Kilogramm schweren Iver Ahlmann, mit dem bei Leichtwind immer weit vorne zu rechnen ist.
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