In seiner Eröffnungsrede kritisierte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt die Versuche von Teilen der Politik und der Wirtschaft in der Corona-Krise, „alte Strukturen zu retten, die nicht mehr zu retten sind“. Er verwies auf Milliardensubventionen für Konzerne und Infrastrukturmaßnahmen von gestern wie den Autobahnbau sowie ein von der Mehrwertsteuersenkung entfachtes „Strohfeuer für Konsum und fossile Strukturen“. Das erschwere den dringend notwendigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel. Eine Haltung, wonach die Wirtschaft wieder „brummen, aber grün schimmern“ solle, sei nicht die des BUND, der Investitionen in eine zukunftsfähige Wirtschaft, eine sozial-ökologische Gemeinwirtschaft und soziale Gerechtigkeit wolle, sagte Bandt.
Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und den Übergang in eine Postwachstumsgesellschaft untermauerten die Delegierten am Samstag. Der entsprechende Antrag „Soziale Gerechtigkeit in der ökologischen Transformation“ wurde mit 95,2 Prozent der Stimmen angenommen. Wegen der Corona-Krise fand die Bundesdelegiertenversammlung 2020 mit 125 Delegierten digital statt.
„Klimakrise und Artenschwund, Krise des Gesundheitssystems und Pflegenotstand, Kinderarmut, erodierende Böden und prekäre Arbeitsbedingungen – diese Krisen werden wir nur meistern, wenn wir sie an ihrer gemeinsamen Wurzel packen und Alternativen schaffen, die den Übergang in eine Postwachstumsgesellschaft überstehen. Mit dem gegenwärtigen Wirtschaftssystem geht das nicht. Wir brauchen soziale Gerechtigkeit in einer Wirtschaft, die nicht mehr vom Wachstum abhängig ist“, erklärte der BUND-Vorsitzende am Rande der Bundesdelegiertenversammlung.
Die Bundestagswahl 2021 ist ein entscheidender Zeitpunkt, um einen Aufbruch und den dringend notwendigen Wandel einzuleiten. Die Delegierten forderten öffentliche Investitionen in den Umbau der Infrastruktur und eine Stärkung von Ansätzen kooperativen Wirtschaftens, bei denen Menschen zu Handelnden in eigener Sache werden. Nur so können kreative Lösungen für ökologische oder soziale Probleme gefunden und Solidarität praktiziert werden. Beispielhaft sind aus Sicht des BUND Orte wie die Nachbarschaftshilfe, Projekte wie die Erneuerbaren Energien in der Hand von Bürgerinnen und Bürgern oder die solidarische Landwirtschaft. Aber auch kooperatives Wirtschaften als handlungsleitender Gedanke von Genossenschaften, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen als soziale Dienstleister für die Gesellschaft. Die Wirtschaft müsse ökologisch, sozial gerecht, demokratischer, stabiler und krisensicherer werden.
Bandt: „Der Versuch, die Situation vor der Krise wiederherzustellen, ist zum Scheitern verurteilt. Stattdessen sollten Unternehmen bei ihrer Neuausrichtung unterstützt werden und insbesondere große Unternehmen strenge ökologische Kriterien bei der Inanspruchnahme von staatlichen Hilfen erfüllen. Perspektivisch fordern wir neben der Beendigung von klima- und umweltschädlichen Subventionen ein grünes Investitionsprogramm für eine Energie-, Verkehrs- und Agrarwende.“ Besonderen Gestaltungsbedarf sieht der BUND gemäß seinem Leitantrag in den Bereichen Naturschutz, erneuerbare Energien, Landwirtschaft, Mobilität sowie Bauen und Wohnen.
Die ökologischen Krisen stellen die Menschheit vor große Herausforderungen: Die überfällige Umsetzung der Pariser Klimaziele, die Einhaltung der 1,5-Grad-Obergrenze, die Beendigung des Artensterbens und die Wiederherstellung von Lebensräumen sowie die Entgiftung der Umwelt und der Schutz der Gesundheit müssen höchste politische Priorität haben. Der dafür notwendige Strukturwandel wird massiv sein. Er wird den Ausstieg aus unökologischen Technologien, Produkten und Infrastrukturen umfassen. Er wird Gewinnerinnen und Gewinner, Verliererinnen und Verlierer haben und neue Chancen eröffnen. Angesichts solcher Umwälzungen betont der Verband, dass soziale Gerechtigkeit in der ökologischen Transformation mitgedacht werden muss.
Bandt: „Soziale Gerechtigkeit ist ein ethischer und moralischer Grundwert, aber mehr als ein Wert an sich. Eine gesicherte Lebensgrundlage ist auch Voraussetzung dafür, dass die Menschen mit den notwendigen Umbrüchen zurechtkommen. Wir wissen, dass eine ökologische Transformation dringend nötig ist. Wir wissen um die Gefahren, die ohne sie drohen. Wird eine weitreichende Transformation so gestaltet, dass Menschen sie nicht bloß akzeptieren, sondern in ihr auch eine Chance sehen, kann können wir gemeinsam dafür sorgen, dass sie gelingt!“
Der BUND will eine politische Kehrtwende hin zu einer Politik, in der jeder Beschluss unter „Nachhaltigkeitsvorbehalt“ steht, und nicht wie heute unter „Wachstumsvorbehalt“.Wirtschaft darf kein Selbstzweck sein. Sie muss ökologischen wie sozialen Zielen dienen.
Der BUND, der als größter Umwelt- und Naturschutzverband Deutschlands auch bisher schon soziale Ziele in seine ökologische Politik stets einbezogen hat, wird vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr und darüber hinaus seine Zusammenarbeit mit Organisationen verstärken, die sich schwerpunktmäßig für die soziale Dimension von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit einsetzen.
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