Dieses zweite Münchner Gutachten verdient zu Recht große Aufmerksamkeit, weil es mit der sehr ausführlichen Darstellung des Falles „Pfarrer H.“ das toxische Muster von Vertuschung durch Leugnen, Versetzen (in diesem Fall sogar in ein anderes Bistum) und Wegschauen aufzeigt und gleichzeitig die immer zwielichtiger werdende Rolle des damaligen Münchner Erzbischofs Joseph Ratzinger offenbar werden lässt, was zu Recht weltweite Aufmerksamkeit erfährt.
Wir sind Kirche fordert Joseph Ratzinger, von 1977 bis 1982 Münchner Erzbischof, auf, statt immer neuer wenig glaubwürdiger Dementi sich seiner kirchenstrukturellen wie moralischen Verantwortung zu stellen. Sein persönliches Schuldeingeständnis für sein damaliges Handeln bzw. Nicht-Handeln wäre ein dringend notwendiger Akt und gleichzeitig ein große Vorbild für andere Bischöfe und Verantwortungsträger weltweit.
Wir sind Kirche erinnert in diesem Zusammenhang auch daran, dass Kardinal Ratzinger während seiner langen Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation (1982-2005) noch im Jahr 2001 alle Missbrauchsfälle weltweit unter das „päpstliche Geheimnis“ gestellt hat. Eine fatale Entscheidung, die erst durch Papst Franziskus aufgehoben wurde. Wenn es diesen „Geheimerlass“ nicht gegeben hätte, wäre vielen Tausend Betroffenen schwerstes Leid erspart geblieben und es hätte die fundamentale Glaubwürdigkeitskrise der römisch-katholischen Kirche vermieden werden können.
Wir sind Kirche warnt davor, das zweite Münchner Missbrauchsgutachten nur auf den Fall H. und die Rolle von Ratzinger zu fokussieren. Ebenso ist jetzt vor gutachterlichen Methodenstreits zu warnen wie bei den Kölner Gutachten geschehen. Erstmals gab es eine ausführliche Zeitzeugenbefragung und nicht nur die Sichtung von Akten. Die katholische Kirche hat einen hohen moralischen Anspruch, dem auch die Leitungskräfte gerecht werden müssen.
Dieses zweite Münchner Gutachten zeigt, dass die römisch-katholische Kirche in Deutschland 27 Jahre nach dem Wiener Missbrauchsfall Kardinal Groër, 21 Jahre nach der Aufdeckung in den USA, 12 Jahr nach der Aufdeckung am Berliner Canisius-Kolleg durch P. Klaus Mertes SJ und knapp vier Jahre nach der MHG-Studie immer noch am Anfang der Aufarbeitung steht, die dringend intensiviert werden muss. Deshalb muss jetzt auch der Staat tätig werden und Aufdeckung und Aufarbeitung mit übernehmen.
Wir sind Kirche fordert, dass alle deutschen Bistümer unverzüglich und möglichst nach gleichem Standard Missbrauchsgutachten vorlegen, die Täter und Vertuschungsstrukturen offenlegen. Über diese Gutachten hinaus braucht es aber auch Dunkelfeldstudien, wie sie z.B. in Frankreich erstellt wurden.
Wir sind Kirche appelliert an die Bischöfe und alle Mitwirkende des Synodalen Weges in Deutschland, die Ursachen sexualisierter und geistlicher Gewalt weiter konsequent anzugehen. Vor allem muss der Abbau fehlgeleiteter klerikaler Machtstrukturen erfolgen. Rücktritte auf den verschiedenen Leitungsebenen mögen nötig sein. Wichtiger aber ist ein grundlegendes Umsteuern, damit der Kirchenleitung wieder Glaubwürdigkeit entgegengebracht werden und die ursprüngliche Hoffnungskraft des Christentums wieder zur Geltung kommen kann
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