Doch Vogt hatte schon lange vor Bekanntwerden der Datenaffäre im Herbst 2020 Kontakt zu den Ermittlern. Er räumt ein, schon "im Frühjahr 2020" eine Person aus dem Kosmos Esecon getroffen zu haben, "auf Empfehlung eines Vertreters des DFB". ZEIT ONLINE vorliegende Dokumente zeigen, dass Esecon im Herbst 2020 den VfB-Präsidenten auch strategisch beraten hat. Dafür bezahlte der VfB nach Berechnungen von ZEIT ONLINE mindestens 11.800 Euro.
Zudem widerspricht ein Gutachten der Kölner Anwaltskanzlei Seitz, das ZEIT ONLINE ebenfalls vorliegt, der verbreiteten Darstellung, die Ermittlungen der Firmengruppe Esecon zur Aufklärung der Datenaffäre beim VfB Stuttgart seien vereinsintern massiv behindert worden. Die Debatte in der Vereinsführung über den Umfang des Mandats für die Ermittler habe sich "im rechtmäßigen Rahmen" bewegt, schreiben die Juristen in dem Gutachten vom 4. Februar. Es sei "derzeit nicht ersichtlich", dass relevante Aufklärungsschritte unterblieben seien. "Ebenso liegen keine Erkenntnisse zu einem aktiven ‚Behindern‘ der Untersuchungsmaßnahmen vor."
Ende September 2020 hatte der Kicker enthüllt, dass Mitarbeiter des VfB vor einigen Jahren vertrauliche Mitgliederdaten an einen externen Dienstleister weitergegeben hatten, um die öffentliche Meinung im Sinne der umstrittenen Ausgliederung der Fußballsparte in eine AG zu beeinflussen. Daraufhin eskalierte der Machtkampf beim VfB Stuttgart öffentlich. Der Präsident Claus Vogt erklärte die Aufklärung zur Chefsache und hat seither immer wieder von internen Widerständen gesprochen, gegen die er habe kämpfen müssen. Im Februar 2021 verließen mehrere Führungskräfte den Verein. Schon seit Vogts Amtsantritt im Dezember 2019 hatte es interne Querelen gegeben, etwa über Vogts Idee, eine Gruppe externer Experten an den VfB zu binden ("Wirtschaftsrat des Präsidenten").
Nach Recherchen von ZEIT ONLINE ließ Vogt in diesem Zusammenhang sogar ein internes Sitzungsprotokoll verfälschen. ZEIT ONLINE liegt ein E-Mail-Wechsel zwischen Vogt und dem damals fürs Protokoll zuständigen Mitarbeiter vor, in dem der Präsident darauf drängt, im Nachhinein den ihm wichtigen, in der Sitzung aber offenbar nicht gefällten Beschluss hineinzuschreiben. Auf Anfrage von ZEIT ONLINE widerspricht Vogt dem Vorwurf und sagt, er sei ihm "nicht bekannt". Am kommenden Sonntag, den 18. Juli, werden auf der Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart das Präsidium und der Vereinsbeirat neu gewählt.
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