„Für eine Politik der Menschlichkeit in herausfordernden Zeiten“ – ZdK schreibt an Abgeordnete des neuen Bundestages

Eine Politik, die den Klimawandel aufhält, Engagement für eine solidarische Gesellschaft und mehr Tempo bei der Digitalisierung: Das erwartet das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) von den Abgeordneten des neuen Bundestags. Nach der Wahl sei vor der Entscheidung für eine konsequente Politik der Menschlichkeit in herausfordernden Zeiten, so ZdK-Generalsekretär Marc Frings. Das ZdK sende seinen Katalog der Erwartungen und Forderungen deshalb an die Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestages, die den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der Linken angehören.

„Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse, denn daraus entspringen gesellschaftlicher Zusammenhalt und gelingende Demokratie“, so Frings. Das ZdK appelliere an die politischen Akteur*innen, individuelle Freiheit und Selbstbestimmung in einer solidarischen „Wir-Gesellschaft“ zu ermöglichen. Eine glaubwürdige Politik verteidige Europa und mache sich vor allem stark für ein zukunftsfähiges europäisches Asylsystem. Das lenke den Blick auf eine globale Welt, in der vieles in Schieflage sei. Nicht zuletzt der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan habe gezeigt, dass dramatische Veränderungen in der globalen Welt deutsche Verantwortungsübernahme herausforderten. „Wegschauen geht nicht“, sagte Frings.

Die Erfahrungen, die mit der Corona-Pandemie gemacht wurden, ließen es auch angeraten erscheinen, die Globale Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung als neues Leitbild globaler Entwicklung zu unterstützen. „Dazu gehört, sich als Bundestag endlich auch starkzumachen für mehr globale Impfgerechtigkeit“, erklärte der ZdK-Generalsekretär. Der Präsident des ZdK, Thomas Sternberg, fügte hinzu, er finde es „beschämend, dass die westlichen Nationen ihren Bevölkerungen seit langem ein umfassendes Impfangebot machen können, während weite Teile Afrikas, Asiens und des Nahen Ostens unter einem dramatischen Mangel an Impfstoff leiden.“ Dass es nach wie vor keine gerechte internationale Finanzordnung, keine gerechte Entwicklungs- und Handelspolitik gebe, müsse sich der Bundestag auf seine außenpolitische Agenda schreiben. Dies sei umso dringlicher, als der Klimawandel agrar- und handelspolitische Probleme noch verstärke.

Innenpolitisch habe die Corona-Krise verdeutlicht, welche Handlungsfelder seit zu langer Zeit brach lägen, so Frings. Wer Familien das Rückgrat stärken wolle, müsse die Digitalisierung vorantreiben. Dass Homeoffice und Homeschooling unter für viele abenteuerlichen Bedingungen stattgefunden habe, könne und dürfe sich nicht verstetigen. „Die Schulen in Deutschland brauchen ein flächendeckendes Digitalisierungskonzept. Nur so können wir Bildungsgerechtigkeit langfristig garantieren.“ Die Kirchen als Sozialpartnerinnen des Staates könnten manches, aber nicht alles auffangen: „Sorgearbeit, gerade für die ganz Jungen und die sehr Alten, findet in vielfältiger Weise im Privaten statt. Arbeit ist mehr als Erwerbsarbeit. Aber gerade deshalb brauchen wir jetzt mehr Pflegegerechtigkeit, mehr Sorgegerechtigkeit und mehr Flexibilität jenen gegenüber, die diese Arbeit leisten“.

Das ZdK habe in seinen Gremien und Sachbereichen in den zurückliegenden Monaten und Jahren konkrete Erklärungen erarbeitet und veröffentlicht, die sich nun als Grundlage neuer Gesetzesinitiativen geradezu anböten. Die Verband der katholischen Lai*innen plädiere für ein „Optionsmodell für atmende Lebensläufe“. Dieses Modell könne den rechtlichen Rahmen für die Familien- und Sozialpolitik bilden. Gerechte Pflege schließe sich diesem Modell an. Die Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbsarbeit sei darin ein Schlüsselfaktor. Insgesamt setze das ZdK auf Respekt und die Wahrung der Menschenwürde aller Beteiligten: der zu Pflegenden und der Pflegenden – seien sie Familienangehörige oder professionelle Pflegekräfte. Gerade am Lebensende sei auf diese Würde zu pochen. Das gelte auch für das Sterben. „Selbstbestimmt mit der Blickachse auf das Leben“ heiße eine ZdK-Erklärung vom Frühjahr 2021, die sich kritisch mit der Freiverfügbarkeit von Suizidassistenz auseinandersetze. „Es wird zu den wichtigen Aufgaben der neu- und wiedergewählten Abgeordneten gehören, eine gesetzliche Neuregelung angesichts der jetzigen Gesetzeslücke herbeizuführen“, sagte der ZdK-Generalsekretär.

Dass die Gesellschaft insgesamt menschenwürdig gestaltet werde, sei ein zentrales Anliegen des ZdK, so Frings abschließend. Dafür brauche es in dramatischen Zeiten eine gute Migrationspolitik, eine humane Familienzusammenführung und den Blick auf die globale Welt: „Niemand lebt für sich allein. Niemand kann Politik gestalten ohne den Blick über den Tellerrand des eigenen Landes. Wir sind für mehr verantwortlich als nur für Deutschland.“ Die Positionierungen des ZdK zeigten, wie viel Fachexpertise in dessen Reihen zu finden sei. Auch künftig, so Frings, biete sich das Zentralkomitee als Ansprechpartner für Politik und Zivilgesellschaft angesichts gesellschaftlicher und politischer Debatten und Herausforderungen an.

Den Katalog der Erwartungen und Forderungen des ZdK an die Abgeordneten des 20. Bundestages finden Sie hier.

 

 

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