Um 8 % stieg im gleichen Zeitraum auch die Wiederverwendungsquote auf insgesamt über 800.000 Tonnen Alttextilien an. Diese Steigerungsrate war den Alttextilsammlern angesichts minderwertiger Fast Fashion Qualität jedoch nur mit tiefem Spezialisierungsgrad und höchstem Kostendruck möglich, der sich aber nicht in einer auskömmlichen Erlössituation widerspiegelte. Weitere Negativtrends offenbaren sich in den angestiegenen Mengenanteilen zur Verbrennung.
Die Verbrennungsquote hat sich von 8 % im Jahr 2013 auf 12 % in 2018 erhöht. Die hierin befindlichen Abfälle zur Beseitigung aus der Sortierung haben sich gar verdoppelt – mit entsprechenden Auswirkungen für die CO2-Bilanz der Umwelt. Insgesamt summierten sich die Abfälle zur Beseitigung in 2018 auf rund 53.000 Tonnen gegenüber 20.000 Tonnen in 2015.
In der Neuauflage der bvse-Alttextilstudie „Bedarf, Konsum und Wiederverwendung von Bekleidung und Textilien“ stellt der bvse-Arbeitskreis Hochwertiges Textilrecycling fest, dass sich das Konsumverhalten für Textilien in den letzten Jahren grundlegend geändert hat.
Nach den Zahlen der neuen bvse-Alttextilstudie sind sowohl die Sammelmengen für Alttextilien als auch die Wiederverwendungsquote in den letzten Jahren weiter gestiegen. Jedoch geht die zunehmende Quantität mit minderer Qualität und entsprechend negativen Auswirkungen für die Branche einher.
In den neuen Berechnungen der bvse-Studie hat die absolute Menge der tatsächlich verfügbaren Sammelware in Deutschland zwischen 2013 und 2018 um rund 300.000 Tonnen auf knapp 1,3 Millionen Tonnen zugenommen. Gleichzeitig konnte ein weiterer Anstieg des Sammelaufkommens pro Einwohner und Jahr von rund 14 kg im Jahr 2015 auf zuletzt über 15 kg im Jahr 2018 festgestellt werden.
Jedoch hat sich der wünschenswerte Effekt, dass mit dem Anstieg an verfügbarer Sammelmenge eine bessere Marktsituation für das Textilrecycling ergibt, nicht eingestellt. Die Zunahme der Quantität geht mit der Qualität nicht einher. Importware aus Billiglohnländern dominiert den Fashionmarkt. Hersteller und Retailer liefern sich einen Preiskampf um die Gunst der Verbraucher, meist im unteren Preissegment. Dies geht zulasten von Textilqualitäten und zugunsten eines vermehrten Einsatzes billiger Chemiefasern.
Die Textilrecyclingbranche verzeichnet zudem einen Anstieg der Schad- und Störstoffanteile auf durchschnittlich rund 11 % der Gesamtmenge, schon vor der eigentlichen Sortierung. Ferner hat die Branche mit gestiegenen Kosten für einen gegenüber 2015 verdoppelten Beseitigungsanteil nicht mehr recycelbarer Textilien zu kämpfen.
Darüber hinaus bewirken Internetplattformen und die für Konsumenten lukrativen C2C-Warenzirkulationen das Mengen und Erlöse aus oberen Qualitäten, die die Quersubvention der Branche für die bis dato kostenfreie Entsorgung maßgeblich tragen, für die Textilrecycler verloren gehen. Gestiegene Kosten und ein dramatischer Einbruch der Preise seit 2018 haben die Marktsituation für Textilrecycler trotz gestiegener Wiederverwendungs-quote, die diese nur durch hohen Spezialisierungsgrad und enormen händischen Sortieraufwand erreichen konnten, insgesamt weiter verschlechtert.
Textilrecycling muss und wird sich in den nächsten Jahren verändern. Unklarheit herrscht hinsichtlich der Art und Weise des Wandels und der Verantwortlichkeiten. Aus Sicht der Textilrecycler ist eine Fortführung des bis heute praktizierten Systems nicht zukunftsfähig. Die in der Studie vorgelegten Zahlen können dabei als ein Appell an alle Beteiligten verstanden werden, sich mehr denn je und vor allem gemeinsam zu bemühen, zukunftsträchtige als auch faire Konzepte zu erarbeiten, um ein Fortbestehen des hochwertigen Textilrecyclings vor dem Hintergrund des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu gewährleisten.
Ungeachtet der Ergebnisse der Studie und schon vor einer nicht vorhersehbaren weltweiten Pandemie deutete sich ein Stresstest für die bisher kostenfreie Alttextilsammlung an. Selbstfinanziertes Textilrecycling wird durch die in der Studie dargestellten Rahmenbedingungen zunehmend in Frage gestellt. Wird hier nicht umgesteuert, könnte dies faktisch auf eine Mitfinanzierung von Herstellern, Inverkehrbringern und Kommunen hinauslaufen.
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