Möglicher Preisanstieg in 2022 – Bäcker-Innung Berlin erklärt, warum die Brötchen teurer werden könnten

Das Jahr 2022 stellt das Bäckereihandwerk vor große Herausforderungen. Schon zum Jahresbeginn stiegen die Energiekosten drastisch, die Inflationsrate ist auf einem Höchststand, die seit zwei Jahren ausbleibenden Umsätze durch fehlende Großkunden in der Corona-Pandemie bereiten vielen Mitgliedsunternehmen der Bäcker-Innung Berlin Kopfzerbrechen und der Angriff Russlands auf die Ukraine sorgt für explodierende Rohstoffkosten.

"Für viele Mitgliedsunternehmen hat sich schon der Preis für Mehl bereits verdoppelt, und die Energiekosten schießen durch den Stopp von ‚Nordstream 2‘ und das drohende Aus von ‚Nordstream 1‘ weiter in die Höhe", erklärt Johannes Kamm, der Geschäftsführer der Bäcker-Innung Berlin. "Das sind aber nur die ersten Effekte des Krieges; knapp 80 Prozent aller Sonnenblumenkerne beispielsweise kommen aus Russland und der Ukraine, auch deren Preis wird drastisch steigen durch die Sanktionen. Doch das ist nicht das größte Problem: Ganze 50 Prozent des gesamten Weizens für die Welthungerhilfe stammen aus dieser Region, die hinlänglich als Europas Kornkammer bekannt ist."

Hält der Konflikt noch länger an, könnte dies katastrophale Folgen für die Bekämpfung des Hungers in der Welt haben. Werden die Felder durch das Kriegsgeschehen nicht rechtzeitig bestellt und der Weizen nicht im März ausgesät, droht im Herbst schlimmstenfalls eine Hungerkatastrophe.

In Berlin scheint seit Anfang des Jahres für viele Unternehmen im Bäckereihandwerk, je nach Struktur und Lage, eine Preisanpassung unausweichlich. Nach zwei Jahren Pandemie sind die Preise für Rohstoffe weltweit stark angestiegen. Die Energiekosten wurden – je nach Vertrag – kurz vor Jahreswechsel deutlich teurer, so dass beispielsweise viele Gasanbieter ihr Geschäft einstellen mussten, weil sie ihren Kundinnen und Kunden kein bezahlbares Angebot mehr machen konnten. Auch die Personalkosten steigen, nicht zuletzt durch die Erhöhung des Mindestlohnes.

"Wir haben unsere Preise bereits angehoben und planen für Juni eine weitere Preisanpassung", erzählt Torsten Scholz von der Familienbäckerei Scholz in Köpenick. "Die Pandemie hat uns vor große Herausforderungen gestellt; zum Glück konnten wir reagieren und den Betrieb am Laufen halten!" Regelmäßige Aufträge von großen Kunden wie beispielsweise Union Berlin, Möbel Höffner und der rbb-Kantine, blieben aus, die Hygieneschutzmaßnahmen zwangen die Kunden dazu, draußen vor dem Laden Schlange zu stehen, was den einen oder anderen dazu bewogen haben dürfte, die Brötchen doch lieber beim Discounter zu kaufen, und die drastisch gestiegenen Energiekosten machen die Erneuerung der beiden Öfen in der Backstube der Familienbäckerei Scholz unausweichlich. "Wir müssen hier rund 120.000 Euro investieren, um zukünftig energiesparend und umweltschonend backen zu können; der Zeitpunkt hätte eigentlich nicht ungünstiger sein können."

Die Umsätze beim Brot sind in den vergangenen zwei Jahren stark zurückgegangen; dafür freut sich die Familie Scholz über den gestiegenen Kuchenumsatz: "Man merkt deutlich, dass sich die Leute gerade in schwierigen Zeiten hin und wieder etwas gönnen wollen, und ein gutes Stück Kuchen oder Torte kommt ihnen da gerade recht", erzählt Torsten Scholz, der schon seit 20 Jahren in der Backstube steht. Sein Sortiment hat er übrigens um eine Vielzahl verschiedener Stollen erweitert, für die seine Bäckerei längst über die Grenzen Köpenicks hinaus bekannt ist. Ab Oktober wird auch in 2022 das Stollengeschäft wieder brummen.

Über Bäcker-Innung Berlin

Die Bäcker-Innung Berlin ist ein freiwilliger Zusammenschluss von 60 selbständigen Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern in Berlin mit rund 3.300 Mitarbeitenden sowie 300 Auszubildenden in Berlin. Als Verband vertritt die Bäcker-Innung Berlin die Interessen des Bäckerhandwerks sowohl regional als auch überregional gegenüber Kammern, Verbänden, Behörden, der Industrie, dem Handel und der Öffentlichkeit und ist zuständig für die Förderung, Überwachung und Prüfungsabnahme in der Berufsausbildung für Bäcker*innen und Fachverkäufer*innen im Bäckerhandwerk und für den Abschluss von Tarifverträgen. Daneben gehören die Betreuung, Beratung und Förderung der Mitgliedsbetriebe zu ihren wichtigsten Aufgaben. 2022 wird die Bäcker-Innung Berlin 750 Jahre alt. Sie ist damit der älteste Handwerksverband Berlins.

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