„Der Fall Tönnies ist nur die Spitze des Eisbergs. Er steht für ein menschenunwürdiges und Tierleid erzeugendes Agrarsystem. Seit Jahrzehnten erleben wir in der Land- und Lebensmittelwirtschaft ungehemmte Konzentrationsprozesse zu immer größeren Ställen, Bauernhöfen oder Schlachtkonzernen. Dabei bleiben gute Arbeitsbedingungen, artgerechte Tierhaltung sowie Umwelt- und Klimaschutz viel zu oft auf der Strecke. Die auf Wachstum und Agrarexport ausgerichtete Politik hat einen erheblichen Anteil an dem Skandal.
Wir brauchen regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich für dezentrale Schlachthöfe, Mühlen und Lebensmittelhandwerk einzusetzen. Sie muss für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne für alle Menschen in der Wertschöpfungskette sowie den dringend notwendigen Umbau der Nutztierhaltung sorgen. In diesem Punkt bietet das Konjunkturpaket der Bundesregierung viel zu wenig.
Die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung werden für bessere Haltungsbedingungen für Schweine, Kühe und Geflügel sorgen, wenn die Agrarpolitik sie endlich umsetzt. Es ist zu begrüßen, dass sich Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner am Wochenende zu zentralen Empfehlungen der Borchert-Kommission bekannt hat. Sie hätte aber schon längst handeln müssen. Anstatt den Prozess weiter zu verschleppen, erwarten wir von Ministerin Klöckner jetzt konkrete Schritte zur Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission.
Menschenunwürdige, tierquälerische und umweltfeindliche Bedingungen dürfen nicht weiter mit der Herstellung von Fleisch, Milch und Eiern verbunden sein. Das Signal kann auch in der nächsten Woche der Bundestag bei seiner Entscheidung zur Borchert-Kommission setzen.
Wir wünschen den Beschäftigten, die erkrankt sind, gute und schnelle Genesung.“
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