Boris Romantschenko, Zeitzeuge des KZ-Außenlagers „Karlshagen II“ und Mahner für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen, wurde in Charkiw getötet

Das Historisch-Technische Museum Peenemünde ist zutiefst berührt von der Nachricht über den gewaltsamen Tod Boris Romantschenkos. Der 96jährige Ukrainer wurde am 18. März 2022 durch den Einschlag eines russischen Geschosses in sein Wohnhaus getötet. Als Überlebender vier deutscher Konzentrationslager war er nicht nur ein Zeuge, welche Grausamkeiten rassistische Diktaturen und völkerrechtswidrige Angriffskriege verantworten, sondern er hatte sich auch Zeit seines Lebens für die Überwindung von Hass und Gewalt, für ein friedliches und freundschaftliches Miteinander von Menschen über alle Grenzen hinweg eingesetzt. Unter anderem war er Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora.

Boris Romantschenko wurde am 20. Januar 1926 nahe Sumy in der Ukrainischen SSR geboren. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion fingen die deutschen Besatzer 1942 den 16jährigen Jungen ein und verschleppten ihn nach Deutschland, wo er in Dortmund Zwangsarbeit leisten musste. Wegen eines missglückten Fluchtversuchs wurde er im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Als in Peenemünde die Serienproduktion von Raketen als Terrorwaffen gegen die westeuropäische Zivilbevölkerung anlief, gehörte Romantschenko zu einer ersten Gruppe von 600 bis 700 Häftlingen, die als Arbeitssklaven die Waffen fertigen sollten. Sie arbeiteten in der großen Halle des Serienwerks Peenemünde und wurden im Sockelgeschoss des Gebäudes in einem provisorischen Lager untergebracht. Bereits im Oktober wurde das Werk geschlossen und eine neue unterirdische Fertigungseinrichtung im Stollen „Mittelbau“ bei Nordhausen aufgebaut. Romantschenko wurde in dieses KZ Mittelbau-Dora verschleppt und musste Zwangsarbeit in der Raketenfertigung leisten, bis das Lager evakuiert wurde. Auf einem Todesmarsch gelangte er ins KZ Bergen-Belsen, wo er im Frühjahr 1945 von britischen Truppen befreit wurde. Bei Kriegsende blieb er in Deutschland und leistete Dienst in der Roten Armee. 1950 durfte er in die Ukraine zurückkehren, studierte dann an der Bergbau-Akademie in Charkiw und arbeitete als leitender Ingenieur.

Boris Romantschenko ist nur eines unter vielen zivilen Opfern des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Dennoch zeigen seine Erfahrungen zweier Verbrechen, aber auch sein Dienst an der Versöhnung der ehemaligen Kriegsgegner besonders deutlich, wie wichtig der Einsatz für Menschen- und Völkerrechte war und ist.

Das Historisch-Technische Museum Peenemünde wird in seiner kommenden neuen Dauerausstellung an Boris Romantschenko erinnern.

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