MilcherzeugerInnen fehlen über 15 ct/kg zur Kostendeckung

Laut der vierteljährlich aktualisierten Kostenstudie des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) sind die Milcherzeugungskosten – mit aktuellem Stand Juli 2020 – weiter gestiegen, während für den gleichen Zeitraum der durchschnittliche Auszahlungspreis gesunken ist. Im Vergleich zu Januar 2020 gingen die Produktionskosten um über einen Cent nach oben und betrugen im Juli 46,95 ct/kg. Der Milchpreis sank um genau zwei Cent und lag Mitte 2020 bei nur 31,24 ct/kg. Die aktuellen Ergebnisse zeigen eine deutliche Unterdeckung von 33 %.

Elmar Hannen, Milcherzeuger in Kleve sowie BDM- und EMB-Vorstandsmitglied, fasst die Situation im deutschen Milchsektor zusammen: „Im ersten Jahr nach der Sektorstrategie von Bauernverband, Milchindustrie-Verband (MIV) und Deutschem Raiffeisenverband (DRV) lässt sich keinerlei Besserung am Milchmarkt erkennen. Die Stellung der Erzeuger hat sich eher verschlechtert. Die Kosten sind für den Produzenten durch höhere Anforderungen und durch die Dürre zusätzlich gestiegen. Diese Erhöhung kann nicht weitergegeben werden und wird somit komplett vom Erzeuger getragen. Die bisher schon bestehende Kostenunterdeckung wird dadurch weiter erhöht. Ohne Kriseninstrumente kommen wir aus der Situation nicht heraus und werden weiter Betriebe verlieren.“ Laut dem deutschen Milcherzeugerverband BDM bedarf es daher dringend einer eigenen Branchenorganisation Milch.

Entwicklung der Milcherzeugungskosten in Deutschland
Hier finden Sie die Entwicklung der Kostensituation in der Milchproduktion in Deutschland von 2014 bis Juli 2020.

Preis-Kosten-Ratio (Unterdeckung)
Die Preis-Kosten-Ratio verdeutlicht, inwieweit das Milchgeld die Produktionskosten deckt. Im Juli 2020 haben die ErzeugerInnen nur 67 % ihrer Produktionskosten über den Milchpreis erwirtschaftet; die Unterdeckung betrug somit 33 %.
Sehen Sie hier die Kostenunterdeckung seit 2014:

Milch-Marker-Index (MMI)
Der Milch-Marker-Index (MMI) zeigt die Entwicklung der Kosten der Milchproduktion auf. Der MMI hatte im Juli 2020 einen Wert von 114, d. h. dass die Produktionskosten für deutsche MilcherzeugerInnen im Vergleich zum Basisjahr 2015 (2015 = 100) um vierzehn Prozent gestiegen sind.

Grafik Milch-Marker-Index im zeitlichen Verlauf:

Neu: Biokostenstudie
Für Deutschland gibt es seit November 2019 nun auch Informationen zu den Milcherzeugungskosten im Biobereich (Zeitraum: 2011 bis zum aktuellsten abgeschlossenen Wirtschaftsjahr).
Hier finden Sie die Studie "Was kostet die Erzeugung von Biomilch?".

Studie zu den Produktionskosten sechs wichtiger Milcherzeugungsländer
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in fünf weiteren Ländern werden regelmäßig Kostenberechnungen durchgeführt. Auch dort wird deutlich, dass MilcherzeugerInnen keine kostendeckenden Milchpreise erhalten.
Hier finden Sie die Berechnungen der Milchproduktionskosten in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden für das Jahr 2017 sowie in diesem Video eine Übersicht der Zahlen.

Kosten der Milchproduktion chronisch unterdeckt – was schafft Abhilfe?
Das European Milk Board schlägt die gesetzliche Verankerung eines Kriseninstruments vor, um der chronischen Unterdeckung entgegenzuwirken. Das Marktverantwortungsprogramm (MVP) beobachtet und reagiert auf Marktsignale durch eine Anpassung der Produktion.
Sehen Sie hier eine kurze Beschreibung des Marktverantwortungsprogramms des EMB.

Hintergrund:

Für die Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch?“ hat das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) 2012 im Auftrag des European Milk Boards und der MEG Milch Board erstmals die Milcherzeugungskosten in Deutschland flächendeckend berechnet. Die Kalkulation basiert auf Daten des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen der EU (INLB) sowie des Statistischen Bundesamtes (Destatis) und wird seit 2014 vierteljährlich aktualisiert.

Kontakt:
EMB-Pressestelle Vanessa Langer (DE, EN, FR): +32 (0)2 808 1935

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