Vom „Traumschiff“ zum Trainingsschiff: Noch in der vergangenen Woche drehte sie für die beliebte Fernsehserie in Schweden, nun taufte sie den Neubau der Seenotretter: Schauspielerin Barbara Wussow tauschte die Planken der 192 Meter langen „Amadea“ mit denen des 22 Meter langen Trainingsschiffes der DGzRS. Mit den Worten „Ich taufe dich auf den Namen CARLO SCHNEIDER und wünsche dir und deiner Besatzung allzeit gute Fahrt und stets eine sichere Heimkehr“ übergab sie den Neubau seiner Bestimmung.
Gleich auf ihrer ersten Reise als „Traumschiff“-Hoteldirektorin erlebte Barbara Wussow nicht nur im Film, sondern in der Wirklichkeit die Gewalt der See: „Wir waren mit der ‚Amadea‘ von Honolulu nach Yokohama unterwegs, bei mehr als elf Beaufort und sehr grober See. Fenster gingen zu Bruch, der Rumpf trug Beulen davon. Ich habe allergrößten Respekt vor den Seenotrettern, die sich bei jedem Wetter mutig und selbstlos für andere einsetzen – mit ihrer Gesundheit und manche in der langen Geschichte der DGzRS sogar mit ihrem Leben. Ich bewundere das sehr“, sagte die Schauspielerin in Neustadt.
Große Anerkennung verdient in ihren Augen auch der Schweizer Carl-Erich August Schneider (1924-2017). Nach ihm wurde das Trainingsschiff benannt. Er hatte die DGzRS zweckgebunden großzügig in seinem Nachlass bedacht. „Damit ist auch er Seenotretter geworden, Spender und Crews sind gleichermaßen wichtig“, sagte Barbara Wussow. Testamentarisch hatte Schneider zur Auflage gemacht, dass die DGzRS das Geld dazu einsetzen soll, die Sicherheit ihrer Besatzungen bei ihren nicht selten gefahrvollen Einsätzen weiter zu erhöhen. Diesem Ziel dienen die umfangreichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der DGzRS, zusammengefasst in der Seenotretter-Akademie.
Dezentrale Trainings in allen Revieren auf Nord- und Ostsee
Das Trainingsschiff der Seenotretter ist ein konventioneller Verdränger mit Stahlrumpf zur dezentralen Aus- und Fortbildung in allen Revieren der DGzRS zwischen Borkum und Ueckermünde. Es stellt bewusst einen Gegensatz dar zur den leistungsstarken, schnellen Rettungseinheiten der DGzRS. Trainiert werden darauf künftig unter anderem Standards wie Sicherheit und Seemannschaft, Längsseitsgehen, Schleppen, Manövrieren, technische Navigation wie Radarausbildung, Kollisions- und Begegnungsfahrten, aber auch die Abbergung Verletzter aus Schiffsinnenräumen.
Das 22 Meter lange, sechs Meter breite, 1,60 Meter tiefgehende und elf Knoten laufende Schiff wird von zwei Cummins-Motoren angetrieben. Diese Maschinen sind nahezu baugleich mit denen der neueren Seenotrettungsboote der DGzRS. Das ermöglicht an Bord des Trainingsschiffes auch die technische Aus- und Fortbildung der Seenotretter.
Gebaut wurde das Trainingsschiff auf der Schiffswerft Hermann Barthel in Derben an der Elbe. Die Werft in Sachsen-Anhalt, gelegen zwischen Magdeburg und Brandenburg an der Havel, hat große Erfahrung im Bau ähnlicher Fahrzeuge.
Die Trainings auf den Stationen der Seenotretter werden im Zusammenspiel mit den Rettungseinheiten vor Ort erfolgen. Drei Besatzungsmitglieder werden das Trainingsschiff fahren. Acht Trainees beziehungsweise Freiwillige können an Bord untergebracht und auch an entsprechend ausgerüsteten technischen Navigationsplätzen geschult werden.
Groß angelegte Übung SAREx Neustadt 2021
Getauft wurde das Trainingsschiff am Rande der von der DGzRS ausgerichteten Seenotrettungsübung SAREx Neustadt 2021 (SAREx = Search and Rescue Exercise, Such- und Rettungsübung) vom 15. bis 19. September. Drei Seenotrettungskreuzer und fünf Seenotrettungsboote der DGzRS, ein SAR-Hubschrauber der Marineflieger sowie jeweils ein Schiff von Bundespolizei und Zoll trainieren dabei in der Lübecker Bucht die Koordinierung gemeinsamer Einsätze. Hinzu kommen Havaristen- und Verletztendarsteller.
Das Trainingsschiff der Seenotretter komplettiert die DGzRS-Trainingsflotte. Sie ist Teil der Seenotretter-Akademie, die alle Maßnahmen bündelt, um die Seenotretter umfassend auf ihre gefahrvollen Aufgaben vorzubereiten: (erste) Ausbildung, ständige Weiterbildung, regelmäßiges Training, an Bord, an Land und virtuell, für fest angestellte wie freiwillige Besatzungsmitglieder. Zur Akademie gehören neben der Trainingsflotte auch das Trainingszentrum Neustadt und externe Einrichtungen, das Simulatorzentrum in der DGzRS-Zentrale sowie eine elektronische Lernplattform.
25 Jahre Seenotretter-Trainingszentrum Neustadt i. H.
Das Trainingszentrum der Seenotretter in Neustadt i. H. nahm im Spätsommer 1996, vor genau 25 Jahren, seinen Betrieb auf dem Wieksberg auf. Die Trainer der Seenotretter nutzen seit jeher die Anlagen des Einsatzausbildungszentrums Schadensabwehr der Deutschen Marine (EAZS M) mit Brandhalle, Leckabwehrtorso, Rettungsmittelübungshalle und der Hulk „Köln“. 2004 erwarb die DGzRS das Gebäude der ehemaligen Standortverwaltung. Seither verfügt sie auf 900 Quadratmetern Nutzfläche über eigene Unterrichtsräume und Unterbringungsmöglichkeiten für die Seenotretter und für ihre Ausrüstung.
Zum Trainingsprogramm insgesamt gehören 18 verschiedene Lehrgänge. Neben Sicherheits- und Grundlagenkursen wie Seemannschaft, Manövrieren und Schleppen sind darunter solche zu Navigation, Motorenkunde und Englisch für Seeleute sowie spezielle Fortbildungen zum Erhalt der Rettungssanitäter-Qualifikation und für die freiwilligen Seenotärzte der DGzRS. Für die praktische Ausbildung auf See stehen vier eigene Trainingsboote der Trainingsflotte zur Verfügung, zu der zusätzlich nun das neue Trainingsschiff gehört. Auch die Rettungseinheiten der umliegenden DGzRS-Stationen beteiligen sich an den Trainings.
Gegründet unter dem Namen SAR-Schule der DGzRS, Außenstelle Neustadt i. H., später als Ausbildungsstation bezeichnet, heißt dieser Teil der Anfang 2019 geschaffenen Seenotretter-Akademie nun Trainingszentrum der DGzRS. 20 Freiwillige und Festangestellte sind heute dort tätig, einige sind Ehemalige der Marine oder der Bundespolizei, andere hauptberuflich bei Berufsfeuerwehren oder im Landrettungsdienst beschäftigt.
Rund 6.500 Teilnehmer haben die Lehrgänge bisher durchlaufen, ganz überwiegend Seenotretter der DGzRS. Aber auch Externe wie Feuerwehrleute, die im Einsatz mit der DGzRS hinausfahren, oder Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland waren darunter. Gäste aus 14 verschiedenen Nationen sind registriert.
Die DGzRS ist zuständig für den maritimen Such- und Rettungsdienst in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hält sie rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote auf 55 Stationen zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten einsatzbereit – rund um die Uhr, bei jedem Wetter. 180 fest angestellte und rund 800 freiwillige Seenotretter fahren Jahr für Jahr rund 2.000 Einsätze. Die gesamte unabhängige und eigenverantwortliche Arbeit der Seenotretter wird ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert, ohne Steuergelder. Seit Gründung der DGzRS 1865 haben ihre Besatzungen mehr als 85.500 Menschen aus Seenot gerettet oder drohenden Gefahren befreit. Schirmherr des Rettungswerkes ist der Bundespräsident.
Weitere Informationen unter seenotretter.de
Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)
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