Multiple Sklerose – Welt-MS-Tag am 30. Mai

Mehr als 300.000 Personen leben in Deutschland mit Multiple Sklerose (MS), weltweit mehr als 2,8 Millionen Menschen. Damit zählt die Autoimmunerkrankung zu den häufigen seltenen Erkrankungen. Der Welt-MS-Tag findet dieses Jahr am 30. Mai statt, dieses Jahr – auch aufgrund der Corona-Pandemie – unter dem Motto „Stay Connected. Wir bleiben in Verbindung!“. Wir haben mit Prof. Christoph Heesen, Leiter der MS-Ambulanz und -Tagesklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), im Interview gesprochen.

Was genau ist MS und was löst die Krankheit im Körper aus?

Prof. Dr. Christoph Heesen: MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn, das Rückenmark und auch die Sehnerven befallen kann. Dabei greifen Entzündungs- und Abwehrzellen des Körpers fälschlicherweise den eigenen Körper an. Diese Autoimmunreaktion führt dazu, dass Nervenfasern beschädigt werden und so Impulse schlecht oder gar nicht mehr weitergeleitet werden können. Folgen sind Ausfallerscheinungen wie Lähmungen oder Gefühlsstörungen. Die Erkrankung kann unterschiedlich stark auftreten, sie ist nicht heilbar, aber es gibt moderne Therapieansätze, die es Betroffenen ermöglicht, gut mit MS zu leben.

Wie genau entsteht MS?

Prof. Christoph Heesen:  Die Ursache einer MS-Erkrankung und warum genau sie entsteht, ist nach wie vor noch nicht geklärt. Wie wissen aber, dass Umweltfaktoren und Erbanlagen eine Rolle spielen. Zum Beispiel können ein Vitamin-D-Mangel im Kindesalter, bestimmte Viren und auch Rauchen ausschlaggebend sein. Das Risiko, an MS zu erkranken, liegt bei ein bis zwei Patient:innen auf 1000 Personen. Ein Großteil der Betroffenen sind Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren, selten tritt die Erkrankung im Kindes- oder im fortgeschrittenen Erwachsenenalter auf. Man vermutet, dass diese Tatsache darin begründet liegt, dass das weibliche Immunsystem im Durchschnitt aktiver ist und eher dazu neigt, körpereigenes Gewebe anzugreifen.  

Welche Symptome sind typisch?

Prof. Christoph Heesen: MS wird auch Krankheit der tausend Gesichter genannt. Sie kann unterschiedlichste neurologische Symptome auslösen, deren Schweregrad ganz individuell ausfallen kann. Häufig treten Empfindungsstörungen auf, ebenso wie Sehprobleme, Lähmungen, Kraftlosigkeit, Erschöpfung, Sprech- und Schluckstörungen. In den meisten Fällen verläuft eine MS schubartig, das heißt, ein Symptom tritt neu auf oder Beschwerden verschlechtern sich über einen kurzen Zeitraum hinweg. Schübe der MS lassen sich durch eine kurzzeitige Kortisontherapie verkürzen.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Prof. Christoph Heesen: Die medikamentöse Behandlung von MS hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, mittlerweile gibt es mehr als zwanzig zugelassene Medikamente für die schubartige, entzündliche MS. Durch diese Medikamente lassen sich vermutlich auch langfristige Behinderungen aufhalten. Nach wie vor gibt es aber für die Behandlung sehr aggressiver Formen der MS, die circa fünf bis zehn Prozent ausmachen, nur wenige Therapiemöglichkeiten. Für einige Betroffene, die eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen, die sich nicht mehr medikamentös kontrollieren lässt, kann die Stammzellentherapie eine Alternative sein.

Was genau passiert bei einer Stammzellentherapie bei MS?

Prof. Christoph Heesen: Die Stammzellentherapie ist eine radikale Therapie, bei der das Immunsystem quasi neu gestartet wird, wie ein Reset. Zunächst werden körpereigene Stammzellen entnommen und eingefroren. Darauf folgt eine Chemotherapie, die aggressiven Wirkstoffe zerstören das Immunsystem, der Körper ist nun sehr anfällig für Infektionen. Die zuvor entnommenen Stammzellen werden dann dem Körper wieder zugeführt, sie wandern in die Knochen und bauen das Immunsystem neu auf. Dabei entstehen neue Abwehrzellen, die die körpereigenen Nerven nicht mehr angreifen. Dadurch kann die MS abgebremst werden oder sogar zum Stillstand kommen. Bisher haben wir am UKE seit 2007 20 MS-Patient:innen im Rahmen von Heilversuchen stammzellentransplantiert. Der Ansatz ist umstritten, wir benötigen dringend umfangreichere Daten. Für die damit behandelten Patient:innen zeigten sich aber sehr gute Resultate bis hin zur vollständigen Beschwerdefreiheit im Verlauf von zehn Jahren.

 

Über Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 13.600 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 511.000 Patient:innen versorgt, 106.000 davon stationär und 405.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen und Zahnmediziner:innen aus.

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