Die neue Bundesregierung hat sich viel vorgenommen für das Gesundheitswesen. Im Fokus stehen Aus- und Weiterbildung, um die digitale Transformation zu bewältigen, sowie Maßnahmen zur Fachkräftesicherung und die sektorenübergreifende Versorgung. Das bedeutet, dass ambulante und stationäre Versorgung, Gesundheitsförderung, Prävention, Rehabilitation, Pflege, Arzneimittelversorgung, Palliativversorgung sowie soziale und kommunale Angebote miteinander verknüpft werden. „Wie die konkrete Umsetzung der geplanten Maßnahmen läuft, wird sich zeigen“, sagt Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München.
Ende des Artzbudgets und leichtere Gründung von medizinischen Versorgungszentren für Kommunen
Die Koalition will zusammen mit den Krankenversicherern unterversorgte Gebiete stärken. Sie möchte die Budgetierung der ärztlichen Honorare für Hausärzte aufheben. „Hausärzte können also künftig je nach Patientenstruktur das verordnen, was eine gute Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten sicherstellt“, sagt Müller. Kommunen sollen mit weniger bürokratischen Hürden medizinische Versorgungszentren gründen und Zweigpraxen aufbauen können.
Öffentliche Information über Schwangerschaftsabbruch
Ärztinnen und Ärzten sollen öffentlich Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne wie bisher Strafverfolgung befürchten zu müssen. Dafür will die Koalition den Paragraphen 219a streichen.
Geplant ist auch, die Stellung von Patientinnen und Patienten im bestehenden Haftungssystem bei Behandlungsfehlern zu stärken. „Was das für die Dokumentationsanforderungen und den Versicherungsschutz der Heilberufler bedeutet, bleibt abzuwarten“, sagt Müller.
Änderungen der Aus- und Weiterbildung für Mediziner
Mittel für Weiterbildung in Fallpauschalen bekommen nur noch die Kliniken, die ihr Personal auch wirklich weiterbilden. Das Konzept zur Fortentwicklung der Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzte wird aktualisiert. Die Approbationsordnung für Ärzte soll sich mehr auf Digitalisierung, Ambulantisierung, Spezialisierung, Individualisierung und berufsübergreifende konzentrieren.
Änderungen für die Pflege-Branche
Mehr als nur nette Gesten: Eine Milliarde Euro will der Bund zur Verfügung stellen, um den Einsatz der Pflegenden während der Corona-Pandemie anzuerkennen. Der Pflegebonus soll bis 3.000 Euro steuerfrei sein. Ab wann und für welchen Zeitraum das gelten soll, steht noch nicht fest.
Personal gewinnen
Pflegefachkräfte in Ausbildung, die bislang keine Vergütung bekommen, sollen künftig Geld bekommen. Es soll einfacher und schneller sein, ausländisches Pflegepersonal zu gewinnen und deren ausländischen Abschlüsse anzuerkennen.
Neuer Beruf geplant: „Community Health Nurse“ oder Gemeindeschwester
Künftig soll es bundeseinheitliche Berufsgesetze für Pflege- und Hebammenassistenz sowie für Rettungssanitäter geben, gemeinsam finanziert von Bund und Ländern. Neben der professionellen Pflege soll es auch heilkundliche Tätigkeiten geben. Dazu ist etwa das neue Berufsbild der „Community Health Nurse“ geplant.
Digitalisierung in Pflege und Gesundheit
Telemedizin mit Arznei-, Heil- und Hilfsmittelverordnung, Videosprechstunden, Telekonsil, Telemonitoring und telenotärztliche Versorgung sind Teil der Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege. Die elektronische Patientenakte und das E-Rezepts sollen schneller kommen. „Solange jedoch die noch offenen datenschutzrechtlichen Fragen nicht geklärt sind, wird das aber nicht so schnell gehen, wie gewünscht“, sagt Müller. In der Pflege soll die Digitalisierung die Dokumentation und die therapeutischen Anwendungen entlasten. „So kommt es zumindest nicht zu Doppelt- und Dreifacharbeiten“, ist Rechtsanwalt Müller überzeugt.
Alle Versicherte bekommen die freiwillig zu nutzende elektronische Patientenakte mit Opt-Out-Funktion.
Apotheken und Arzneimittelversorgung
Geplant ist, die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten zu verbessern. Dafür werden die Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung flexibler. Zudem soll es eine Verordnungsfähigkeit für Notfallbotendienste in der ambulanten Notfallversorgung geben. Eine Novelle des „Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ ermöglicht es, pharmazeutische Dienstleistungen besser zu bezahlen. Nicht im Koalitionsvertrag enthalten ist die lange diskutierte Mehrwertsteuersenkung für Arzneimittel.
Aus- und Umbau der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung
Die Koalition will die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung teilweise aufheben und eine sektorengleiche Vergütung von geeigneten Leistungen fördern. Und zwar mit einer Hybrid-DRG, einer unabhängig von Ort und Art der Leistungserbringung einheitlichen Vergütung. Der Ausbau professionsübergreifender, integrierter Gesundheits- und Notfallzentren stellt eine wohnortnahe und bedarfsgerechte, ambulante und stationäre Versorgung sicher, gefördert durch spezifische Vergütungsstrukturen.
Krankenversicherungen (KV) und Krankenhäuser sollen in enger Kooperation die Notfallversorgung in integrierten Notfallzentren sicherstellen. Rettungsleitstellen, KV-Leitstelle und standardisierte Einschätzungssysteme (telefonisch, telemedizinisch oder vor Ort), ermöglichen eine bedarfsgerechte Steuerung. Das Rettungswesen soll ein eigener Leistungsbereich im Sozialgesetzbuch V sein und den Leistungsumfang regeln.
Krankenkassen und Werbung
Um die Kosten für die geforderten weiteren Präventionsmaßnahmen zu decken, etwa für Diabetes oder zur Vorbeugung von klima- und umweltbedingten Gesundheitsschäden, müssen die Krankenversicherer ihr Budget für Werbung und für Werbegeschenke einschränken.
Allerdings bekommen sie mehr Möglichkeiten, die Arzneimittelpreise zu begrenzen. „Was das dann für Apotheken bedeutet, ist unklar“, sagt Müller.
Krankenhausplanung- und Finanzierung
Ein Bund-Länder-Pakt bringt die nötigen Reformen für eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung auf den Weg. Eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission wird eine Krankenhausplanung erarbeiten. Sie soll sich an Kriterien wie Erreichbarkeit und der demografischen Entwicklung orientieren.
Zudem entwickelt die Kommission die Krankenhausfinanzierung weiter, die das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Uniklinika) differenziertes Modell erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt. Kurzfristig will die künftige Regierung für eine bedarfsgerechte Finanzierung für Pädiatrie, Notfallversorgung und Geburtshilfe sorgen.
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