Das sieht der zurzeit ausgelegte und im Internet veröffentlichte Entwurf des neuen Teilregionalplans für die Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und Märkischer Kreis vor. Unter anderem sind dort Vorranggebiete für Windenergieanlagen, sogenannte Windenergiebereiche (WEB), zeichnerisch dargestellt. In diesen Bereichen soll die Windenergie vor anderen Nutzungen Vorrang haben. Dort würde nach den Arnsberger Berechnungen das Baurecht für über 1.300 solcher Windräder geschaffen. Das Besondere daran ist, dass die betroffenen Städte und Gemeinden ihre eigenen Bauleitpläne an diese Darstellungen im Regionalplan anpassen müssten, sobald der Regionalplan in Kraft tritt.
„Das geplante Vorranggebiet am Kindelsberg (Steckbrief-Nr. zum Umweltbericht „Kreuztal_10.06.WEB.002“) ist nur eines von sehr vielen Beispielen, an denen sich zeigt, wie die Arnsberger Regionalplanung ohne jede Rücksicht auf den Natur- und Artenschutz sowie die mit den Bürgern vor Ort diskutierten kommunalen Planungen agiert“, erklärte Harry Neumann, Landesvorsitzender des Umweltverbandes Naturschutzinitiative e.V. (NI).
„Tritt der Entwurf in Kraft, bedeutet das, dass innerhalb der im Regionalplan dargestellten Vorranggebiete für Windkraft (WEB) auch in den Bereichen, in denen nach den kommunalen Planungen bisher Windräder ausgeschlossen sein sollen, demnächst zusätzlich Windräder aufgestellt werden dürften. Außerhalb der im Regionalplan dargestellten Vorranggebiete sind Windräder dann aber nicht etwa verboten, sondern als bauplanungsrechtlich privilegierte Nutzungen im Außenbereich weiterhin grundsätzlich an jeder Stelle erlaubt. Nur eine Windkraftplanung im jeweiligen Flächennutzungsplan der Kommunen kann den Wildwuchs dann noch eindämmen und die Standorte für Windräder steuern“, so Klaus Jankowski, Sprecher der NI im Kreis Siegen-Wittgenstein.
Der bewaldete Kindelsberg mit Turm, Wahrzeichen der Stadt Kreuztal, ist seit dem 19. Jahrhundert ein überregional beliebtes Wander- und Ausflugsziel. Auf ihm befindet sich ein ganzjährig geöffnetes Restaurant mit Außengastronomie und ist zugleich SGV-Wanderraststätte. Die Flanken des Kindelsbergs sind ein lärmarmer Naherholungsraum für die Kreuztaler Bevölkerung. Der Kindelsberg weist deshalb neben zahlreichen Aussichtspunkten ein sehr dichtes Netz von Wanderwegen auf, u.a. den sog. „Kindelsbergpfad“ und zwei Waldlehrpfade. Er ist vom Landesbetrieb Forst und Wald NRW als Erholungswald der Stufe 1 klassifiziert. Es handelt sich nicht zuletzt wegen der Bau- und Bodendenkmäler rund um den Berggipfel um einen anerkannten regional bedeutenden Kulturlandschaftsbereich.
Im nahen Umfeld und in den angrenzenden Niederwäldern der geplanten Vorrangfläche befinden sich schon jetzt gefährdete Bestände des Großen Mausohrs, Raufußkauz, Feldlerche, Baumpieper, Graureiher, Waldohreule, Flussregenpfeifer, Mehlschwalbe, Rauchschwalbe, Schwarzmilan, Rotmilan, Feldsperling, Wespenbussard, Gartenrotschwanz, Grauspecht, Waldkauz, Grasfrosch und Gebändertem Feuersalamander. Nicht weit entfernt befinden sich zwei Brutplätze des Rot- und Schwarzmilans. Die artspezifische Abstandsempfehlung von 1.500 m für den Rotmilan wird unterschritten, sodass selbst nach dem Umweltbericht zum Regionalplan-Entwurf bei einer Errichtung von Windrädern auf dem Kindelsberg artenschutzrechtliche Konflikte nicht ausgeschlossen werden können.
Aus den genannten Gründen hat sich der Rat der Stadt Kreuztal schon im Jahr 2013 und danach immer wieder zu Recht vehement gegen eine Windkraftplanung auf dem Kindelsberg ausgesprochen.
Harry Neumann, Landesvorsitzender des Umweltverbandes Naturschutzinitiative e.V. (NI), sieht in dem Umstand, dass diese sachlichen Bedenken die Arnsberger Regionalplanungsbehörde nicht zum Umdenken veranlasst hat, ein Zeichen dafür, dass die Lobby der Windkraftbetreiber und -investoren massiv an Einfluss gewonnen hat.
„Die geplante Zupflasterung des symbolträchtigen Kindelsbergs mit bis zu 250 m hohen Windrädern – einem Waldgebiet, in das grundsätzlich überhaupt keine Industrieanlagen gehören – kann offenbar nur noch durch eine auf die Politiker Eindruck machende Vielzahl von Einwendungen der betroffenen Einwohner verhindert werden“, so der Umweltverband.
„Dazu könne jeder Einzelne, aber auch Vereine und etwa Waldgenossenschaften, noch bis zum 30. Juni 2021 Eingaben in Textform bei der Bezirksregierung Arnsberg (E-Mail: beteiligung-mk-oe-si@bra.nrw.de oder postalisch) einreichen, die im Rahmen des Erarbeitungsverfahrens vom Regionalrat geprüft und gewichtet werden müssten“, erklärte Klaus Jankowski, Sprecher der NI im Kreis Siegen-Wittgenstein.
Die Naturschutzinitiative e.V. (NI) werde sich natürlich auch mit den anderen geplanten Vorranggebieten für Windräder und anderen naturzerstörenden Festsetzungen wie z.B. neue Gewerbegebiete im Entwurf des Regionalplans, die im Wald oder in anderen sensiblen Landschaftsbereichen liegen, unter natur- und artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten kritisch auseinandersetzen und hierzu entsprechende Einwendungen erheben. „Wem es nicht egal sei, ob die Freiraumbereiche nach dem Willen der Windkraftindustrie in kürzester Zeit in Industrielandschaften umgewandelt werden, sei aufgefordert, sich den Entwurf des Regionalplans genau anzuschauen und selbst aktiv zu werden“, so Klaus Jankowski, Sprecher des Umweltverbandes.
Die Darstellung von Vorrangzonen für Windräder in einem Regionalplan sei weder vom Landesentwicklungsplan NRW (2019), noch in gesetzlichen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts gefordert. Es gebe auch keine gesetzlichen Flächenvorgaben für Windenergieanlagen auf der Ebene der Regierungsbezirke oder Landkreise. Der Gesetzgeber überlasse es den Städten und Gemeinden, der Windkraft selbst substanziell Raum im Außenbereich zu schaffen oder aber durch planerische Zurückhaltung der Windkraftindustrie freie Bahn zu lassen.
„Die Darstellung von Vorranggebieten im Regionalplan u.a. in einem der waldreichsten Kreise in NRW, für die es fachlich kein ernstliches Erfordernis gibt, stellt daher eine Übergriffigkeit staatlicher Stellen in die kommunale Planungshoheit dar. Es sei offensichtlich der Versuch, einigen bundesweit tätigen WEA-Projektierungsgesellschaften, die sich für die Region nicht im Geringsten interessieren, planerische Vorteile zu verschaffen“, so Harry Neumann und Klaus Jankowski.
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