Am 24. November wurde der Koalitionsvertrag vorgelegt. Im Vergleich zum Sondierungspapier enthält er keine großen Überraschungen. Aber in Sachen Betriebsrenten finden sich einige Änderungen, und die machen zumindest etwas Mut.
Bei der Gesetzlichen Rente sollen das Mindestrentenniveau nicht unter 48% fallen, das Renteneintrittsalter nicht steigen, der Rentenbeitrag nicht die Marke von 20% übersteigen und Rentenkürzungen soll es nicht geben. Das wird teuer. Ob der Einstieg in die Teilkapitaldeckung der gesetzlichen Rente hier hilft, muss sich auch erst noch zeigen. Auch die Wiedereinsetzung des sogenannten Nachholfaktors wird die Finanzen nicht herausreißen. Die Maßnahme ist aber richtig, sie koppelt die Rentenentwicklung wieder an die Löhne und fördert so die Generationengerechtigkeit und die Solidarität von Beitragszahlern und Rentnern. Doch all diese Fragen mögen andere an geeigneter Stelle diskutieren.
Auf Seite 73 des Koalitionsvertrages steht: „Neben der gesetzlichen Rente bleiben die betriebliche wie private Altersvorsorge wichtig für ein gutes Leben im Alter. Die betriebliche Altersversorgung wollen wir stärken, unter anderem durch die Erlaubnis von Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen. Zusätzlich muss das mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz bereits in der vorletzten Legislaturperiode auf den Weg gebrachte Sozialpartnermodell nun umgesetzt werden.“
Das ist besonders bemerkenswert, das stand noch nicht im Sondierungspapier und wurde aufgenommen, obwohl Verbraucherschützer noch kurz zuvor gefordert hatten: „Reform der kapitalgedeckten Zusatzvorsorge nicht in der betrieblichen Altersversorgung verankern.“ Das reißerische Papier hat mich schon sehr geärgert. Zunächst einmal passen Überschrift und Inhalt nicht so recht zusammen. Man verteufelt nämlich die Entgeltumwandlung, und die ist nur ein Teil der bAV und beim Sozialpartnermodell kommt sie erst gar nicht zum Einsatz. Aber auch sonst liegt die Kritik an der Entgeltumwandlung neben der Sache. Hauptfinanzier sind und bleiben die Unternehmen. Alle Statistiken zeigen das. Viele Arbeitgeber geben schon seit Jahren die „ersparten“ Sozialabgaben an die Mitarbeiter weiter. Mit dem Jahreswechsel sind sie dazu sogar verpflichtet, sie müssen bis zu 15% auf den Umwandlungsbetrag drauflegen. Damit sollen und können die rentenversicherungsrechtlichen Konsequenzen kompensiert werden. Und schließlich ist die eigene Sozialabgabenersparnis gerade für Bezieher niedriger Einkommen die echte Förderung der bAV. Wer sie abschaffen will, der bringt Niedrigverdiener um ihre Chance, attraktiv vorzusorgen. Zum Glück haben sich die Koalitionäre nicht blenden lassen!
Der „Staatsfonds-Gedanke“ ist aber noch lange nicht vom Tisch. Auf Seite 74 des Koalitionsvertrages findet sich nämlich ein Prüfauftrag: „Wir werden das bisherige System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren. Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen.“
Gerne werden wir seitens der aba im Rahmen der Prüfung durch die kommende Regierung zeigen, dass alle bisher diskutierten „Staatsfondsmodelle“ einer reinen Beitragszusage, wie sie das Betriebsrentenstärkungsgesetz eingeführt hat, nicht das Wasser reichen können. Das von uns mitentwickelte Konzept des Sozialpartnermodells ist nämlich mehr als eine effiziente Kapitalsammelstelle, die dann auch noch ohne die Fesseln von Garantien attraktive Renditen erzielen kann. Beim Sozialpartnermodell sind nämlich auch sichere, lebenslange Leistungen darstellbar. Und ich bin mir sicher, dass die ersten Modelle dies unter Beweis stellen werden. Zur verlautbarten Umsetzungsunterstützung für das Sozialpartnermodell bedarf es nicht viel. Wir glauben, wir haben die Lösungen dafür.
Und Sozialpartnermodelle werden, wie auch die anderen institutionellen Kapitalanleger der bAV dringend gebraucht. Klimaschutz, Digitalisierung, Bildungsoffensive, all das kostet eine Menge Geld. Die Ampel-Koalitionäre setzen hier auf institutionelle Anleger und schreiben daher z.B. auf Seite 30: „Wir wollen ermöglichen, dass privates Kapital institutioneller Anleger, wie Versicherungen und Pensionskassen, für die Startup-Finanzierung mobilisiert werden kann.“ Als Anleger mit langfristigen Anlagehorizonten können gerade Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung dazu beitragen die enormen Kosten für Digitalisierung und Dekarbonisierung zu schultern. Anders als staatsnahe Fonds stellen sie auch sicher, dass die Kapitalanlage nicht politisch missbraucht werden kann. Wichtig ist aber, dass der regulatorische Rahmen stimmt und endlich anerkannt wird, dass Sicherheit in der Altersversorgung auch jenseits von Garantien gewährleistet werden kann. Der anstehende Review der EbAV-II-Richtlinie darf nicht zu einem weiteren Anziehen der Daumenschrauben führen. Wir brauchen Erleichterungen bei langfristigen Realinvestments, wir brauchen eine Deregulierung und vor allem muss Schluss sein mit ständig neuen Berichtspflichten. Wenn das so weitergeht, dann berichten unsere Einrichtungen sich noch zu Tode.
Und daher hat es mich ganz besonders gefreut, auf Seite 173 des Koalitionsvertrages zu lesen: „Auch für kleine Versicherungsunternehmen und Pensionskassen wollen wir für eine stärker proportionale Regulierung sorgen.“ Einziger Einwand meinerseits: Überregulierung ist nicht nur ein Problem von Pensionskassen, wir finden sie bei allen beaufsichtigten Formen der bAV, unabhängig von ihrer Größe.
Im Koalitionsvertrag finden sich in Sachen bAV also zumindest einige vielversprechende Anknüpfungspunkte. Den Worten müssen jetzt nur noch Taten folgen. Und bei deren Formulierung und Umsetzung wollen wir gerne in gewohnter Qualität helfen.
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