- Konzern missachtet menschenrechtliche Sorgfaltspflichten und hält an fossilen Energien fest
- Völkerrechtliche Bedenken: Größter privater Vermögensverwalter Norwegens schließt Siemens Energy aus
- Gasturbinen für LNG-Projekt in Konfliktgebiet in Mosambik
Vor der ersten Hauptversammlung der Siemens Energy AG sehen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen den Konzern auf keinem guten Weg. Schwerwiegende Menschenrechtsprobleme und das Festhalten an Kohle- und Gasgeschäften belasten die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. „Der angekündigte Stellenabbau ist der Preis, den Siemens Energy für seine Ignoranz gegenüber der globalen Energiewende zahlt. Der angekündigte Kohleausstieg ist halbherzig und der Pfad jenseits fossiler Energien, der Völker- und Menschenrechte hinreichend achtet, fehlt“, sagt Regine Richter, Energie-Campaignerin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald.
Westsahara: Storebrand wendet sich von Siemens Energy ab
Anfang September 2020 bestätigte Siemens Gamesa, das spanische Tochterunternehmen von Siemens Energy, einen neuen Auftrag für den 300MW-Windpark Boujdour. Dieser soll in der von Marokko besetzten Westsahara entstehen in Kooperation mit dem marokkanischen Unternehmen NAREVA. Im Widerspruch zu den UN verortet Siemens Gamesa den geplanten Windpark „im südlichen Marokko“. Dass die Westsahara ein eigenständiges Territorium darstellt, über das Marokko keinerlei Souveränität verfügt, stellte jedoch auch der Europäische Gerichtshof klar. Damit können Geschäfte in der Westsahara nur mit Zustimmung des sahrauischen Volkes erfolgen, welche Siemens Gamesa nicht eingeholt hat. Storebrand, größter privater Vermögensverwalter Norwegens, schloss Siemens Energy und Siemens Gamesa daraufhin im Januar 2021 wegen völkerrechtlicher Bedenken aus seinem Portfolio aus.
„Siemens Energy erkennt auch in der Westsahara die Zeichen der Zeit nicht. Trotz jahrelanger Kritik am Energieprojekt, das das marokkanische Besatzungsregime stabilisiert, vertieft der Konzern die Geschäftsbeziehungen zum Energieunternehmen des marokkanischen Königs“, kommentiert Tim Sauer von der NGO Western Sahara Ressource Watch, welche Aktivitäten internationaler Unternehmen in der besetzten Westsahara dokumentiert. „Sollte Siemens Energy auch weiterhin die Warnung mehrerer Mitglieder des Europäischen Parlaments vor schweren rechtlichen und moralischen Risiken ignorieren, wird Storebrand nicht der letzte Investor gewesen sein, der Siemens Energy ausschließt. Spätestens seit der Erklärung der gesamten Westsahara zum Kriegsgebiet im November 2020 muss klar sein, dass es keine Alternative zum Ausstieg aus dortigen Geschäften gibt.“
Mosambik: Gasturbinen für LNG-Projekt in Konfliktgebiet
Ähnlich menschenrechtlich bedenklich und zudem katastrophal für das Klima sind die Geschäfte von Siemens Energy in Mosambik. Sechs Gasturbinen und vier Zentrifugalkompressoren für ein LNG-Projekt des Erdölkonzerns Total in der Provinz Cabo Delgado will das Münchener Unternehmen liefern. Die Ausbeutung der riesigen Erdgasvorkommen in der Region könnten rund 12 Gigatonnen CO2-Äquivalente an Emissionen zur Folge haben, was etwa sieben Mal dem jährlichen Treibhausgas-Ausstoß Frankreichs entspricht. Cabo Delgado ist bereits seit 2017 Schauplatz von Angriffen auf die Zivilbevölkerung durch Terrorgruppen, die dem Islamischen Staat (IS) nahestehen. Über 2.000 Menschen wurden in diesem Konflikt bereits getötet, hunderttausende sind auf der Flucht. Wegen der Gewalt beschäftigen die am Gasprojekt beteiligten internationalen Ölkonzerne wie Total, ExxonMobil und Eni private Sicherheitsfirmen. Die lokale Bevölkerung gerät immer wieder zwischen die Fronten. Außerdem wurden über 500 Familien für die Gasprojekte umgesiedelt, sie mussten ihre Landwirtschaft aufgeben, ebenso wie die Fischerei, von der sie gelebt haben.
Daneben beteiligt sich Siemens Energy weiterhin am Bau des neuen Kohlekraftwerks Jawa 9 und 10 in Indonesien. Auch weitere bestehende Verpflichtungen inklusive verbindlicher Angebote im Kohlesektor will das Unternehmen erfüllen. Lediglich an neuen Ausschreibungen für ausschließlich mit Kohle befeuerte Kraftwerke will das Unternehmen nicht mehr teilnehmen.
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