Er, Sternberg, sei „dankbar, Reinhard Marx weiterhin in der Deutschen Bischofskonferenz zu wissen“. Es sei ehrenwert gewesen, dass der Kardinal am 4. Juni sein Rücktrittsangebot vom 21. Mai öffentlich gemacht habe. „Er hat damit auch den Druck auf andere Bischöfe erhöht, sich klarer für Reformen auszusprechen und persönliche Verantwortung für Fehler zu übernehmen.“ Aber letztlich brauche die katholische Kirche in Deutschland Marx. „Er sieht, welche Schlussfolgerungen die Kirche aus dem Missbrauchsskandal zu ziehen hat.“ Nicht zuletzt sei Marx damit ein „Bestätiger des Synodalen Weges“, wie ihn die deutschen Katholiken Anfang 2020 eingeschlagen hätten. Dass Kardinal Marx in seiner Erzdiözese selbst noch vor der Veröffentlichung eines neuen Missbrauchsgutachtens stehe, das im Sommer kommen soll, nehme dem Rücktrittsangebot nicht die Bedeutung: „Ganz im Gegenteil ist hier ein Kardinal unterwegs, der Fehler in der eigenen Vergangenheit nicht unter den Teppich kehren will, sondern sie neu sieht und bewertet.“ Das habe das Rücktrittsangebot deutlich gezeigt.
Dass der Papst ganz offensichtlich persönlich geschrieben habe, sei dem Duktus des Briefes zu entnehmen. „Er ist brüderlich, warmherzig, verständnisvoll im Ton.“ Zudem zeige der Brief „eine Strategie der Öffentlichkeit“, denn anders als üblich sei der Brief nicht intern geblieben. „Gleichzeitig macht der Heilige Vater deutlich, wie sehr er die Analyse und die Emotionen des Münchner Kardinals teilt“, sagt Sternberg. „Das zeigt mir, dass es falsch ist, im Vatikan einen geschlossenen Block aus Ablehnern des Synodalen Weges und der Reformnotwendigkeiten zu vermuten. Eine solche Vermutung wird ja immer wieder einmal geäußert. Aber das Papst-Schreiben an Marx zeigt das Gegenteil. Es ist ein Zeichen für den offensiven Diskurs im Vatikan“, so Sternberg. „Jenseits des Inhalts ist es auch die öffentliche Publikation des Schreibens, die mir zeigt, dass der Papst hier einen Appell an alle Katholikinnen und Katholiken guten Willens sendet, im Einsatz für die Reform der Kirche nicht nachzulassen.“
Sternberg nimmt damit auch mittelbar Bezug auf Äußerungen Kardinal Kaspers, der jüngst davor gewarnt hatte, „die Weltkirche auf einen deutschen Weg bringen zu wollen“. Im Passauer Bistumsblatt hatte er erklärt, es seien vor allem „schrille Stimmen“, die er vom Synodalen Weg vernehme. „Die Unkenrufe über Theologengezänk, einen nationalen Sonderweg und andere scharfe Töne entsprechen jedoch nicht der konstruktiven Arbeit in den vier Foren“, so der ZdK-Präsident.
Der Papst wiederum schrieb an Marx, dass er nachfühle, in welcher Krise sich der Kardinal befinde. „Die gesamte Kirche ist in der Krise wegen des Missbrauchs; ja mehr noch, die Kirche kann jetzt keinen Schritt nach vorn tun, ohne diese Krise anzunehmen.“ Man habe „mit einer Katastrophe“ zu tun. Gerade deshalb aber solle Marx weitermachen. „Und wenn du versucht bist, zu denken, dass dieser Bischof von Rom (Dein Bruder, der dich liebt), indem er Deine Sendung bestätigt und Deinem Rücktritt nicht zustimmt, Dich nicht versteht, dann denk an das, was Petrus im Angesicht des Herrn hörte, als er ihm auf seine Weise seinen Verzicht anbot: „Geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder“ – und die Antwort hörte „Weide meine Schafe“.“ Wer die Krise nicht annehme, laufe Gefahr „Veränderung zu verhindern“.
„Ein starker Brief, eine klare Haltung. Deutlicher kann ein Papst nicht sagen, dass er seine reformfähigen und reformwilligen Mitbrüder dringend braucht“, resümiert der ZdK-Präsident.
Reinhard Marx reagierte am Nachmittag ebenfalls. Er habe mit dieser Antwort des Papstes „nicht gerechnet“ und sehe sie als „große Herausforderung.“ Sie bedeute für ihn „und unsere gemeinsame Arbeit im Erzbistum München und Freising“ nun, „zu überlegen, welche neuen Wege wir gehen können.“
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