Der Gesundheitsatlas stellt erstmals die Krankheits-Häufigkeiten für die 401 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland auf Basis eines eigens entwickelten Hochrechnungs-Verfahrens dar. Danach sind Heidelberg und der brandenburgische Kreis Dahme-Spreewald mit jeweils 2,9 Prozent die Regionen mit dem geringsten Anteil von Asthma-Patienten. Am stärksten betroffen sind die Landkreise Sonneberg mit 6,5 Prozent sowie Eisenach und Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen mit jeweils 6,2 Prozent. „Zur Vermeidung von Neuerkrankungen und Verbesserung der Asthmasymptomatik sollten Landräte und Bürgermeister in den besonders stark betroffenen Regionen die verschiedenen Risikofaktoren in den Blick nehmen. Dazu zählen eingeatmete Stoffe, die die Lunge schädigen – insbesondere das Rauchen“, betont Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO. Der Rauchverzicht sei daher eine wichtige Präventionsmaßnahme für Asthmapatienten.
Auf der Ebene der Bundesländer sind Nordrhein-Westfalen (4,7 Prozent), das Saarland (4,6 Prozent) und Thüringen (4,6) laut Gesundheitsatlas besonders von Asthma-Erkrankungen betroffen. Besonders niedrige Krankheitshäufigkeiten zeigen sich dagegen in Mecklenburg-Vorpommern (3,4 Prozent) und Baden-Württemberg (3,7 Prozent). Unter den Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern hat Dortmund mit 5,0 Prozent den höchsten Anteil von Asthma-Patienten, gefolgt von Essen (4,9 Prozent) und Nürnberg (4,6 Prozent). Am unteren Ende der Liste steht Stuttgart mit einem Anteil von nur 3,7 Prozent.
Deutliche Unterschiede nach Alter und Geschlecht
Bei der Krankheitshäufigkeit zeigt der Gesundheitsatlas zudem deutliche Unterschiede nach Alter und Geschlecht. In der Altersgruppe bis 14 Jahre sind Jungen mit 5,4 Prozent deutlich häufiger an Asthma erkrankt als Mädchen mit 1,9 Prozent. Im Erwachsenenalter sind Frauen zwischen 70 und 79 Jahren mit 6,8 Prozent am stärksten betroffen. „Die höhere Prävalenz bei den Jungen hat vermutlich anatomische Gründe und lässt sich durch die engeren Bronchien erklären. So kommt es leichter zu einer Verengung der Atemwege, wie sie beim Asthma bronchiale vorliegt. Im Erwachsenenalter sind die Bronchiendurchmesser dann bei Männern größer als bei Frauen, was die Umkehrung der Geschlechterverhältnisse erklärt“, so Schröder. Weitere Gründe für die Geschlechtsunterschiede könnten aber auch hormonelle Einflüsse oder geschlechtsspezifische Unterschiede beim Kontakt mit Asthma-auslösenden Substanzen sein.
Zusammenhang zwischen Asthma und Adipositas
Der Gesundheitsatlas bestätigt einen Zusammenhang, der bereits aus anderen Studien bekannt ist: In Regionen mit einem hohen Anteil von Menschen mit krankhaftem Übergewicht (Adipositas) ist auch die Rate der Asthma-Erkrankungen erhöht. So zeigt sich im Fünftel der deutschen Regionen mit dem höchsten Adipositas-Anteil eine Asthma-Häufigkeit von 4,5 Prozent. Das Fünftel mit dem niedrigsten Adipositas-Anteil hat dagegen eine Asthma-Häufigkeit von nur 3,8 Prozent. „Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine Gewichtsreduktion bei stark übergewichtigen Asthmapatienten zu einer Verbesserung der Krankheitskontrolle beitragen kann. Das Abnehmen wird diesen Patienten auch in der Nationalen Versorgungsleitlinie empfohlen, damit sich die Asthma-Symptome bessern“, erklärt der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer Schröder.
Kontrolle der Erkrankung in der Pandemie besonders wichtig
Die wichtigste Säule der Therapie von Asthma-Patienten ist ein gutes Management der Erkrankung unter adäquatem Einsatz der verfügbaren Medikamente, ergänzt um nicht-medikamentöse Maßnahmen. Das Ziel, die Erkrankung gut unter Kontrolle zu haben, steht daher auch in den Disease-Management-Programmen der gesetzlichen Krankenkassen für Asthma-Patienten im Vordergrund. Asthma-Anfälle mit Luftnot sollen möglichst komplett vermieden werden, sodass das Alltagsleben der Patienten nicht durch die Erkrankung eingeschränkt wird. Vor dem Hintergrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie sei dies besonders wichtig, betont Helmut Schröder: „Erste Studienergebnisse weisen darauf hin, dass bei einem gut kontrollierten Asthma nicht von einem erhöhten Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf ausgegangen werden kann.“
Innovatives Verfahren ermöglicht Aussagen auf lokaler Ebene
Für den Gesundheitsatlas wurde ein neuartiges Hochrechnungsverfahren verwendet, das für diesen Zweck vom Wissenschaftlichen Institut der AOK in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt wurde. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der Gesamtbevölkerung bis auf die lokale Ebene. Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein innovatives statistisches Verfahren herausgerechnet. Neben dem Vergleich der tatsächlichen Krankheitshäufigkeit enthält der Gesundheitsatlas auch eine Modellrechnung, die einen „fairen“ Vergleich zwischen den Regionen ermöglicht: Hierbei werden die Unterschiede herausgerechnet, die durch die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstruktur der Bevölkerung in den einzelnen Kommunen des Landes entstehen.
Erklärtes Ziel dieser Analysen ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen. Der Gesundheitsatlas kann den Akteuren vor Ort helfen, Handlungsansätze zu identifizieren, die der Verbesserung der Gesundheitssituation und damit auch der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger dienen. In die Analyse einbezogen wurden Patienten mit einer ärztlich dokumentierten Asthma-Diagnose oder einer Teilnahme am DMP Asthma, die zudem ein Asthma-spezifisches Medikament erhielten.
Der gesamte „Gesundheitsatlas Deutschland – Asthma bronchiale: Verbreitung in der Bevölkerung Deutschlands und seinen Regionen. Ursachen, Folgen und Präventionsmöglichkeiten“ steht auf der Website des WIdO unter https://www.wido.de/publikationen-produkte/buchreihen/gesundheitsatlas/gesundheitsatlas-asthma/ zum kostenlosen Download zur Verfügung.
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