- Die US Automobility Insights genannte Analyse offenbart, auf welche Veränderungen die Autobranche während der Pandemie und darüber hinaus reagieren muss.
- Viele Spielregeln entlang der Wertschöpfungskette werden aktuell neu geschrieben, die Bedeutung von Digitalisierung nimmt verstärkt durch COVID-19 rasant zu.
- Für Einzelkämpfer wird es zunehmend schwieriger, die technischen, finanziellen und rechtlichen Herausforderungen der Automobility-Branche zu stemmen.
- Auch große OEMs müssen sich fortan in Netzwerken mit neuen Spielern und deren Digital-Know-how arrangieren und dabei gleichzeitig ihre traditionellen Kernkompetenzen stärken.
Das Berylls US Automobility Insight analysiert die aktuellen und anstehenden Veränderungen innerhalb der amerikanischen Auto- und Mobilitätsbranche. Die Analyse offenbart, dass Unternehmen weit über die Folgen der Pandemie hinausdenken müssen. Player, die gelernt haben, mit den Krisen-Auswirkungen zu leben, halten zwar das Ticket für die nächste Spielrunde in der Hand, um den Einzug ins Finale müssen sie jedoch weiter ringen. In einem Match, bei dem das Regelwerk ein komplexeres Set an Kernkompetenzen erforderlich macht.
Die physischen Berührungspunkte, die die Kunden bislang mit dem Handel und After-Sale hatten, müssen kurzfristig nahtlos an die unterschiedlichsten digitalen Kanäle angebunden werden. Denn die Cash-Cow des US-Automarktes bleib auf absehbare Zeit das Privatfahrzeug. Längerfristig treten Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf. Einerseits kommen neue Schritte hinzu, die über Produktion und Finanzierung hinausgehen. Andererseits zeichnen sich Verschiebungen innerhalb bestehender Glieder der Kette ab. Um diese Veränderungen zu bewältigen, müssen sich die OEMs ihrer Kernkompetenzen bewusstwerden, diese stärken und um einige neue Fähigkeiten erweitern. Welche das sind, ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Industriepartner, aber auch solche der öffentlichen Hand werden die Autohersteller künftig unterstützen müssen. So entstehen Netzwerke, die fortan im Wettbewerb um die Kunden miteinander konkurrieren. Ohne in ein Netzwerk eingebunden zu sein, wird das wirtschaftliche Überleben dann fast unmöglich sein.
ANGETRIEBEN VON CORONA WIRD DER WANDEL DER US-AUTOINDUSTRIE SCHNELL VORANSCHREITEN.
Der US-Automarkt erscheint erzkonservativ. Diese Vermutung legen zumindest die letzten Zulassungszahlen nahe, denn der Anteil der xEV-Neuzulassungen von 1,9 % in den USA ist verschwindend gering, verglichen mit 5,6 % in China und 55,9 % in Norwegen. Solange die Ölpreise fallen und der Treibstoff billig ist, sehen offenbar nur wenige Amerikaner die Notwendigkeit, auf eine neue Technologie umzusteigen. Auch weil es an kurzfristigen wirtschaftlichen Anreizen und makroökonomischen Stimuli fehlt, verharrt der Markt für Elektrofahrzeuge. Tatsächlich werden xEVs in den USA kaum gefördert. Die Regulatorik und Schaffung von Kaufanreizen obliegen den einzelnen Bundesstaaten. Entsprechend uneinheitlich präsentieren sich die Lösungen. Dennoch ist absehbar, dass die xEVs ein größeres Stück des US-Kuchens abbekommen werden: Einmal, weil sich ein steigendes Kundeninteresse an bald auf den Markt kommenden, erschwinglichen elektrischen SUVs und Pick-ups abzeichnet. Und zum anderen, weil der internationale Druck auf die USA wächst CO2-Emissionen zu senken.
Tatsächlich gehen die Anliegen der amerikanischen Kunden jedoch weit über neue Antriebe hinaus. Während der Pandemie wurden physische Kontakte zum Handel weitestgehend vermieden, Kunden entwickelten eine Präferenz für digitale Kanäle. Die so genannte Customer Journey machte dadurch einen großen Schritt Richtung Digitalisierung. Und der Kundenbedarf für digitale Angebote und Dienstleistungen durch den Handel wächst weiter. Total eingebrochen ist dagegen nahezu jegliche Form von geteilter Mobilität. Langfristig wird sich dieser Effekt aber zurückdrehen und die Bedeutung von Shared Mobility wieder stark zunehmen. Darauf müssen sich die US-Hersteller vorbereiten.
Die Manager von Dienstwagen- und Nutzfahrzeugflotten-Flotten zeigen sich außerdem hochautomatisiertem oder autonomem Fahren gegenüber aufgeschlossen. Die dafür notwendigen Technologien und das erforderliche Know-how gehört freilich nicht zu den Kernkompetenzen aller Fahrzeug-Produzenten.
Diese Trends, die von der Pandemie weitgehend unbeeindruckt an Fahrt aufnehmen, können die OEMs nicht mit den jahrzehntelang gelernten Optimierungsschritten von Produktion und Prozessen begegnen, sie müssen sich und ihre Kernkompetenzen entlang der Wertschöpfungskette massiv verändern und auf neue Partner zugehen.
ELEKTRIFIZIERTE, AUTONOM FAHRENDE UND GETEILT GENUTZTE AUTOS ÄNDERN DIE SPIELREGELN.
Die Veränderungen, die auf die amerikanischen OEMs zukommen, dürfen nicht dazu führen, dass sie ihre Kernkompetenzen vernachlässigen. Sie alle genießen hohes Kundenvertrauen und besitzen enormes Know-how in der Schnittstelle zum Kunden sowie Definition und der Fahrzeug-Bereitstellung, mit dem sie auch in Zukunft bei den Autokäufern punkten können. Ihre Home-Turf Kompetenzen müssen die OEMs konsequent weiter ausbauen und um digitales Know-how anreichern. Gleichzeitig sind gezielte Investitionen in die CASE-Technologien erforderlich.
Die Eigenwertschöpfung der Hersteller auf diesen relativ neuen Spielfeldern muss jedoch an einer klaren Vision ausgerichtet werden. Es gilt die Frage zu klären, welche Use Cases die OEMs bedienen wollen und welche Technologien sie eigenständig erfolgreich verfolgen wollen und können. Für das Bespielen aller anderen Handlungsfelder ist Unterstützung von außen vorzuziehen. Denn hier gibt es längst Player im Markt, deren Mittel und Fähigkeiten weit über die der Autohersteller hinausgehen. Das Ziel müssen Partnerschaften sein, die ein stabiles und gleichzeitig flexibles Netzwerk bilden. In diesem Verbund lassen sich künftig priorisierte Kundenwünsche bedienen, die sich aus der Transformation zum elektrifizierten, autonom fahrenden Auto, das sich auch für die Shared Mobility eignet, ergeben. Flexibilität innerhalb des Netzwerks ist essenziell. Einerseits um schnell auf veränderte Kundenwünsche reagieren zu können, aber auch um sich ändernden politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen gewachsen zu sein. Unter diesen Voraussetzungen gilt es geeignete Partner, Spezialisten, Downstream-Piraten und/ oder OEMs 2.0, zu finden und gleichzeitig selektiv eigene Kompetenzen im Bereich der CASE-Technologien auszubauen.
Ohne diese neuen Fähigkeiten, aber vor allem ohne starkes Partnernetzwerk, haben die Autohersteller auf dem US-Markt als Einzelkämpfer künftig kaum noch eine Chance, denn Wettbewerbsfähigkeit wird zukünftig anhand der Stärke von Netzwerken gemessen.
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