Erasmus+: Eine Auslandserfahrung fürs Leben

Die schöne Toskana erleben, Praxiserfahrungen in Handwerksbetrieben und auf Baustellen sammeln und dabei Freundschaften fürs Leben schließen: In diesen Genuss sind sieben Gesellinnen und sieben Gesellen beim diesjährigen Erasmus+-Projekt der Handwerkskammer Region Stuttgart gekommen. Die sogenannten „Erasmini“ verbrachten von Januar bis März drei Monate in dem italienischen Städtchen Volterra und konnten nach einem einmonatigen Sprachkurs ihre handwerklichen Kenntnisse in italienischen Betrieben anwenden.

„Das Erasmus+-Projekt zeigt eindrucksvoll auf, welche großartigen Leistungen durch europäische Freundschaft und Zusammenarbeit entstehen können und ist eine Win-win-Situation für beide Seiten“, erklärt Peter Friedrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Während die „Erasmini“ eine fremde Kultur kennenlernen und Arbeitserfahrungen sammeln, profitiere die gesamte Stadt von den handwerklichen Fähigkeiten der deutschen Fachkräfte. Ein besonderer Dank gelte dem starken Netzwerk, das hinter dem Projekt stehe: „Das große Engagement der Stadt Volterra, der Sparkassenstiftung vor Ort, den Naturfreunden GIAN Volterra und der Villa Palagione ermöglicht den jungen Menschen einen einzigartigen und prägenden Auslandsaufenthalt.“

In den ersten vier Wochen des Auslandsprogramms lernten die Gesellinnen und Gesellen aus der gesamten Region Stuttgart in einem Intensivsprachkurs grundlegende Italienischkenntnisse, die sie in der anschließenden Arbeitsphase in den Betrieben und auf den Baustellen einsetzen und verfeinern konnten. Restauriert wurde unter anderem das Museo Etrusco Guarnacci, das zu den ältesten Museen für etruskische Kunst zählt. Um die Decken und Wände zu streichen, wurden alte italienische Techniken angewendet, die heute nicht mehr eingesetzt werden. „Besonders gut haben uns die Arbeitstechniken, aber auch die Zusammenarbeit gefallen – wir sind als Malerteam wie eine kleine Familie geworden“, erklärt Malerin und Lackiererin Katharina Albert-Socaciu, 22, aus Göppingen. Tatkräftige Unterstützung erhielt das Team von Jacqueline Dobrautz, 20, einer gelernten Raumausstatterin aus Erdmannhausen. „Für mich war es sehr interessant, etwas komplett Neues auszuprobieren.“ Beim Mischen der Farbe habe sie auch etwas für ihren Beruf dazulernen können. Auch Friseurgesellin Isabel Hummel aus Weilheim an der Teck tauschte jeden Montag die Schere gegen den Pinsel ein und half im Museum. Aber auch im Friseursalon erhielt die 22-Jährige neue Impulse: „Die Mitarbeiter nehmen sich viel Zeit für ihre Kunden und der soziale Aspekt spielt eine wichtige Rolle.“

Die Restauration der über 100 Jahre alten Eingangspforte der Stadtbibliothek war ein weiteres Großprojekt, dem sich ein „Erasmini“-Team stellte. In aufwändiger Handarbeit wurde die mehrere Meter hohe Tür aus Kastanienholz neu lackiert, Metallringe ausgetauscht und das Holz an einigen Stellen ersetzt. „Für uns Zimmerleute waren die „Schreiner-Tätigkeiten“ wie das Schleifen erst mal eine Herausforderung, aber es war sehr interessant, neue Techniken zu lernen“, erklärt Zimmermann Julian Preuß, 25, aus Fellbach.

In der Bildungseinrichtung SIAF wurde gleich an mehreren Projekten gearbeitet: „Neben einem gemauerten Outdoor-Barbecuegrill und einem Brunnen dürfen sich die Schülerinnen und Schüler auf einen neu gestalteten Platz freuen, der den Austausch verschiedener Kulturen fördern soll“, berichtet die 25-jährige Maurergesellin Esther Schoofs aus Viersen. Eingeweiht wurde der Grill bei der Überraschungsparty für Tischler Arne Harr, 21, der in Volterra seinen Geburtstag feierte. Der Barbecuegrill sei für den Handwerker aus Schlierbach definitiv das Highlight gewesen, denn beim Bau durfte er sich als Maurer ausprobieren. „Ich habe unglaublich viel Neues gelernt und auch viel fachübergreifend gearbeitet“, betont Arne Harr. „Es war spannend zu sehen, wie die Handwerker in Italien arbeiten und wie wir tiefer in die Sprache eintauchen“, resümiert Baltasar Heugel, 22, aus Magstadt. Der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik erkundete im Einsatz auf verschiedenen Baustellen die Altstadt von Volterra, aber auch die in der Umgebung liegenden Ortschaften.

„Jeden Abend beim gemeinsamen Essen haben wir erzählt, welche Highlights es am Tag gegeben hat“, erklärt Zimmerer Benedikt Hilliges. Interessant sei für den 20-Jährigen das italienische Arbeitsklima gewesen, das etwas entspannter sei als in Deutschland. „Aber auch mit anderen Handwerkern zusammenzuleben war etwas ganz Besonderes – die Zeit in Volterra wird für immer eine wunderschöne Erinnerung bleiben“, betont der Zimmerergeselle aus Deckenpfronn. „Meine italienischen Kollegen im Betrieb waren sehr motiviert und die Zusammenarbeit hat viel Spaß gemacht“, berichtet Maurerin Esther Schoofs. Zudem habe sie viel Freiraum, aber auch gute Arbeitsanweisungen erhalten. „Da viele von uns vor wichtigen Entscheidungen im Leben stehen, war die Zeit wertvoll, da die Gedanken komplett frei sein konnten“, erklärt Tischlerin Corinn Wizemann. Die 23-jährige Karlsruherin strebt beispielsweise die Selbständigkeit an. „Es war eine tolle Gruppe und wir hatten sehr viel Spaß zusammen“, berichtet sie und ergänzt, dass sie das Programm gerne wiederholen würde.

Teilnehmerübersicht

Baltasar Heugel, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik aus Magstadt
Isabel Hummel, Friseurin aus Weilheim an der Teck
Esther Schoofs, Maurerin aus Viersen
David Mitschele, Maler und Lackierer aus Renningen
Katharina Albert-Socaciu, Maler und Lackiererin aus Göppingen
Lena Ücker, Maler und Lackiererin aus Leinfelden-Echterdingen
Jacqueline Dobrautz, Raumausstatterin aus Erdmannhausen
Arne Harr, Tischler aus Schlierbach
Marie Meiser, Tischlerin aus Stuttgart
Corinn Wizemann, Tischlerin aus Karlsruhe
Luca Tuti-Castro, Tischler aus Stuttgart
Florian Thal, Tischler aus Leonberg
Benedikt Hilliges, Zimmerer aus Deckenpfronn
Julian Preuß, Zimmerer aus Fellbach
Weitere Informationen über das Projekt gibt es online unter www.hwk-stuttgart.de/volterra2022 und www.hwk-stuttgart.de/volterra 

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