Laura Ford hat sich mit ihren unverwechselbaren Mixed-Media-Arbeiten weltweit einen Namen gemacht. Aus den unterschiedlichsten Materialien kreiert sie verfremdete Tier- und Kindergestalten, die auf den ersten Blick verspielt und entwaffnend erscheinen, fast wie riesige Puppen oder Stofftiere. Bei genauerer Betrachtung jedoch unterlaufen diese Figuren – genauso wie Fords Bronzen und Keramikobjekte – den ersten Eindruck des Niedlichen und erweisen sich als humorvoll und hintergründig.
Ohne Pathos spiegelt die Künstlerin menschliche Seelenzustände. Dabei scheinen ihre Motive häufig der fantastischen Welt kindlicher Vorstellungen, Träume oder Ängste zu entspringen. Als Inspiration dienen ihr aktuelle Ereignisse genauso wie Sprichwörter, Kinderreime und Bilderbücher oder auch Klassiker der Literatur- und Kunstgeschichte. Mit viel Humor und Scharfblick entwickelt Laura Ford eine vielschichtige künstlerische Sprache, die eine nachhaltige Wirkung entfaltet.
In der Ausstellung „Gravity is my friend“ erkundet Ford die oft widerstreitenden Sehnsüchte nach Sicherheit und Vergnügen, nach Stärke und Verletzlichkeit. Um diese vertrauten Bedürfnisse zu ergründen, beleuchtet sie die Menschheit, als wären wir Kreaturen, die in unbekanntes Terrain geraten sind.
So zeigt sie etwa, in Fortsetzung ihrer Serie über Paare, mit ihren „Lockdown Owls“ ein Eulenpärchen, das sie so beschreibt: Jede für sich einst weise, jetzt beide mittleren Alters, in der Taille auseinandergegangen und zu einer Einheit verschmolzen, scheinen sie sich behaglich zu fühlen und zugleich schockiert darüber zu sein, was aus ihnen geworden ist – und aus dunkel umschatteten Augen blicken sie auf eine Welt, die nun offenbar nicht mehr unendliche Möglichkeiten bietet.
In einer neuen Werkgruppe sehen wir Wasservögel, die gestrandet, scheinbar betrunken und wenig besorgt über ihre eigene Verletzlichkeit sind. Jeder ringt mit der Schwerkraft, geformt von dem, was ihn stützt. Ein Vogel hängt über der Kante eines Tisches und bildet mit seinem Flügel und Hals einen perfekten rechten Winkel, ein anderer nimmt die Form des Baumstumpfes an, um den er sich auf der Suche nach Stütze gewickelt hat, wieder ein anderer macht es sich auf seinem eigenen Flügel bequem und verwandelt ihn in ein Kissen. Jedwede Körperbeherrschung scheint aufgegeben und sonst streng kontrollierte Gliedmaße entwickeln ein Eigenleben.
Auf einem geblümten Teppich pausieren ein Affenmännchen und ein Affenweibchen von den Baumkronen, sitzen zusammen und halten ein Früchte-Picknick. Sie sind entspannt, unbefangen, völlig unbeeindruckt von der Anwesenheit des Betrachters. Die Arbeit „Scene from Nature“ stellt eine Herausforderung dar – können wir uns als Betrachter angesichts dieser totalen Unbeschwertheit entspannt fühlen?
In einer langjährigen Werkreihe bezieht sich Laura Ford auf die berühmten Pferde mit Reitern von Marino Marini, die reglos dastehen, mit ausgestrecktem Hals, angelegten Ohren und geöffnetem Maul. Ein Beispiel dafür ist “Der Engel der Stadt” in der Sammlung Peggy Guggenheim in Venedig, der „Affirmation und aufgeladene Kraft“ darstellt, „explizit mit sexueller Potenz verbunden“ (Lucy Flint). Laura Ford kombiniert die Referenz darauf in ihrer neuen Arbeit „My Little Marini“ mit einem Verweis auf das Kinderspielzeug „My Little Pony“, das es in verschiedenen Farben mit langen Mähnen und Schweifen gibt, um vom Kind herausgeputzt, verwöhnt und feminisiert zu werden. Auch ihr Pferd steht wie angewurzelt, mit ausgestrecktem Hals, angelegten Ohren und geöffnetem Maul, aber es hat, als ob seine Haltung nicht genug wäre, zur Zierde ein goldenes Band um den Schweif gebunden. Auf dem Pferd sitzt rücklings ein kleines Mädchen, mit Rosetten bedeckt, die vielleicht in einem örtlichen Reitturnier gewonnen wurden. Jegliches Heldentum ist verschwunden, weder Pferd noch Mädchen haben irgendein Ziel.
Neben diesen und zahlreichen weiteren Skulpturen Laura Fords, sind in der Ausstellung auch etliche Arbeiten auf Papier ausgestellt. Fünf großformatige Aquarelle beispielsweise zeigen im Wasser schwimmende Katzen. Ganz offensichtlich ist dies nicht ihr üblicher Lebensraum, aber sie scheinen mit unterschiedlichem Erfolg darin zurechtzukommen und einige von ihnen beginnen vielleicht sogar, es zu genießen. Das Wasser ist launenhaft. Vielleicht ist es zu kalt, zu heiß oder zu tief mit gefährlichen Unterströmungen oder vielleicht ist es nur unangenehm nass. Wie auch immer, jede der Katzen schwimmt weiter, gerade ausreichend dafür gerüstet, manchmal zufrieden, häufig aber irritiert darüber, eine Katze zu sein, die im Wasser schwimmen muss.
Laura Ford, Jahrgang 1961, war bereits während ihres Studiums der Bildhauerei an der Bath Academy of Art und an der Londoner Chelsea School of Art an namhaften Gruppenausstellungen beteiligt und erhielt anschließend verschiedene Auszeichnungen wie den Henry Moore Foundation Award. Seitdem hat die heute in West Sussex lebende Künstlerin ihre Arbeiten international vielfach ausgestellt und Außenraumskulpturen in verschiedenen Ländern Europas ebenso wie in China, Kanada und den USA dauerhaft im öffentlichen Raum installiert. Ihre Werke sind heute in bedeutenden privaten und öffentlichen Kunstsammlungen vertreten – etwa in den Sammlungen der Deutschen Bundesbank und des Shanghai Sculpture Park, in der britischen Government Art Collection oder im Victoria & Albert Museum und der Tate Collection in London.
In Deutschland ist das facettenreiche Werk der Britin durch ihre wiederholte Teilnahme an der Skulpturenbiennale Blickachsen ebenso wie durch zahlreiche Museumsausstellungen und ihre dauerhaften Installationen im öffentlichen Raum verschiedener Städte bekannt.
Einzelausstellungen Laura Fords in der Galerie Scheffel ermöglichten bereits seit 2008 Einblicke in verschiedene Werkphasen der Künstlerin – und 2016 nahm sie an der Eröffnungsausstellung der Jakobshallen teil, des am Bad Homburger Schloss gelegenen zweiten Standorts der Galerie, wo im Jahr darauf ihre Soloschau „Double Agent“ zu sehen war. Im Bad Homburger Gustavsgarten sind zudem seit 2018 fünf überlebensgroße „Emissary Cats“ der Künstlerin installiert.
Die Ausstellung „Gravity is my friend“ in den Galerieräumen in der Ferdinandstraße zeigt nun rund 40 neue Arbeiten Laura Fords aus den Jahren 2018 bis 2021 – darunter sowohl großformatige als auch kleinere Arbeiten in Bronze und in der für Ford so typischen Mischtechnik ebenso wie Keramikskulpturen und Arbeiten auf Papier.
Die Ausstellung ist dienstags bis freitags von 14 bis 19 Uhr und samstags von 11 bis 15 Uhr geöffnet.
Galerie Scheffel GmbH
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