Deutschland: Amnesty International stellt Verhältnismäßigkeit von Staatstrojaner-Plänen infrage

Heute stimmt der Bundestag über die Pläne der Bundesregierung ab, Staatstrojaner sowohl der Bundespolizei als auch Nachrichtendiensten zur Verfügung zu stellen. Deutschland riskiert, ein schlechtes Vorbild für andere Staaten abzugeben. ­­­­­­­­

Amnesty International hat grundsätzliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes von Staatstrojanern als präventivem Mittel. Diese Befugnisse sollen künftig die Bundespolizei – wie bereits viele Polizeien der Bundesländer – und alle deutschen Nachrichtendienste erhalten.

„Die Bundesregierung hat grundlegende Hausaufgaben nicht gemacht, die vor jedem Einsatz von Staatstrojanern stehen müssen: Deutschland verfügt über kein Schwachstellenmanagement. Ein solches sollte vorgeben, dass etwa dem Hersteller eines Smartphones unbekannte Sicherheitslücken gemeldet werden müssen und nicht heimlich zur Installation von Trojanern ausgenutzt werden“, sagt Lena Rohrbach, Expertin für Digitales bei Amnesty International in Deutschland.

„Die Folge: Auch künftig könnten kritische Sicherheitslücken offenbleiben, obwohl sie deutschen Behörden bekannt sind. Das gefährdet alle Nutzer_innen des betroffenen Systems weltweit, darunter auch Menschenrechtler_innen wie etwa den von solchen ‚Zero Day Exploits‘ betroffenen Menschenrechtsverteidiger Ahmed Mansoor. Betroffen sind auch kritische Infrastrukturen etwa in Krankenhäusern, wie in der Vergangenheit bereits das Beispiel der Schadsoftware ‚WannaCry‘ gezeigt hat", sagt Rohrbach.

Künftig sollen Anbieter von IT-Diensten außerdem dazu verpflichtet sein, bei der Installation der Überwachungstechnologie behilflich zu sein, etwa über das Umleiten von Datenströmen. „Eine solche Verpflichtung kann zu mangelndem Vertrauen in die eigenen Geräte führen und Menschen sogar davon abhalten, sicherheitsrelevante Updates herunterzuladen“, so Rohrbach. Überwachung unter Verpflichtung der Mithilfe von IT-Unternehmen wird weltweit zunehmend auch zur Überwachung von Menschenrechtler_innen, Medien und Oppositionellen genutzt. So dokumentierte Amnesty, wie auf diese Weise unabhängige Journalist_innen in Marokko überwacht werden. „Stimmt der Bundestag den Plänen der Bundesregierung zu, riskiert er damit, dass Deutschland international ein schlechtes Vorbild abgibt in punkto Privatsphäre und Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit.“

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