Eine hawkishe EZB ist durchaus denkbar

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) tritt diese Woche zusammen. Ihre makroökonomischen Prognosen werden nicht angepasst, aber man darf gespannt sein: Durch die steigende Inflation hat sich der politische Druck verändert – von einer lockeren Geldpolitik zur Inflationsbekämpfung. Bisherige Zusagen gelten nicht mehr.

Unsere Erwartungen:

  • Die Zinssätze dürften vorerst unverändert bleiben, und der EZB-Rat dürfte die Abfolge beibehalten: zuerst die Beendigung des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) und dann die Erhöhung der Zinssätze.
  • Quellen zufolge war das Direktorium bei der letzten Sitzung gespalten: 10 „Falken“ (Befürworter einer harten Politik) forderten sofortige Maßnahmen und 15 „Tauben“ (Vertretern einer akkommodierenden Geldpolitik) stimmten für den Status quo. Die 5-Jahres-Breakeven-Inflationsrate ist seit dem 10. März um 27 Basispunkte auf 2,36 % gestiegen und liegt damit über der Zielrate der EZB. Daher könnte der Druck der Falken dieses Mal größer sein.
  • Das APP wird voraussichtlich 20 Mrd. EUR im Juni erreichen. Der EZB-Rat dürfte in den kommenden Monaten Aufschluss über das Tempo geben. Da die Inflation so hoch ist und bis September auf dem derzeitigen Niveau bleiben dürfte, könnte die EZB ankündigen, dass sie die Käufe Ende Juni beenden will. Dies würde die Möglichkeit einer Zinserhöhung bereits im Juli schaffen. Der September ist jedoch eine realistischere Option. Makhlouf, Präsident der irischen Zentralbank, sagte, die EZB wolle sich „Optionen bewahren“ – der EZB-Rat könnte sich also alle Türen offen halten wollen.

Insgesamt ist eine hawkishe EZB durchaus denkbar. Der Inflationsdruck ist sehr hoch. Der Arbeitsmarkt ist extrem angespannt, und die Arbeitslosenquote ist so niedrig wie nie zuvor. Es fehlen noch die Löhne, für die es leider keine aktuellen Daten gibt.

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