„Deutschland hat seit Jahren kein ausreichendes Kapitalangebot für Unternehmen der Biotechnologiebranche“, kritisiert auch Prof. Dr. Christof Hettich, Partner bei RITTERSHAUS Rechtsanwälte. „Wir müssen bessere rechtliche Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass innovative Unternehmen sich über einen Börsengang am deutschen Aktienmarkt das notwendige Wachstumskapital besorgen können. Das Aktienrecht sollte so geöffnet werden, dass Aktiengesellschaften bei Vorliegen einer deutlichen Mehrheit von geltenden Rechtsfiguren abweichen können, etwa dem eingeschränkten Ausschluss des Bezugsrechts oder dem Verbot des Mehrfachstimmrechts.“
Deutschland fehlt ein leistungsfähiger Kapitalmarkt
Die Studie basiert auf Interviews mit Vertretern von Unternehmen mit einer Börsennotiz im Ausland und einer Auswertung der Literatur. Sie belegt, dass es in Deutschland zu wenige finanzstarke Kapitalgeber gibt, die das Wachstumspotenzial von Börsenkandidaten wie beispielsweise aus dem Biotechnologiebereich einschätzen können und auf kleinere Emissionen von Wachstumsunternehmen spezialisiert sind. Die Emissionsbanken und Analysten konzentrieren ihr Geschäft weitgehend auf größere Unternehmen, da sich bei kleineren Börsengängen der Aufwand für sie nicht lohnt.
Handlungsempfehlungen an die Politik
Um Deutschland mit Blick auf die Finanzierung von Wachstumsunternehmen besser aufzustellen, empfehlen die Autoren der Studie der Politik ein Maßnahmenpaket. Die Umsetzung dieser Vorschläge wird den deutschen Kapitalmarkt stärken und Wachstumsunternehmen aus kapitalintensiven Zukunftsbranchen den Zugang zu ausreichend Kapital erleichtern.
Damit in Deutschland mehr Finanzierungsmittel über den Kapitalmarkt zur Verfügung gestellt werden, braucht es ein Ansparverfahren mit Aktien in der Altersvorsorge. Andere Länder, wie beispielsweise Schweden oder die USA, zeigen, dass die Menschen davon im Alter profitieren und die finanzstarken Pensionsfonds in diesen Ländern dafür sorgen, dass die Entwicklung von Wachstumsunternehmen und Börsengängen einen nachhaltigen Schub erhält. Zwischen dem Altersvorsorgesystem und mehr Börsengängen gibt es einen positiven Zusammenhang.
Um Aktien für die Altersvorsorge und den Vermögensaufbau noch attraktiver zu machen, müssen die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Die Wiedereinführung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei Aktien nach einem Jahr, wie sie auch für Bitcoins und Gold gilt, ist dabei ein wichtiger Aspekt.
Dringender Reformbedarf besteht auch im deutschen Aktienrecht, das auf die Bedürfnisse von Wachstumsunternehmen nicht zugeschnitten ist. So flüchten viele deutsche Unternehmen beispielsweise ins niederländische Recht, weil dieses ihnen beim Bezugsrechtsausschluss und der Höhe des genehmigten Kapitals größere Flexibilität einräumt.
Angesichts der vielen Kapitalmarktpflichten, die Unternehmen mit dem Gang an die Börse zu beachten haben, wäre es angemessen, jungen Wachstumsunternehmen eine mehrjährige Eingewöhnungsphase einzuräumen, in der sie nur einen Teil ihrer kapitalmarktrechtlichen Pflichten erfüllen müssen. In den USA gibt es bereits eine solche Phase, andere Länder wie beispielsweise Großbritannien denken laut darüber nach, sie einzuführen.
„Deutschland ist nicht nur ein weltweit anerkannter, sondern auch führender Forschungsstandort, wie unsere Impfstoffhersteller zuletzt gezeigt haben. Jetzt müssen wir alles tun, damit auch die Finanzierung von Wachstumsunternehmen in Deutschland Weltklasse wird“, unterstreicht Hettich.
„Ein leistungsfähiges Ökosystem Kapitalmarkt entsteht nicht über Nacht, sondern ist das Ergebnis wegweisender politischer Entscheidungen. Jetzt zu handeln und ein Ansparverfahren mit Aktien in der Altersvorsorge einzuführen, ist angesichts der Debatte über die Tragfähigkeit der gesetzlichen Rente ideal. Die nächste Bundesregierung muss das Thema deshalb zeitnah neu regeln“, fordert Bortenlänger.
Die Studie "Auslandslistings von BioNTech, CureVac und Co. – Handlungsempfehlungen an die Politik für mehr Börsengänge in Deutschland" finden Sie hier.
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