Wie alltagstauglich sind moderne Vor-Ort-Schnelltestplattformen beim Einsatz in Arztpraxen? Dieser Frage gehen Forscher des Universitätsklinikums Jena (UKJ) im InfectoGnostics-Begleitforschungsprojekt „POCT-ambulant“ nach. In einer ersten, kürzlich veröffentlichten Evaluierung konnten sie zeigen, dass Thüringer Ärzte, Medizinische Fachangestellte und Patienten überaus zufrieden mit einem Vor-Ort-Schnelltestgerät waren und sich ein solches System gut in den Praxisalltag integrieren ließ.
Im Fokus der Evaluierung stand das Schnelltestsystem „ID NOW“ des Herstellers Abbott, dessen Ergebnisse von Gesundheitsämtern als gleichwertig zu einem PCR-Labortest anerkannt werden. Die Campus-Forscher werteten systematisch die Erfahrungen von insgesamt 215 Patienten, 22 Medizinischen Fachangestellten und 11 Ärzten aus verschiedenen Thüringer Standorten aus. “Wir wollten viele Perspektiven aus dem Praxisalltag einbeziehen, um ein möglichst realistisches Bild zu erhalten. Die Evaluierung soll als Blaupause für größere Studien mit anderen Tests und zusätzlichen Arztpraxen dienen. So wollen wir einen dauerhaften Austausch zwischen Forschung, Entwicklung und medizinischer Praxis in Thüringen etablieren“, erklärt Dr. Robby Markwart, einer der Autoren der Studie und Forscher im Projekt „POCT-ambulant“.
„Es war sehr beruhigend, es gleich zu erfahren.“ – Patienten schätzen das schnelle Vorliegen des Testergebnisses
Vor-Ort-Testsysteme konnten auch gut in die Abläufe der Thüringer Arztpraxen integriert werden und halfen schnell während der dritten COVID19-Welle, wie die am Projekt beteiligte Psychologin Anni Gläser erläutert: „Insgesamt fiel auch das Urteil des befragten Praxispersonals überwiegend positiv aus: Die große Mehrheit empfand den Test als zuverlässig, leicht auszuwerten und benutzerfreundlich. Verbesserungspotential sahen die Befragten vor allem bei den Kosten und dem zusätzlichen Aufwand.“
Wichtig war den Forschern des UKJ auch die Perspektive der Patienten, so Anni Gläser: „Die Akzeptanz bei Patienten und deren Vertrauen in die Testergebnisse ist ein relevanter Faktor bei der Evaluierung neuer Technologien für den regelmäßigen Einsatz in Arztpraxen. Der Großteil der Befragten zeigte sehr großes Vertrauen in das Testverfahren und die Ergebnisse. Zugleich war es für nahezu alle Patienten wichtig, dass sofort beim Besuch des Hausarztes ein Ergebnis vorliegt und alltagsrelevante Konsequenzen wie eine Quarantäne direkt abschätzbar sind – ohne ein Warten auf Laborergebnisse.“
Unabhängige Evaluierung der Testplattform
Abbott, der Hersteller des untersuchten Systems, ist mit seiner Jenaer Niederlassung „Rapid Diagnostics“ ebenfalls Mitglied im InfectoGnostics Forschungscampus. Das Unternehmen war jedoch nicht in die Evaluierung durch das UKJ involviert, wie Dr. Robby Markwart erklärt: „Uns war es wichtig, dass die Evaluierung unabhängig vom Hersteller der Tests abläuft. Organisiert wurde die Studie deshalb über die KVT, die in Kooperation mit Abbott deren Testplattform in ausgewählten Arztpraxen zur Verfügung gestellt hat.“ Erst nach Ablauf der Studie erfuhr Abbott die Ergebnisse, die zugleich auch durch die KVT der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurden.
Dr. Gunnar Sander, General Manager D-A-CH bei Abbott, betont, wie wichtig eine solche unabhängige Bewertung auch für die Hersteller solcher Vor-Ort-Tests ist: „Ein Schnelltestsystem muss sich möglichst reibungslos in den Praxis- und Klinikalltag einfügen und eine klare Diagnose für den Patienten bieten. Wir freuen uns, dass sich unser „ID NOW“-Schnelltestgerät in dieser Anwendung bewährt hat und einen tatsächlichen Mehrwert für die niedergelassenen Ärzte und Patienten in Thüringen bietet. Gleichzeitig hilft uns eine solche systematische Umfrage auch, Verbesserungspotenziale des Produktes zu erkennen.“
Der InfectoGnostics Forschungscampus Jena beschreitet als öffentlich-private Partnerschaft neue Wege in der Diagnostik von Infektionen und Erregern, wie z.B. Viren, Bakterien und Pilzen. InfectoGnostics wird durch das BMBF im Rahmen der Förderinitiative "Forschungscampus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen" mit zusätzlicher Unterstützung durch das Land Thüringen gefördert. Etwa die Hälfte des benötigten Etats finanzieren die beteiligten Partner.
Das Projekt "POCT-ambulant" wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Kennzeichen 13GW0461 gefördert.
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