Wasserstoffregion nimmt Fahrt auf: Förderbescheide für konkrete Projekte in der Metropolregion Rhein-Neckar

  • Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI Steffen Bilger übergibt Förderbescheide
  • Sieben Teilprojekte von H2Rivers beginnen mit der Umsetzung ihrer Maßnahmen
  • Breit aufgestellte Wertschöpfungskette für Wasserstoff-Mobilität wird Realität

Sieben Mobilitätsteilprojekte des HyPerformer-Projektes „H2Rivers“ der Metropolregion Rhein-Neckar können ab heute mit der praktischen Umsetzung ihrer geplanten Maßnahmen beginnen. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI), Steffen Bilger, überreichte die Förderbescheide zur Finanzierung bei einem Termin im Betriebshof der rnv in Ludwigshafen-Rheingönheim und sagte: "Mit dem Programm "HyLand – Wasserstoffregionen in Deutschland" fördert das BMVI integrierte regionale Wasserstoff-Konzepte.  Die Metropolregion Rhein-Neckar ist als HyPerformer-Region schon in der praktischen Umsetzung. Das Projekt H2Rivers zeigt, wie man die Wasserstoff- und Brennstoffzellen- Technologie in den Markt bringt. Hier gehen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand."

Die Entwicklung der Metropolregion Rhein-Neckar und des mittleren Neckarraums als Wasserstoffregion wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP2) mit insgesamt 20 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. Das Konsortium „H2Rivers“ war unter Führung der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH Ende 2019 als einer von drei Bewerbern als HyPerformer in der höchsten Förderkategorie des HyLand-Wettbewerbs ausgezeichnet worden. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.

Die ersten sieben Förderbescheide mit einem Gesamtvolumen von 16.538.392,50 € gehen an folgende Projekte in Heidelberg, Ludwigshafen, Mannheim und Esslingen:

Airliquide „H2ub“ 

Auf der Friesenheimer Insel in Mannheim entsteht das zentrale Wasserstoff-Hochdruckabfüllcenter „H2ub“ mit einer Kapazität von 3 Tonnen H2 pro Tag. Es wird damit Herz und Rückgrat sämtlicher Mobilitätsanwendungen des Gesamtvorhabens H2Rivers sein. Air Liquide wird die Verdichtungsanlage als Partner im Konsortium errichten.

Das H2ub fasst den Wasserstoffbedarf vieler Einzelprojekte zusammen und ermöglicht so die Versorgungssicherheit zu wirtschaftlichen Bedingungen. Produziert wird der grüne Wasserstoff in großtechnischen Erzeugungsanlagen im benachbarten Werk der BASF in Ludwigshafen. Im H2ub wird der Wasserstoff für den Einsatz in Brennstoffzellen aufgereinigt und für die Abfüllung in Tankwagen verdichtet. 

Über den H2ub sollen sowohl bestehende als auch künftige H2-Mobilitätsanwendungen in der Region mit Wasserstoff versorgt werden. Für den notwendigen Transport des Wasserstoffs vom zentralen Abfüllcenter zu den Tankstellen werden außerdem insgesamt 12 Wasserstoff-Tankwagen beschafft, die als zusätzliche mobile Vorratsspeicher genutzt werden können. 

Das Vorhaben wird durch das BMVI mit 5.024.000 € gefördert. 

Gilles Le Van, Vorsitzender der Geschäftsführung der Air Liquide Deutschland GmbH: 

“In der aktuellen Debatte rund um Wasserstoff liegt das Hauptaugenmerk auf der Erzeugung. Das ist richtig, denn hier müssen wir Fahrt aufnehmen. Daneben stellt sich aber auch die Frage, wie der Wasserstoff zum Anwender kommt. Auch hierfür brauchen wir neue Lösungen und gemeinsame Kraftanstrengungen: Air Liquide ist stolz, mit dem zentralen Wasserstoff-Verteilzentrum “H2ub” in Mannheim dazu beizutragen, dass wir den Wasserstoff effizient in die Region bringen und Wasserstoff-Mobilität für verschiedene Verkehrsträger möglich machen.” 

H2 Mobility Wasserstofftankstellen 

H2 MOBILITY ist ein Joint Venture von Unternehmen aus der Mineralöl- und Gasindustrie, Fahrzeugherstellern sowie weiteren assoziierten Partnern. Sie ist verantwortlich für den flächendeckenden Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland und errichtet im Rahmen des Projektes zwei leistungsfähige öffentliche Wasserstofftankstellen in Ludwigshafen und Umgebung. Die Tankstellen verfügen jeweils über Zapfsäulen für 350 bar (Busse, LKW) sowie 700 bar (PKW, leichte Nutzfahrzeuge) und sind somit für das gesamte Spektrum an bestehenden und kommenden Brennstoffzellenfahrzeugen einsetzbar. Das BMVI fördert das Vorhaben mit  5.136.000,00 €.  

Nikolas Iwan, Geschäftsführer H2 MOBILITY Deutschland GmbH & Co.KG: „Wasserstoffmobilität wird einen großen Beitrag zur Reduzierung der Emissionen im Straßenverkehr leisten. Dafür muss die Infrastruktur in Vorleistung gehen, denn nur wo ein verlässliches H2-Tankstellennetz besteht, wird auch der Umstieg gelingen – bei der Individualmobilität, im ÖPNV und in der Logistik. Projekte wie H2Rivers sind essenziell, weil so der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur mit dem Hochlauf der Fahrzeuge abgestimmt gelingt.“

Abfallsammelfahrzeuge 

Die Städte Heidelberg, Ludwigshafen und Mannheim erhalten innerhalb des Projektes H2 Rivers und im Zuge ihres 2018 gemeinsam erarbeiteten Masterplans Nachhaltige Mobilität (Green City Plan) jeweils ein Wasserstoff-Abfallsammelfahrzeug für die städtischen Entsorgungsbetriebe. Ziel ist, durch den Einsatz der drei Fahrzeuge Erfahrungen in der praktischen Anwendung zu sammeln, die Emissionen des Verkehrs nachhaltig zu minimieren und die städtischen Fuhrparks sukzessive auch in anderen Fahrzeugbereichen auf emissionsfreie Antriebskonzepte umzustellen.

Die Beschaffung wird im Rahmen des NIP 2 Schwerpunkt Nachhaltige Mobilität über den Aufruf „Förderung von Abfallsammelfahrzeugen und Kehrfahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb“ mit 756.932 € für Heidelberg, 605.231 € für Ludwigshafen und 744.000 € für Mannheim gefördert. 

„Brennstoffzellenmobiliät, die Umwandlung von chemischer in elektrische Energie, ist ein wichtiger Baustein zur Diversifizierung der Antriebssysteme. Brennstoffmobilität ist die Mobilität der Zukunft und wir als Stadtverwaltung sind sehr stolz, unseren Teil zum flächendeckenden Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur beitragen zu können.“, sagt Alexander Thewalt, Leiter des Dezernats Bau, Umwelt und Verkehr, WBL der Stadtverwaltung Ludwigshafen.  

Peter Nebel, Werkleiter des Wirtschaftsbetriebs Ludwigshafen (WBL), ergänzt: „Der Einsatz von wasserstoffgetriebenen kommunalen Fahrzeugen ist für uns die eine große Chance, die Alltagstauglichkeit dieser Technologie zu demonstrieren und unser Beitrag zur Emissionsminderung für die Menschen in Ludwigshafen. Wir freuen uns sehr, als Konsortialpartner in dem deutschlandweit einzigartigen Projekt „H2-Rivers“ aktiv mitwirken zu können.“

Heidelbergs Bürgermeister für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität, Raoul Schmidt-Lamontain, hob die Vorteile für seine Stadt hervor: „Der Brennstoffzellenantrieb bietet die Möglichkeit, den Fuhrpark auch im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge auf emissionsfreie Antriebe umstellen zu können, und stellt damit einen weiteren wichtigen Meilenstein bei der Dekarbonisierung der städtischen Fahrzeugflotte dar. “

Leasingfahrzeuge durch die Kazenmaier Fleetservice GmbH 

Die Kazenmaier Fleetservice GmbH erhält für die Beschaffung von 90 Fahrzeugen sowie einer Tankstelleneinheit für die Gabelstapler mit Brennstoffzellenantrieb 3.883.729 €. 

Innerhalb des Projektes H2Rivers ist die Firma Kazenmaier zentraler Mobilitätspartner für die Firma BASF SE am Standort in Ludwigshafen sowie Leasingpartner für die Einführung der H2-Busse im Rems-Murr-Kreis. Für weitere Interessenten werden im Projektgebiet zusätzliche H2-Fahrzeuge und Nutzfahrzeuge zur Verfügung gestellt. 

„Mit dem Projekt H2-River arbeiten wir weiter an der technologieoffenen Zukunft der Mobilität. Wir setzen auf Wasserstoff in aus technischen, ökonomischen und ökologischen sinnvollen Anwendungen.“ sagt Max Nastold, Geschäftsführer Kazenmaier Fleetservice GmbH.

Pilotserienfahrzeuge im Landkreis Esslingen

Das Teilprojekt „Emissionsfreie Straßenmeisterei (LKES²)“ des Landkreises Esslingen erhält für die Beschaffung von zwei BrennstoffzellenStraßenbetriebsdienstfahrzeugen 388.500 €.  

Die Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von 4,6 Tonnen werden als Pilotserienfahrzeuge aufgebaut. Bei dem Projekt kooperiert der Landkreis Esslingen mit der Hochschule Esslingen, dem Unternehmen Elektrofahrzeuge Stuttgart (EFA-S) und weiteren Partnern aus der regionalen Wirtschaft. Die Vorteile dieses Fahrzeugkonzepts liegen nach Einschätzung der Experten aus Wissenschaft und Praxis in den sehr guten Marktperspektiven. Sie können nicht nur in Straßenmeistereien zum Einsatz kommen, sondern bilden auch das klassische Nutzungsspektrum eines Fahrzeugs in kommunalen Bauhöfen ab. Ein weiterer Vorteil dieses Fahrzeugkonzeptes liegt darin, dass die bereits bestehenden Wasserstoff-Tankstellen mit dem weiter verbreiteten 700 bar-System genutzt werden können.

„Mir war es immer wichtig, nicht in Konzepten zu verharren, sondern zu handeln. Unser Projekt ist beispielgebend für die Innovationskraft der Unternehmen, Einrichtungen und Hochschulen in unserem Landkreis. Mit solchen Projekten können wir Impulse für eine erfolgreiche Gestaltung des Strukturwandels setzen“, sagt Heinz Eininger, Landrat des Landkreises Esslingen.

Die Geschäftsführer der gastgebenden Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) äußerten sich als künftige Nutzer der Wasserstoffmobilität.

Christian Volz: „Als lokales Verkehrsunternehmen und auch als heutiger Gastgeber freuen wir uns über die überreichten Förderbescheide für unsere Konsortialpartner. Auch wir wollen beim Aufbau einer Wasserstoff-Ökonomie in der Metropolregion Rhein-Neckar einen Beitrag leisten und haben daher die Beschaffung von 8 Wasserstoff-Gelenkbussen beantragt. Damit können wir einerseits die benötigte Nachfrage an Wasserstoff gewährleisten und gleichzeitig die Elektrifizierung unserer Busflotte vorantreiben. Unser Credo ist dabei natürlich nicht „koste es, was es wolle“, sondern „wir investieren in die Zukunft“, für unsere Kunden und Fahrgäste. Denn wenn wir, wenn der ÖPNV weiterhin einer der wichtigsten Beiträge zum Erreichen unserer gemeinsamen Klimaschutzziele bleiben soll, dann müssen wir kreativ sein, dann müssen wir Lösungen nicht nur suchen, sondern wollen diese eben auch finden. Hier eröffnen sich jetzt völlig neue Möglichkeiten, hier erkennen wir echte Chancen, hier sehen wir eine reelle und bezahlbare Grundlage für stabile Antriebe und einen weiterhin zuverlässigen sowie umweltfreundlichen ÖPNV.“

Martin in der Beek fügte hinzu: „Aus Experimenten und Versuchen kann Realität und Selbstverständlichkeit entstehen – wir müssen gerade deshalb auch in unserer Branche, im Öffentlichen Personennahverkehr, offen sein für jedwede Innovation und für  jede Alternative zu den bisherigen Antriebssystemen, wenn wir auch in Zukunft in der Pole Position stehen und fahren wollen. Deshalb finden wir dieses Unterfangen nicht nur spannend und interessant, sondern setzen sogar unsere Hoffnungen auf die H2-Thematik. Zwar ist der ÖPNV per se schon umweltfreundlich, das heißt aber nicht, dass wir uns ausruhen können.“

Hintergrund

Wasserstoff (H2) gilt als ein wichtiger Faktor bei der Gestaltung der Energiewende. Als vielfältig einsetzbarer Energieträger soll er eine Schlüsselrolle einnehmen, um die CO2-Emissionen in der Industrie und dem Verkehr deutlich zu verringern. Die Metropolregion Rhein-Neckar gehört vor dem Hintergrund der Bundesstrategie zu den Modellregionen in Deutschland. Teil des Modellvorhabens sind Aktivitäten im Bereich Mobilitätsanwendungen wie Brennstoffzellen-Busse (40 Stück allein in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg), Brennstoffzellen-Müllfahrzeuge, Brennstoffzellen-PKW sowie Flurförderfahrzeuge und Fahrzeuge für den Straßendienst sowie notwendige Infrastrukturmaßnahmen wie Wasserstofftankstellen. Insgesamt werden in den nächsten Jahren rund 100 Mio. € durch das Projekt H2Rivers und durch das baden-württembergische Projekt H2Rhein-Neckar in der Metropolregion Rhein-Neckar in Wasserstoff-Technologien investiert. Durch den Einsatz von Wasserstoff und Brennstoffzellen­anwendungen ergeben sich laut Experten potenziell bis zu 1.100 neue Arbeitsplätze in der Region.

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