Im Jahr 2021 wurden für mehr als 12 Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge abgeschlossen. Hinzu kommen für weitere 6 Millionen Beschäftigte Tarifsteigerungen, die bereits 2020 oder früher vereinbart wurden. Die älteren Tarifverträge sehen dabei mit durchschnittlich 2,0 Prozent etwas höhere Tarifsteigerungen vor als die 2021 getätigten Neuabschlüsse, bei denen die durchschnittlichen Tarifzuwächse bei 1,5 Prozent liegen. Der sich hieraus insgesamt ergebende Anstieg der Tariflöhne von 1,7 Prozent liegt etwas niedriger als im Vorjahr 2020 (2,0 Prozent) und deutlich unterhalb der beiden Boomjahre 2018 und 2019 (3,0 bzw. 2,9 Prozent; siehe auch Abbildung 2 in der pdf-Version).
In vielen Tarifbranchen wurde 2021 auf eine prozentuale Erhöhung der Tariflöhne verzichtet und stattdessen eine Corona-Prämie vereinbart, die zwischen 90 Euro in der Süßwarenindustrie und 1.300 Euro im öffentlichen Dienst bei den Ländern liegt (siehe auch Tabelle 1 in der pdf-Version). Aufgrund einer bis März 2022 befristeten Sonderregelung im Einkommenssteuergesetz (§3, 11a), müssen für diese Prämien weder Steuern noch Abgaben bezahlt werden.
„Die Tarifrunde 2021 wurde nach wie vor durch den ungewissen Verlauf der Corona-Pandemie und die damit verbundenen ökonomischen Unsicherheiten geprägt“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Im Ergebnis führt dies zu eher moderaten Tariflohnzuwächsen. Während 2020 die Beschäftigten aufgrund einer damals sehr niedrigen Inflationsrate jedoch ein kräftiges Reallohnwachstum verzeichnen konnten, übersteigen hohe Inflationsraten in diesem Jahr erstmals seit langem wieder deutlich die Tariflohnzuwächse.“
Nach Ansicht von Schulten „sind die hohen Inflationsraten im zweiten Halbjahr 2021 auf eine Reihe von Sondereffekten wie die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung, den Wiederanstieg der zuvor stark zurückgegangenen Energiepreise und bestehender Engpässe bei den internationalen Lieferketten zurückzuführen. Für 2022 ist bei den Preisen eher wieder mit einer Normalisierung zu rechnen, während die Tariflöhne etwas kräftiger steigen könnten. Für das von einigen an die Wand gemalte Schreckgespenst einer Lohn-Preis-Spirale findet sich in den Tarifdaten bislang keinerlei Grundlage“, sagt der Tarifexperte.
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