„Durch einen gesundheitsbewussten Lebensstil ließen sich deutschlandweit fast 40 Prozent aller Krebsfälle vermeiden. Ein Zehntel davon, nämlich rund vier Prozent, gehen allein auf das Konto von Infektionen“, sagt Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ bei einem Pressetermin am 7. September. „Vielen Menschen fällt es nicht leicht, dauerhaft gesund zu leben. Dagegen sind Impfungen gegen Krebs eine sehr einfache Möglichkeit, das persönliche Krebsrisiko zu senken.“ Zu den Krebsimpfungen zählt neben der HPV-Impfung auch die Hepatitis-B-Impfung für Säuglinge.
„Umso erstaunlicher ist es, dass weniger als 50 Prozent der 15-jährigen Mädchen und nur ein verschwindend geringer Anteil an Jungen vollständig gegen HPV geimpft sind“, konstatiert Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Mehrere Tausend Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an HPV-bedingtem Krebs, der die Gebärmutter aber auch zum Beispiel den Penis oder den Mund-Rachen-Raum betreffen kann. Das wäre vermeidbar, wenn wir eine Impfquote von 80 Prozent erreichen. Andere Länder machen uns dies mit Erfolg vor. In Deutschland fehlt es bislang an Strukturen und Strategien, die Kinder und Eltern automatisch an die Impfung erinnern.“
Anlässlich der Nationalen Krebspräventionswoche informieren Deutsche Krebshilfe und DKFZ jedes Jahr über vermeidbare Krebsrisikofaktoren. Unter dem Motto „Pikst kurz, schützt lang – mach dich stark gegen Krebs!“ steht vom 13. bis 17. September 2021 das Thema „Impfen gegen Krebs“ im Fokus. In diesem Jahr ist die DKG erstmals Partner der Aktionswoche. „Damit bündeln wir unser Engagement im Bereich der Krebsprävention, für das sich auch unsere Landeskrebsgesellschaften bereits seit vielen Jahren einsetzen“, sagt Professor Dr. Thomas Seufferlein, Präsident der DKG.
HPV-Impfung schützt vor Krebs
Es gibt über 200 verschiedene HPV Typen, 12 davon werden von der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) als krebserregend eingestuft. Die meisten sexuell aktiven Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV. „Die Infektion verläuft in der Regel unbemerkt, sie kann aber auch zu Zellveränderungen, Krebsvorstufen und schließlich Krebs führen“, erklärt Professor Dr. Sigrun Smola, Virologin am Universitätsklinikum des Saarlandes. „Ich erforsche mit meinem Team, wie HPV-bedingter Krebs entsteht und wie die Krebsprävention verbessert werden kann. Am wichtigsten ist es, dass wir den Krebs verhindern, indem wir dafür Sorge tragen, dass Kinder gegen HPV geimpft werden.“
Gebärmutterhalskrebs ist die häufigste HPV-bedingte Krebsart. Die Fernsehköchin Felicitas Then musste Anfang des Jahres am eigenen Leib erfahren, was die Diagnose bedeutet. „Heute geht es mir wieder gut, aber eine sehr schwere Zeit liegt hinter mir. Nun möchte auch etwas Positives aus meiner Erkrankung ziehen und Menschen vor meinem schlimmen Schicksal bewahren. Deshalb mache ich mich heute stark für die HPV-Impfung. Ich kann alle Mütter und Väter, Mädchen und Jungen nur auffordern: Informiert euch und nutzt die Chance, die die HPV-Impfung bietet: Sie schützt vor Krebs, das sollte man sich immer wieder bewusstmachen.“
Wie kann die Impfquote gesteigert werden?
Ein Grund für die niedrigen Impfquoten in Deutschland sind nach Einschätzung von Dr. Thomas Fischbach, Präsident vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), die zu geringen Teilnehmerraten an den Untersuchungen U10 und U11 für Kinder im Grundschulalter. Diese werden von vielen, nicht aber von allen Krankenkassen bezahlt. „Wir müssen Eltern schon bei der U9 darüber informieren, dass es weitere wichtige Untersuchungen gibt und das zusätzliche Checkheft für die U10, U11 und J2 stärker nutzen. Auch Krankenkassen sind aufgefordert, mehr für diese Untersuchungen zu werben. Zudem richte ich einen Appell an alle Kinder- und Jugendärzte: Unabhängig von den Kinderuntersuchungen sollten sie jede Gelegenheit für die HPV-Impfung nutzen, die sich ergibt.“
Ein weiterer Hebel, um die Impfquote zu steigern, ist die Aufklärung in der Schule. „HPV wird in der Schule im Rahmen der Sexualkunde oft nicht thematisiert“, berichtet Dr. Heike Kramer, Vorstandsvorsitzende der Ärztlichen Gesellschaft für Gesundheitsförderung (ÄGGF). Ärztinnen und Ärzte der ÄGGF besuchen Schulen und führen dort ärztliche Informationsstunden für Schüler durch. „Unsere Evaluationen zeigen, dass das Wissen und die Impfmotivation dadurch signifikant und nachhaltig gesteigert werden können.“
Aktionen in der Nationalen Krebspräventionswoche 2021
Ein riesiges HPV-Virus zum interaktiven Spielen und Lernen
Anlässlich der diesjährigen Nationalen Krebspräventionswoche informieren zwei Mitmachstationen in Form riesiger HP-Viren interaktiv und kindgerecht über Impfungen, HPV und Krebs. Die Stationen sind vom 7. September bis 17. Oktober in der DASA Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund und vom 7. September bis 3. Oktober im Technoseum in Mannheim zu sehen und können dort ausprobiert werden.
Fotoausstellung: HPV hat viele Gesichter
Die Fotoausstellung „HPV hat viele Gesichter“ mit Begleitbroschüre versucht eine Annäherung an die Geschichten von sechs Menschen mit der Diagnose Krebs, bei denen eine HPV-Infektion und deren Folgen zum ständigen Begleiter im Leben wurden. Die Wanderausstellung ist zunächst ab dem 13. September 2021 in Heidelberg im DKFZ zu sehen. Danach gehen die Bilder auf Wanderschaft.
Weitere Informationen zur Krebspräventionswoche unter:
www.dkfz.de/krebspraeventionswoche
www.krebshilfe.de/krebspraeventionswoche
www.krebsgesellschaft.de/nationale-krebspraeventionswoche.html
Das Nationale Krebspräventionszentrum
Die Präventionswoche ist Teil der Aktivitäten des Nationalen Krebspräventions-zentrums, das das DKFZ und die Deutsche Krebshilfe gemeinsam in Heidelberg aufbauen, um das große ungenutzte Potenzial der Krebsprävention zu heben. Das Nationale Krebspräventionszentrum bündelt unter einem Dach die umfangreiche Präventionsforschung des DKFZ, eine ambulante Präventionsklinik – in der unter anderem Präventionsstudien durchgeführt werden sollen – und ein Bürger-Informationszentrum. Experten werden dort – auch in Kooperation mit weiteren Krebszentren – wissenschaftlich fundierte Programme entwickeln, um Präventionsmaßnahmen an das persönliche Krebsrisiko anpassen zu können. Im Präventionszentrum sollen außerdem zielgruppengerechte Kampagnen entworfen werden, um gemeinsam mit weiteren Partnern das Bewusstsein für die Prävention bundesweit in die Breite zu tragen. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Nationale Krebspräventionszentrum mit 25 Millionen Euro.
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