Wir sind so frei #2 und #3

Mit dem Doppelprogramm „Wir sind so frei #2 – ∞ ma non troppo“ und „Wir sind so frei #3 – Die 10. Sinfonie“ setzt die Berliner Opernkompanie Novoflot Erforschung und Weiterdenken des musikalischen Universums von Ludwig van Beethoven fort.

Angelegt zwischen Oper und Klavierkonzert, musiktheatraler Ausstellung und Sinfonie, philharmonischer Raumerkundung und neu komponierter Musik, ist die Trilogie „Wir sind so frei #1 – #3“ eine zeitgenössische Betrachtung von fast 250 Jahren heftigster Auswirkungen eines singulären musikalischen Œuvres auf die Kunst der Gegenwart und die Gegenwart der Kunst.

Unterschiedlichste Instrumentalensembles, Sänger*innen sowie Performer*innen entwickeln in „Wir sind so frei #1 – #3“ Aspekte der eigenwilligen kompositorischen Praxis Beethovens konsequent weiter und erkunden sie szenisch in extremen räumlichen Dispositionen. Seine unablässige Neugier auf das Widersprüchliche dient Novoflot hierbei als entscheidender Motor!

Diese neuschöpferische Auseinandersetzung hatte ursprünglich schon im März 2020 in der Berliner Akademie der Künste mit „#1 Fidelio“ beginnen sollen. Die damalige akute Gefährdungslage durch das Coronavirus machte das unmöglich. Die Premiere wird am 17. Dezember in Berlin nachgeholt.

Und so werden nun im Oktober – selbstverständlich unter strikter Berücksichtigung der jeweils geltenden Hygiene- und Sicherheitsregeln – die Kölner Philharmonie und ihr Vorplatz zum Erlebnisraum für die Uraufführungen der beiden Folgeteile.

„Wir sind so frei #2 – ∞ ma non troppo“ ist am Nachmittag des 12. Oktober der Ausgangspunkt dieser ungewöhnlichen Aufführungsreihe. Zwischen Kölner Dom und Museum Ludwig, dem Rauschen der Bahngleise und dem Menschenstrom des Kölner Alltages entsteht über der unterirdisch gelegenen Philharmonie, auf dem Vorplatz des Konzerthauses ein Klavierkonzert im öffentlichen Raum. Patrik Baboumian, der stärkste Mann Deutschlands, sowie der Tänzer Rafal Dziemidok betrachten als Beethovens Stellvertreter und Rückblende ihr eigenes Werk und sortieren den Kompositionszyklus für die beiden Pianisten Antonis Anissegos und Joseph Houston in einen fragmentierten Ritt durch Beethovens Klavierwerk. Begehbare Kuben sind Schlupflöcher für die Zuschauer*innen, die in der vierstündigen Performance (Corona-bedingt) einzeln, exklusiv und zeitlich begrenzt Zutritt erhalten.

Direkt mit dem Abschluss der dritten Aufführung von „Wir sind so frei #2 – ∞ ma non troppo“ beginnt dann am 14. Oktober „Wir sind so frei #3 – Die 10. Sinfonie“, gleichzeitig Premiere und einzige Vorstellung an diesem Ort. Die 10. Sinfonie konzipiert Novoflot als speziell für die Räumlichkeiten der Kölner Philharmonie angelegtes Musiktheater und spannt hierfür einen musikalischen Bogen von Beethovens späten Streichquartetten über Ausschnitte aus op. 125 bis hin zum Fragment der 10. Sinfonie und Uraufführungskompositionen von Michael Wertmüller. In einem Rundgang durch die Foyers, Etagen und den Saal der Kölner Philharmonie entwickelt die Berliner Opernkompanie eine szenische Begehung, die nach einem Libretto der Berliner Autorin Gesine Danckwart der Erkundung offener Strukturen eines noch nicht vollendeten Werkes gleicht.

Wir sind so frei #2 – ∞ ma non troppo

Mit: Antonis Anissegos (Klavier), Joseph Houston (Klavier) sowie Patrik Baboumian, Maxime Barbasetti, Rafal Dziemidok

Regie & Konzept Sven Holm Musikalische Leitung Vicente Larrañaga Raum Elisa Limberg Kostüme Silvie Naunheim, Lisa Fütterer Video Mirko Borscht Sounddesign Koray Alkan Produktion Dörte Wolter, Miriam Glöckler, Sophie Beck Kommunikation k3 berlin

Ein Projekt im Rahmen von BTHVN2020. Ein Projekt im Rahmen von BTHVN2020. Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Senatsverwaltung für Kultur und Europa Berlin.

Wir sind so frei #3 – Die 10. Sinfonie

Sängerinnen: Rebecca von Lipinski (Sopran), Sara Hershkowitz (Sopran), Christina Daletska (Mezzosopran)

Darsteller*innen: Patrik Baboumian, Maxime Barbasetti, Rafal Dziemidok, Renae Shadler

Ensembles: Sonar Quartett, Ensemble of Nomads / Gäste: Lucas Niggli (Schlagzeug) und Sofia Souldina (Geige), Johnny La Marama

Musiker*innen: Hayden Chisholm (Saxofon), Nurit Stark (Violine), Yumi Onda (Violine), Grégoire Simon (Viola), Martin Smith (Violoncello)

Regie & Konzept Sven Holm Musikalische Leitung Vicente Larrañaga Komposition Michael Wertmüller Libretto Gesine Danckwart Raum Elisa Limberg Mitarbeit Bühne Eleonora Pedretti Kostüme Silvie Naunheim, Lisa Fütterer Video Mirko Borscht Lichtdesign Ismael Schott Sounddesign Koray Alkan Produktion Dörte Wolter, Miriam Glöckler, Sophie Beck, Teresa Reiber Kommunikation k3 berlin

Ein Projekt im Rahmen von BTHVN2020. Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, den Rhein-Sieg-Kreis und die Stadt Bonn. 

Über Novoflot und die Oper an sich

Die Oper ist ein Gesamtkunstwerk, deren einzelne Bausteine für sich genommen jeweils Kunstgeschichte schreiben. Und sie ist ein Missverständnis. Denn vieles von dem, was die Oper heute auszeichnet, widerspricht den eigentlichen Zielen ihrer Erfinder: eine Wiederbelebung der antiken Ideale. So wollte es die Florentiner Camerata Ende des 16. Jahrhunderts. Die Bourgeoisie Europas jedoch fand ein ganz eigenes Gefallen an dem neu geschaffenen Genre und deutete das einzigartige Potential der Gattung zu Ungunsten seiner Bauteile um: Erkenntnisgewinn bei Liebe, Mord und Totschlag wurde dem unbedingten Willen zur Repräsentation geopfert.

Novoflot versteht sich als Gegenpol dieser Entwicklung. Oder besser gesagt: als Gegenbewegung. In über 35 Inszenierungen seit 2002 untersuchten die Künstlerinnen und Künstler des frei produzierenden Ensembles die verdeckten Dimensionen der Gattung Oper und setzten das Mosaik der Einzelteile immer wieder neu zusammen. Herausgekommen sind Opernereignisse abseits der scheinbar manifesten Präsentationsform, aufgeführt auf Volksbühnen, Trabrennbahnen, Brachflächen, in Radialsystemen, mobilen Opernhaus-architekturen, versunkenen Kirchen und ehemaligen Fitness-Studios am Berliner Alexanderplatz. Konflikte jeglicher Art waren und sind bei diesen Unternehmungen vorprogrammiert. Laut Duden jedoch bilden sie die Voraussetzung für das Drama. (Malte Ubenauf und Dörte Wolter aus dem Vorwort des Jubiläumsbandes »Die 15. Spielzeit« – erschienen 2018 bei Theater der Zeit)

2014 wurde die Kompanie mit dem Tabori Preis ausgezeichnet.

www.novoflot.de

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