Deutschland gilt als ein Land mit einer relativ hohen Steuermoral. Steuerhinterziehung ist hierzulande mit einem sozialen Stigma verbunden, zeigen bisherige Studien. Wie sich Informationen über die wahrgenommene Unsicherheit anderer auf die eigene Steuermoral und speziell die Einstellung und Akzeptanz zu Steuerhinterziehung im Allgemeinen auswirken, untersuchten ZEW-Wissenschaftler/-innen anhand einer experimentellen Befragung auf Basis der Daten des German Internet Panels (GIP).
Für die Studie wurden die Befragten zufällig auf drei Gruppen verteilt. "Alle Gruppen erhielten zu Beginn den Hinweis, dass Medien häufig über Steuerhinterziehung berichten. Während die erste Gruppe keine weiteren Informationen bekam, lasen die anderen beiden, dass Steuergesetze oft kompliziert und ihnen vom Profil her ähnliche Steuerzahlende deshalb oft unsicher seien, ob sie auch wirklich alle Einkünfte korrekt angegeben hätten", erklärt Sebastian Blesse, ZEW-Wissenschaftler im Forschungsbereich "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft", und Autor der Studie. Ausschließlich die dritte Gruppe erhielt den zusätzlichen Vermerk: Fachkundige Steuerzahlende oder diejenigen, die einen Steuerberater beauftragten, könnten die Steuerkomplexität zu ihrem Vorteil nutzen und ihre Steuerlast dadurch reduzieren.
Soziale Einflüsse wirken sich auf Steuermoral aus
Die Ergebnisse der Studie offenbaren Unterschiede zwischen den Gruppen: Diejenigen, die über die Unsicherheit anderer bei der Erstellung ihrer Steuererklärung informiert wurden, milderten ihre Ansicht in Bezug auf die Steuermoral im Vergleich zur Gruppe ohne diese Information in signifikanter Weise ab. Während in der ersten Gruppe etwa 41 Prozent sagen, Steuerhinterziehung sei absolut nicht vertretbar, zeigen sich die anderen Gruppen toleranter gegenüber dieser Aussage. So empfinden nur rund 28 Prozent der zweiten Gruppe Steuerhinterziehung als überhaupt nicht vertretbar. Auch die zusätzliche Information für die Mitglieder der dritten Gruppe, andere Steuerzahler/-innen könnten komplexe Steuerregeln zu ihren Gunsten nutzen, vermindert die Steuermoral. Hier geben rund 33 Prozent an, dass Steuerhinterziehung absolut nicht vertretbar ist.
"Unsichere Steuerangaben anderer senken laut unserer Studie also die eigene Steuermoral. Das liegt vor allem daran, dass Probleme beim Ausfüllen der Steuererklärung für Steuerzahler/-innen sehr gut nachvollziehbar sind, weil auch nach deren eigener Erfahrung die Steuererklärungen immer komplizierter werden. Es handelt sich dabei aber nicht um eine zunehmende Zustimmung für vorsätzliche Steuerhinterziehung", sagt Blesse.
Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind. Forschungsfelder des ZEW
Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Makrtdesign; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft.
Die ZEW-Studie untersucht auch, welche soziodemografischen Gruppen Steuerhinterziehung für hinnehmbar oder gar nicht gerechtfertigt halten. Dafür wurden neben Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Familienstand oder Erwerbsstatus auch das Haushaltsnettoeinkommen sowie die politische Präferenz in die Analyse mit einbezogen. Die Ergebnisse legen nahe, dass weibliche Steuerzahlende eine höhere Steuermoral als männliche haben. Befragte im Alter ab 48 Jahren lassen sich dagegen stärker von der Unsicherheit anderer beeinflussen als jüngere Steuerzahlende und senken aufgrund dessen ihre Ansprüche an die Steuermoral.
Besser verdienende Steuerzahler/-innen, das zeigt die Umfrage auch, haben höhere Ansprüche an die Steuermoral als solche mit niedrigerem Einkommen. Die Analyse zeigt zudem, dass die Steuermoral mit zunehmendem Bildungsniveau steigt. Die Merkmale Haushaltsgröße, Beschäftigungsstatus und Ruhestand beeinflussen die Steuermoral dagegen nicht. Anders sieht es bei der politischen Einstellung aus: Eher politisch links eingestellte Steuerzahler/-innen lassen sich stärker von der Unsicherheit anderer beeinflussen als konservative. Die Studie macht deutlich, dass Bürger/-innen, die linken Ideologien nahe stehen, eher Verständnis für die Steuerprobleme anderer haben und in diesem Zusammenhang ihre Anforderungen an die Steuermoral in signifikanter Weise zurücknehmen.
"In sehr komplexen und damit auch komplizierten Steuersystemen kann die Steuermoral aufgrund sozialer Einflüsse abnehmen. Politische Entscheidungsträger sollten daher bei kommenden Steuerreformen für vereinfachte Vorschriften bei der Einkommenssteuererklärung plädieren, um so der Gefahr einer nachlassenden Steuermoral entgegenzuwirken", fasst ZEW-Wissenschaftler Blesse die Ergebnisse zusammen.
Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.
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