NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Naturverträglich genutzte Wiesen und Weiden sind für die Artenvielfalt in Mitteleuropa so wichtig wie die Regenwälder in den Tropen. Sie beherbergen eine riesige Biodiversität und speichern – je nach Standort – enorme Mengen Kohlenstoff. Aktuell stuft das Bundesamt für Naturschutz jedoch 80 Prozent der Lebensräume im Grünland als gefährdet ein, fast ein Drittel gilt als ‘von vollständiger Vernichtung bedroht`. Die Abgeordneten sollten dies bei der Agrargesetzgebung berücksichtigen, um Verbesserungen beim Schutz von Ökosystem und Arten zu ermöglichen. Sie haben bei der Debatte nun die Chance, sich mit ihrer Stimme für den Schutz unserer Natur, unseres Klimas und der Artenvielfalt einzusetzen.“ Krüger weist in diesem Zusammenhang auch auf ein anhängiges Verfahren der EU-Kommission hin – wegen des schlechten Zustands geschützter Grünlandlebensräume droht Deutschland eine Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof.
Konkret fordert der NABU drei Änderungen beim Grünlandschutz:
1) Alle Betriebe, die Geld vom Staat erhalten wollen, sollten jährlich einen Mindestanteil von Wiesen und Weiden als Rückzugsort für die Artenvielfalt bereitstellen. Diese Bedingung sieht das Gesetz bisher nur im Ackerland vor – und statt der aus fachlicher Sicht notwendigen zehn Prozent auch nur auf drei Prozent der Flächen.
2) Grünlandumbruch sollte unterbunden werden. Die im Gesetzesentwurf formulierte Tolerierung von vier Prozent Verlust muss auf unter ein Prozent gesenkt werden.
3) Organische, kohlenstoffreiche Böden sollten höchstens zehn Zentimeter statt wie bisher geplanten bis zu 30 Zentimeter tief bearbeitet werden dürfen. Auf Dauer ist eine Nutzung als Grünland mit einem hohen Wasserstand anzustreben.
Dass Landwirtinnen und Landwirte für Pflege und Schutz besonders wertvoller Lebensräume und Arten bezahlt werden müssen, ist für den NABU selbstverständlich: „Wer mehr für Natur und Umwelt leistet, muss damit auch Geld verdienen können“, sagt Konstantin Kreiser, NABU-Leiter für den Bereich Landnutzung. Die sogenannten Ökoregelungen (“Ecoschemes”), also bundesweite Programme zur Förderung freiwilliger Naturschutzleistungen, als auch die gezielten Agrarumweltmaßnahmen der Bundesländer, müssen nach Ansicht des NABU finanziell noch wesentlich besser ausgestattet werden als bisher geplant. „Wer erkannt hat, dass Insekten systemrelevant sind, darf den Systemwechsel in der Agrarpolitik nicht nur beschwören, sondern muss ihn auch beschließen“, so Kreiser.
Hintergrund
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in Europa legt fest, nach welchen Regeln EU-Fördergelder bis 2027 an landwirtschaftliche Betriebe verteilt werden. Jeder EU-Mitgliedsstaat muss bis 2022 einen Plan vorlegen, wie die Gelder konkret verteilt werden sollen. Während auf europäischer Ebene im sog. Trilog noch über die GAP-Rahmenbedingungen verhandelt wird, hat die Bundesregierung sich bereits auf ein Gesetzespaket geeinigt hat. Hierüber verhandelt nun der Bundestag.
NABU-Forderungen und Stellungnahme zum Gesetzespaket
https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/landwirtschaft/agrarreform/210519-nabu-forderungen-gap-umsetzung.pdf
Mit mehr als 820.000 Mitgliedern und Fördernden ist der 1899 gegründete NABU der älteste und mitgliederstärkste Umweltverband Deutschlands. Der NABU engagiert sich für den Erhalt der Lebensraum- und Artenvielfalt, den Klimaschutz sowie die Nachhaltigkeit der Land-, Wald- und Wasserwirtschaft. Zu den zentralen NABU-Anliegen gehören auch die Vermittlung von Naturerlebnissen und die Förderung naturkundlicher Kenntnisse. Mehr Infos: www.nabu.de/wir-ueber-uns
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