Eigenheim für alle: Nicht ohne Reform der Grunderwerbsteuer

Seit 15 Jahren ist die Grunderwerbsteuer ein leidiges Thema in der Immobilienbranche. Aus gutem Grund, denn schließlich halten die stetig steigenden Erwerbsnebenkosten viele Menschen vom Kauf einer Immobilie oder eines Grundstücks ab. Und das verschärft das Problem, bezahlbaren Wohnraum zu finden, nur noch weiter. Eine vollständige Abschaffung dieser Steuer erscheint derzeit unrealistisch, doch könnte eine Veränderung schon viel bewirken: Zumindest Erstkäufern sollte diese Steuer erlassen werden.

Die Regelung zur Grunderwerbsteuer ist seit 2006 Ländersache. Deshalb müssen sich Interessenten, die eine Immobilie erwerben möchten, auch genau über die Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes informieren. Diese schwanken stark und können deshalb zu einem Stolperstein bei den Gesamtkosten werden. Während Bayern und Sachsen als einzige Bundesländer noch an den ursprünglichen 3,5 Prozent festhalten, müssen Käufer in anderen Regionen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Zu den Spitzenreitern zählen Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Thüringen, Schleswig-Holstein und das Saarland, wo jeweils 6,5 Prozent verlangt werden.

Niemand sollte sich die Hoffnung machen, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert. Schließlich zählt die Grunderwerbsteuer mittlerweile zu den lukrativsten Einnahmequellen der Länder. 2005, als die Steuer noch von der Bundesregierung festgelegt wurde, beliefen sich die Einnahmen auf etwa 4,8 Milliarden Euro. Seit der Übernahme der Länder stieg diese Zahl bis 2019 auf 15,8 Milliarden Euro, sie hat sich also mehr als verdreifacht. Insgesamt 27-mal wurde sie erhöht. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Jüngstes Beispiel ist Hamburg: Trotz bereits steigender Einnahmen erklärte die Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld im Herbst 2020, dass die Grunderwerbsteuer in der Hansestadt spätestens in zwei Jahren angehoben werden soll.

„Das ist das falsche Signal zur falschen Zeit“, kritisierte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, die Senatorin damals zurecht. Und mit dieser Kritik an unseren gewählten Vertretern steht er nicht alleine da. Auch Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen sagte auf alle Bundesländer bezogen: „Während der Mangel an bezahlbarem Wohnraum immer größer wird, treiben die Länder die Wohnkosten weiter in die Höhe. […] Höhere Grunderwerbsteuern treiben über den Anstieg der Kaufnebenkosten auch die Mieten in die Höhe.“ Seiner Einschätzung, dass die Schmerzgrenze für die Mittelschicht erreicht ist, kann ich mich nur anschließen.

Es geht dabei um einen Trend, den ich täglich in unserem Unternehmen beobachte. Die überwiegende Anzahl der Mieter möchte Eigentümer sein und selbstbestimmt leben können. Uns erreichen wöchentlich hunderte Anfragen von Menschen, die sich trotz niedriger Zinsen nicht den Traum vom eigenen Zuhause erfüllen können. Bei so einem Kauf muss schließlich jedes Detail durchgerechnet sein: Welches Eigenkapital steht zur Verfügung? Wie sieht es mit dem jährlichen Einkommen aus? Ist die Immobilie weiter vom Arbeitsplatz entfernt und muss ich deshalb vielleicht höhere Ausgaben zum Pendeln einplanen? Hinzu kommen dann die Nebenkosten, wie etwa Notarrechnung und Maklergebühren. Der Löwenanteil liegt aber eben bei der Grunderwerbsteuer, die bei uns in Berlin derzeit sechs Prozent beträgt.

Was also tun? Die Länder werden sich ihre Steuereinnahmen nicht entgehen lassen. Natürlich kommen diese Mittel an anderen Stellen zum Einsatz, doch das Wohnproblem in Deutschland wird so nur verschärft. Mein Vorschlag wäre deshalb ein Kompromiss: Da es sich bei vielen Interessenten erfahrungsgemäß um Erstkäufer handelt, sollten wenigstens sie von dieser zusätzlichen Steuerlast befreit werden. Die Steuereinnahmen der Länder würden sich dabei zwar etwas reduzieren, doch profitieren so mehr Menschen vom Eigenheim und sind im Alter mietfrei. Egal ob Single, junge Familie oder Rentner – das eigene Heim würde in greifbare Nähe rücken.

Zum Beginn der derzeitigen Großen Koalition gab es einen kleinen Hoffnungsschimmer: Im Koalitionsvertrag wurde angekündigt, einen Freibetrag der Grunderwerbsteuer für Erstkäufer zu prüfen. Nun neigt sich diese Legislaturperiode dem Ende entgegen und getan hat sich – nichts. Vielleicht war der Druck der Immobilienbranche nicht groß genug. Vielleicht stießen Kritik und Empfehlungen sowie Modelle und Hochrechnungen auf taube Ohren. Vielleicht war es auch schlicht der Unwille zur Veränderung. Trotzdem dürfen wir nicht aufhören, auf die Problematik aufmerksam zu machen. Erstkäufer von Immobilien, die sie selbst nutzen wollen, sollten die gleichen Chancen haben wie große Immobilienkonzerne. Denn die zahlen meist gar keine Grunderwerbsteuer, weil sie Share-Deals durchführen. Sprich: es werden einfach ganze Gesellschaften veräußert, die die Immobilie besitzen. Nicht die Immobilie selbst. Für Otto und Emma Normalverbraucher ist das nicht möglich, und diese werden somit ganz klar benachteiligt. Hier muss es ein Umdenken geben. Und eine faire Lösung für alle Seiten.

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