Diakonie und Caritas im Land verweisen auf die tiefen Spuren, die die Pandemie bei einkommensschwachen Haushalten hinterlassen hat: Sie erhielten keinen finanziellen Zuschuss, obwohl die Lebenshaltungskosten aufgrund von Corona gestiegen sind. Hinzu kommen derzeit weitere finanzielle Stressfaktoren durch steigende Energie- und Lebenshaltungskosten sowie hohe Mieten. Da die Hartz-IV-Sätze nicht adäquat erhöht wurden, wird sich die prekäre Lebenslage der Betroffenen weiter zuspitzen. Viele armutsbetroffene Menschen sind zudem gesundheitlich und emotional überdurchschnittlich belastet. So ziehen sich arme Menschen aufgrund der erfahrenen Ausgrenzung häufig aus der Gesellschaft zurück. Armut findet vielfach im Privaten und Verborgenen statt. Aus diesem Grunde erscheint es wichtig, ebenfalls die verdeckte Armut explizit in den 2. Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg einfließen zu lassen, wie dies auf Bundesebene für den 7. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgelegt ist.
Um ein fundiertes Gesamtbild zu Ausmaß, Ursachen und Wirkungen von Armut zu bekommen, sehen die kirchlichen Wohlfahrtsverbände einen Anschlussbericht nach dem in 2015 veröffentlichten ersten Armuts- und Reichtumsbericht als dringend geboten. Dieser sei inzwischen veraltet und bilde nicht die Auswirkungen der Pandemie ab. Zwar beleuchte das Gesellschaftsmonitoring und die quartalsweise erscheinenden Gesellschaftsreports des Sozialministeriums spezielle Ausschnitte zu gesellschaftspolitischen Themen. Eine gesicherte Datenlage und ein Gesamtbild der Armutslagen einmal pro Dekade seien aber notwendig, um strukturelle Weichen zur Armutsprävention stellen zu können. Es gelte, in diesen 20er-Jahren erneut die Zusammenhänge von Gesundheit, Wohnungsnot, Teilhabe und Einkommen in den Blick zu nehmen. Wird nicht gegengesteuert, verfestige sich Armut, warnen Caritas und Diakonie.
Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie in Baden-Württemberg engagieren sich spitzenverbandlich für die Interessen von armen, benachteiligten und hilfebedürftigen Menschen. Als Dachverbände vertreten sie 8.000 evangelische und katholische Einrichtungen und Dienste mit rund 365.000 Plätzen. In den Verbänden arbeiten 150.000 hauptamtliche und 136.000 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Angebote von Diakonie und Caritas richten sich an alte und pflegebedürftige Menschen, Kinder, Jugendliche und Familien, Arbeitslose, Wohnungslose, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Fluchterfahrung oder mit einer Suchterkrankung, überschuldete und andere arme Menschen.
Die vier kirchlichen Wohlfahrtsverbände in Baden-Württemberg sind:
Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg, Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Diakonisches Werk Baden, Diakonisches Werk Württemberg.
Die Diakonie Württemberg ist die soziale Arbeit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Freikirchen. Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein Dachverband für 1.400 Einrichtungen mit fast 50.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 200.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.
Bundesweit sind rund 525.000 hauptamtlich Mitarbeitende und etwa 700.000 freiwillig Engagierte in der Diakonie aktiv. Der evangelische Wohlfahrtsverband betreut und unterstützt jährlich mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland.
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