Vom Ruhesitz aus blickt Lüttgau ins Tal der Dicken Tannen
Förster Matthias Lüttgau hatte eine Generation lang die Wälder, Wiesen und Bachtäler mit seltenen Pflanzen und Tiere rund um Hohegeiß gepflegt. Besondere Fürsorge hatten die Dicken Tannen nötig. Lüttgau sorgte für die wohl ältesten Bäume im Harz und war ein kurzes Stück auf ihrem langen Lebensweg ihr Begleiter. Die Harzer Urfichten sind weit über das Bergdorf hinaus bekannt und werden seit Jahrhunderten nur als Dicke Tannen bezeichnet. Von den ehemals 119 Riesen, die schon 1893 im Wolfsbachtal standen, gab es 1978 noch knapp die Hälfte. Viele von den Baumveteranen hatte Förster Lüttgau in seiner 34 jährigen Dienstzeit absterben sehen. „Wer rund 400 Jahre lang an Ort und Stelle lebt und gleichaltrige Buchen, Bergahorne, Eschen oder Ulmen überragt, hat zahlreiche Orkane überstanden“, erinnert sich Lüttgau besonders an die jüngsten Stürme seit Kyrill 2007. Nun hofft er, dass sich sein Nachfolger an den wenigen verbliebenen Exemplaren noch lange freuen kann.
Neben Stürmen wie Friederike im Januar 2018 waren es meistens Borkenkäfer, die das Leben der alten Veteranen beendeten. Besonders die zwei jüngsten Dürrejahre hätten eine Borkenkäfer -Massenvermehrung ausgelöst, gegen die auch die Harzer Urfichten im Wolfsbachtal nichts ausrichten konnten, so Lüttgau. Drei Menschen seien nötig, wolle man eine der mächtigsten Fichten umfassen. Fünf Meter Umfang und über fünfzig Meter Höhe seien Rekordmaße unter den Dicken Tannen weiß Lüttgau.
Pflege des ökologischen Erbes in einem Revier mit 50 gefährdete Pflanzenarten
Wer als Revierförster in Hohegeiß arbeiten darf, tritt ein ökologisches Erbe an: Zahlreiche Schutzgebiete liegen in der Försterei – und auf den Bergwiesen rund um Hohegeiß findet man 50 gefährdete Pflanzenarten, darunter sechs verschiedene Orchideenarten sowie Arnika, Trollblume, Bärwurz, Storchenschnabel, Feuerlilie und Herbstzeitlose. Der Nachfolger von Matthias Lüttgau, Florian Maack, will als studierter Forstmann nahtlos an die Arbeit seines Vorgängers anknüpfen. Sein Revier umfasst insgesamt 1.620 Hektar Wald mit vielfältigen Naturschutzflächen. Und die Beweidung der geschützten Bergwiesen erfolgt nach traditioneller Art mit Kühen und Ziegen. „Besonders Ziegen machen reinen Tisch“, schwärmt Lüttgau, „sie erhalten die Wiesen in ihrem ursprünglichen Zustand, weil sie auch Ahorn und andere Bäume verbeißen“. So bliebe der Charakter von Hohegeiß gewahrt, weil die Landesforsten und ihre Partner aus der Landwirtschaft diese Artenvielfalt erhielten. Auch Förster Florian Maack betont die Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten in seinem neuen Revier, die auf Tätigkeiten der Menschen zurückgehen: „Im Wolfsbachtal hat man früher nach Eisenerz gegraben, davon zeugen einige alte Bergwerks-Pingen. Das sind bis zu 20 Meter lange Gänge, die heute vergittert sind, weil sie von Fledermäusen als Winterquartiere genutzt werden“.
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