Für das Jahr 2020 hatte der Fachverband Biogas e.V. im Juli erstmals einen Rückgang der installierten Biogasleistung prognostiziert: Rund 250 Betreiber werden aufhören; der Bau neuer Biogasanlagen stagniert auf niedrigem Niveau und kann den Verlust nicht kompensieren. Mit dem EEG 2014 nahm diese Entwicklung ihren Anfang – und könnte nun mit dem EEG 2021 gestoppt werden.
Aktuell erzeugen rund 9.500 Biogasanlagen in Deutschland gut 33 Terawattstunden klimafreundlichen Strom und versorgen damit etwa 9,5 Mio. Haushalte. Sie vermeiden jährlich über 20 Mio. Tonnen CO2. Für die Anlagen der ersten Stunde läuft der Vergütungszeitraum zum Ende dieses Jahres aus. Ein Weiterbetrieb unter bisherigen Rahmenbedingungen würde sich für viele Betreiber nicht rechnen. Doch jetzt soll im EEG 2021 nachgebessert werden. Zunächst soll für Biomasse ein Ausbauziel für 2030 in Höhe von 8,4 Gigawatt gesetzlich festgeschrieben werden. Um dieses Ziel zu erreichen wurden im Kabinettsentwurf die Ausschreibungsvolumina erhöht, die Gebotshöchstwerte um zwei Cent angehoben, der Zuschlag für die flexible, am Strommarkt orientierte Fahrweise angehoben und die bisherige Deckelung der Flexibilitätsprämie abgeschafft.
„Es scheint, als ob in Berlin endlich die Zeichen der Zeit erkannt würden“, sagt der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide, auf der heutigen Pressekonferenz, mit Blick auf das Ende der fossilen Energieversorgung aus Atomkraft und Kohle. „Biogas ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu 100% erneuerbarer Energie und es gilt, jetzt den Bestand und das Know-How aus 20 Jahren zu erhalten und weiterzuentwickeln, damit wir die vielfältigen Potenziale von Biogas optimal nutzen können.“
Dazu gehöre neben der flexiblen Stromeinspeisung und der Wärmenutzung auch die Einspeisung von aufbereitetem Biogas ins Erdgasnetz mit anschließender Nutzung zum Beispiel im Kraftstoffsektor, die Verarbeitung von Gärprodukten zu hochwertigem Dünger, die Förderung der Artenvielfalt im Energiepflanzenanbau, die regionale Wertschöpfung und die Stabilisierung landwirtschaftlicher Strukturen. „Biogas kann so viel mehr als nur Strom“, betont der Präsident und verweist auf die großen Anstrengungen in allen Sektoren, die nötig sind, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Schon heute werden im ländlichen Raum viele Haushalte, Schwimmbäder, Turnhallen und Krankenhäuser mit klimafreundlicher Wärme aus der Biogasanlage versorgt.
„Die zu erwartenden Änderungen im EEG kommen für die Biogasbranche auf den allerletzten Drücker“, erklärt Seide. Er hofft, dass viele Betreiber die neuen Möglichkeiten erkennen und doch noch die nötigen Investitionsentscheidungen für den Weiterbetrieb ihrer Anlagen treffen werden. Für die aktuelle Ausschreibungsrunde, die Anfang November endete, erwartet Seide allerdings eine geringe Teilnahme. Viele Betreiber würden abwarten und auf bessere Rahmenbedingungen im EEG 2021 setzen. Fest steht aber: Die Nutzung von Biogas wird künftig eine andere sein als in den ersten 20 Jahren seit dem Inkrafttreten des EEG. Die Betreiber müssen flexibler werden, neue Märkte erschließen, Potenziale erkennen. „Ich bin aber sicher, dass sie das auch können“, unterstreicht Seide.
Ähnlich ist die Einschätzung von Vizepräsident Hendrik Becker aus Sicht der Firmen. Viele Unternehmen hätten die letzten Jahre nur über ihre Auslandsgeschäfte überstanden, weiß der Firmenvertreter. Und versichert: „Die Firmen sind bereit für neue Herausforderungen.“ So könne die Biogasbranche zeitnah grünen Wasserstoff produzieren. Biogas sei „der Billigmacher unter den erneuerbaren Gaserzeugern“ und zudem regional verankert und damit krisensicher. Eine gewisse Unabhängigkeit vom Ausland – das zeige nicht zuletzt die Coronakrise – sei nicht zu unterschätzen.
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