Zwei Gutachten des Büros Müller-BBM vom 5. Mai 2021 zur Vereinbarkeit des beantragten Vorhabens mit den Anforderungen der Störfallverordnung (12. BImSchV) und dem Abstandsgebot des § 50 BImSchG waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragsunterlagen grundlegend überarbeitet werden müssen. Insbesondere der als am schwerwiegendsten einzustufende Störfall eines Kühlmittel-Austritts verbunden mit der Entstehung von hochgiftigem Fluorwasserstoff ist demnach von Grunde auf neu zu betrachten und zu bewerten.
Zudem wird in den Gutachten davon ausgegangen, dass die Berechnungsgrundlagen für die Auswirkungen solcher Störfälle bei Weitem unterschätzt wurden und damit ggf. auch Menschen in der Umgebung sowie geschützte Biotope in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.
"Es ist noch nicht einmal klar, ob der Betrieb den erweiterten Pflichten der Störfallverordnung unterfällt und ein entsprechender Sicherheitsbericht nötig wäre. Damit ist die rote Linie überschritten", so Michael Ganschow, Geschäftsführer des Grüne Liga Brandenburg e. V. „In einem solchen Fall sind wir Umweltverbände in der Pflicht zu reagieren und das Gericht anzurufen.“
Ohne eine erhebliche Veränderung der Anlagenkonfiguration und Betriebsweise wird – wenn überhaupt – die Anlagensicherheit nicht zu gewährleisten sein. Vor diesem Hintergrund muss die Genehmigungsfähigkeit der Anlage als „offen“ angesehen werden, womit die nach § 8a BImSchG erforderliche positive Genehmigungsprognose nicht mehr haltbar ist.
„Es ist völlig unverständlich, wie unter diesen Rahmenbedingungen eine weitere vorzeitige Zulassung beantragt und erteilt werden konnte“, fragt sich Christiane Schröder, Geschäftsführerin des NABU Brandenburg. „Eine saubere Planung sollte doch die Grundlage für jeden Betrieb sein, insbesondere, wenn er sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat. So wie es hier aber läuft, sind Umplanungen und Mehraufwand vorprogrammiert, was immer auch zu zusätzlichen Belastungen von Natur und Umwelt führt.“
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Prognosequalität und die ihr zugrunde liegenden Unterlagen ansteigt, je weiter ein Vorhaben voranschreitet und je näher die zugelassenen Tätigkeiten dem letztlich genehmigten Zustand kommen. Mittlerweile geht es schon lange nicht mehr um Baufeldfreimachungen, sondern um „Funktionstests“, bei denen schon Fahrzeuge entstehen sollen. Da sollte die Prognosesicherheit tatsächlich bereits sehr hoch sein.
Spätestens nach Einreichung neuer Antragsunterlagen kann an der erforderlichen positiven Genehmigungsprognose aber nicht mehr festgehalten werden, da der Vorhabenträger sein Anlagenkonzept grundlegend überarbeitet hat. Aus Sicht der Verbände sind damit auch alle übrigen noch nicht erledigten Zulassungen des vorzeitigen Beginns aufzuheben bzw. zu widerrufen. Jedenfalls ist ihre Vollziehung auszusetzen, bis überhaupt wieder eine Prognose zur Genehmigungsfähigkeit der (neuen) Gesamtanlage erstellt werden kann.
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