»Das Quartier in Rot und die Hangweide bereichern mit ihren sehr spezifischen Qualitäten unser Projektportfolio, mit dem wir bis 2027 eine Ausstellung entwickeln, die international beachtet werden soll«, so IBA’27-Intendant Andreas Hofer. »Im Kern geht es um die Frage: Wie wollen wir als urbane Gesellschaft im 21. Jahrhundert zusammenleben? Wenn wir in enger Zusammenarbeit mit den Projekträgerinnen den eingeschlagenen Weg konsequent und mutig weiterverfolgen, bin ich sehr optimistisch, dass wir bis 2027 darauf wirklich zukunftsweisende und neue Antworten zeigen können.«
Ein urbanes Dorf für Kernen im Remstal
Auf der Hangweide, einem etwa acht Hektar großen Areal einer ehemaligen Einrichtung der Diakonie Stetten in Kernen im Remstal, entwickelt eine Projektgemeinschaft ein neues Quartier für mehr als 1.000 Menschen. Nach einer umfassenden Bürgerbeteiligung hat die Projektgemeinschaft zusammen mit der IBA’27 einen Städtebauwettbewerb durchgeführt, den im Herbst 2020 das Stuttgarter Büro UTA Architekten und Stadtplaner zusammen mit SIMA | BREER Landschaftsarchitektur aus Winterthur für sich entschieden haben. Das Konzept sieht als Leitbild ein dicht bebautes »urbanes Dorf« vor: Eine Kombination aus städtischem und dörflichem Leben mit unterschiedlichen Wohnformen und Eigentumsverhältnissen. Das Leitbild selbst baut auf zwei Säulen auf: Dem Städtebau mit klassischen Elementen eines Dorfes, verknüpft mit einer modernen Quartiers-Organisationsstruktur. Ziel ist es, ein Modell für ein neues solidarisches und gemeinschaftliches Zusammenleben im urbanen Raum zu entwickeln. Hinzu kommen Flächen für Nahversorgung, Gewerbe und Gemeinschaftseinrichtungen, eingebettet in großzügige öffentliche Freibereiche. Das Thema Inklusion aus der Geschichte der Hangweide soll verbunden werden mit der aktiven Förderung von Gemeinschaft. Eine als Genossenschaft organisierte »Quartiersmeisterei« soll sich um die Organisation und den Betrieb der neuen Dorfgemeinschaft kümmern. Hinzu kommt ein ambitioniertes Konzept für das Energie-, Mobilitäts- und Wassermanagement.
»Wir freuen uns sehr, dass der IBA’27-Aufsichtsrat die Aufnahme unseres Quartiersprojekts Hangweide in die IBA’27 befürwortet«, sagt Kernens Bürgermeister Benedikt Paulowitsch stellvertretend für die Projektgemeinschaft Hangweide, bestehend aus der Gemeinde Kernen, der LBBW Kommunalentwicklung KE sowie der Kreisbaugruppe des Rems-Murr-Kreises. »Wir sind überzeugt, dass das Projekt Hangweide in mehrfacher Hinsicht Vorbildcharakter erreichen wird mit Strahlkraft für die gesamte Region.« Die Resonanz auf die Ausschreibung des städtebaulichen Wettbewerbs habe gezeigt, dass die Projektgemeinschaft gemeinsam an etwas Großem arbeite, so Paulowitsch weiter. Die Hangweide könnte als großes Entwicklungsgebiet im Rems-Murr-Kreis der nächste Baustein in der Strategie des Landkreises zur Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum sein. Das Areal bietet die Chance, im Einklang mit Klimaschutzzielen von Kommune und Kreis Zukunftsthemen umzusetzen – etwa innovative Mobilität und nachhaltige Energiekonzepte.
Andreas Hofer sagt: »Das Motiv des urbanen Dorfes versöhnt die ländlichen Wurzeln des Remstals mit den städtischen Qualitäten des Großraums Stuttgart. Die Projektträger haben zudem erkannt, dass ein Quartier dieser Größe ein gutes Betriebssystem braucht und die Idee der Quartiersgenossenschaft entwickelt. Das alles macht die Hangweide zu einem Pionierprojekt, das zum Vorbild für viele Kommunen in Baden-Württemberg und drüber hinaus werden kann.«
Erneuerung von Wohngenossenschaften in Stuttgart-Rot
Im Stadtteil Rot im Norden Stuttgarts sollen von 2024 an auf einem rund zwei Hektar großen Areal innerhalb einer bestehenden Siedlung aus den 1950er-Jahren bis zu 280 Wohneinheiten entstehen. Die zwei Projektträgerinnen Neues Heim – Die Baugenossenschaft eG und Baugenossenschaft Zuffenhausen eG (BGZ) haben dazu in Kooperation mit der IBA’27 einen städtebaulichen Realisierungswettbewerb ausgeschrieben, der international auf große Resonanz gestoßen war: mehr als 100 Büros aus aller Welt hatten sich für eine Teilnahme beworben. Der erstplatzierte Entwurf des Architekturbüros ISSS Research Architecture Urbanism aus Berlin zusammen mit topo*grafik aus Marseille sieht zehn große Gebäude vor, die sich um ein Netz von kleinen Plätzen und eine zentrale »Gemeinschaftswiese« gruppieren. Die Erdgeschosse bieten Raum für Gewerbe und gemeinschaftliche Einrichtungen, darüber sind unterschiedlichste Wohnungstypen vorgesehen. Das Konzept sieht außerdem vor, die Häuser in Holzhybrid-Bauweise zu bauen und das Quartier lokal und nachhaltig mit Energie zu versorgen. Mit der Neubebauung soll eine Quartiersentwicklung vorangetrieben werden, die generationengerechtes Wohnen auch für Menschen mit Einschränkungen und Pflegebedarf ermöglicht. Um die vor Ort lebenden Menschen in die weiteren Planungen einzubinden, wurde mit Förderung des Landes Baden-Württemberg mitten im Quartier schon jetzt eine »Laborbühne« errichtet. Hier soll es Veranstaltungen und Aktionen zu Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Zusammenleben in Gemeinschaft sowie Beteiligung und Teilhabe geben.
Bernd Heinl, Technischer Leiter der BGZ, sagt: »Die Auszeichnung als IBA’27-Projekt bedeutet für uns Anerkennung für unsere ambitionierten Ziele, ein bestehendes Nachkriegsquartier aus den 50er-Jahren nicht nur einfach zu erneuern, sondern mit hoher architektonischer Qualität und Vielfalt, unterschiedlichen Wohnformen, Einbindung sozialer Einrichtungen, dem hohen Aufenthaltscharakter der Freiflächen, einem zukunftsweisenden Energie- und Mobilitätskonzept und vielem mehr neu zu erfinden.« Gisbert Renz, Technischer Vorstand der BG Neues Heim: »2018 wurde mit dem Start der Projektsammlung für das IBA’27-Netz dazu aufgerufen, die Zukunft der Region Stuttgart neu zu denken und Experimente zu wagen. Die Auszeichnung unseres Vorhabens als IBA’27-Projekt zeigt, wie innovativ Bestandsgenossenschaften sein können. Wir sehen diese Auszeichnung als besondere Chance und Herausforderung für den gesamten Stadtteil Stuttgart-Rot.«
»Das Projekt in Rot zeigt exemplarisch, wie mit vorbildlichen Prozessen Wohnungsbestände aus den 1950er- und 60er-Jahren sozial verantwortungsbewusst und mit Blick auf den Klimawandel ergänzt und erneuert werden können«, so IBA’27-Intendant Andreas Hofer. »Große Bestandshalter haben den Vorteil, dass sie ganzheitliche Strategien entwickeln können, die Erneuerung zulassen und gleichzeitig günstigen Wohnraum schützen. Der Entscheid für einen Teilabriss wurde dabei sorgfältig abgewogen. Mittelfristig entsteht mehr und vielfältigerer Wohnraum. Aus einer reinen Wohnsiedlung soll ein lebendiges Quartier entstehen, das gemeinschaftliche Wohn- und Arbeitsmodelle, barrierearmes Wohnen und Pflegeangebote mit typologischer Vielfalt, hoher Freiraumqualität und ökologischem Bauen verbindet.«
Hintergrund
Genau 100 Jahre nachdem die europäische Architekten-Avantgarde in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung ihr damals radikales »Wohnprogramm für den modernen Großstadtmenschen« vorstellte, soll die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) ganz neue Antworten finden auf die Frage: Wie leben, wohnen, arbeiten wir im digitalen und globalen Zeitalter?
Gesteuert wird die Bauausstellung von der IBA’27 StadtRegion Stuttgart GmbH. Gesellschafter sind die Landeshauptstadt Stuttgart, der Verband Region Stuttgart und die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH, die Architektenkammer Baden-Württemberg sowie die Universität Stuttgart. Die Gesellschafter übernehmen anteilig die laufende Finanzierung der GmbH. Das Land Baden-Württemberg unterstützt die IBA’27 in den Jahren 2018 bis 2027 mit insgesamt 2,5 Millionen Euro.
Rund 150 Projekteinreichungen hat die IBA’27 seit ihrem Projektaufruf im Oktober 2018 erhalten. Fast 90 Einreichungen, die sich ehrgeizig mit der Zukunft des Bauens, Wohnens und Arbeitens in der Stadtregion Stuttgart auseinandersetzen, sind seitdem in das IBA’27-Netz aufgenommen worden. Zusammen mit dem IBA’27-Forum – der offenen Diskussionsplattform der IBA – ist so ein breites Netzwerk aus Vorhaben, Menschen und Organisationen entstanden, die die IBA’27 auf dem Weg ins Ausstellungsjahr bereichern.
Aus dem Netz identifiziert das interdisziplinäre Team der IBA’27 im Austausch mit den Einreichenden Vorhaben, die besonderes Potenzial für eine ambitionierte Weiterentwicklung bis zum Jahr 2027 haben. Sie werden vom Aufsichtsrat auf Empfehlung des international besetzten Kuratoriums als IBA’27-Projekte ernannt und intensiv vom Team der IBA’27 begleitet. Vorhaben, die bis Ende 2021 eingereicht werden, können noch zum IBA’27-Projekt werden. Aus IBA’27-Netz, IBA’27-Projekten und IBA’27-Quartieren wird schließlich die besuchbare Ausstellung kuratiert, die im Jahr 2027 international relevante Zukunftsideen erlebbar macht.
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