Laut dem Entwurf der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS), über die das Bundeskabinett kommenden Mittwoch beraten will, liegt der Fokus zwar auf grünem Wasserstoff; der vor allem von Industriekreisen forcierte, aus fossilen Quellen stammende „blaue Wasserstoff“ solle aber „übergangsweise genutzt werden“, heißt es darin. Das bei dessen Produktion abgeschiedene CO2, so die Verfechter der Technologie, soll anschließend unterirdisch eingelagert werden („Carbon Capture and Storage“, kurz CCS).
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) stuft „blauen Wasserstoff“ als „CO2-neutrale“ Option ein. Wie eine von Greenpeace Energy beauftragte Kurzstudie belegt, ist dies jedoch Etikettenschwindel: Inklusive der „Vorkette“, also der Förderung, dem Transport und der Verarbeitung von Erdgas, entstehen bei der Produktion von blauem Wasserstoff CO2-Emissionen von bis zu 220 g je Kilowattstunde (kWh). Auch ohne Vorkette sind es je nach CCS-Technologie bis zu 120 g CO2/kWh. „Blauer Wasserstoff ist also keinesfalls CO2-neutral, wie das BMWi behauptet. Wir müssen ihn also von vornherein ausschließen“, fordert Keiffenheim.
Zudem müsste das abgeschiedene CO2 ähnlich wie Atommüll über lange Zeiträume eingelagert werden. Zur Sicherheit solcher Lagerstätten liegen aber noch keine belastbaren Daten vor. Kritisch bewertet Greenpeace Energy auch einen weiteren Aspekt: Sollte es aus Klimaschutzgründen unvermeidlich werden, CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen und einzulagern, wären die besten und günstigsten Lagerstätten durch Emissionen aus dem blauen Wasserstoff bereits blockiert.
Blauen Wasserstoff für eine Übergangszeit zu nutzen, wie vom BMWi vorgeschlagen, sei ebenso problematisch, erklärt Marcel Keiffenheim. Denn ein aus Klimaschutzgründen in jedem Fall unvermeidlicher Wechsel zu grünem Wasserstoff sei dann nur zu hohen zusätzlichen Kosten möglich, da es sich um verschiedene Technologiepfade handelt. „Wenn wir jetzt hingegen ohne Umwege grünen Wasserstoff vorantreiben, der per Elektrolyse aus erneuerbarem Strom gewonnen wird, senken wir dessen derzeit höheren Kosten zügig ab“, sagt Keiffenheim. Das grüne Gas steht dann günstig zur Verfügung, wenn Deutschland es aus Klimaschutzgründen in großen Mengen braucht, wie Berechnungen des Analyseinstituts Energy Brainpool[1] belegen. Zugleich entstehen viele neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze in der Elektrolyseurproduktion und ergeben sich große Exportchancen für die hier noch führende deutsche Technologie.
Die entscheidende Basis für den Ausbau der künftig erforderlichen Elektrolyseurkapazitäten ist aber ein konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien, auch der Windkraft an Land. Um allein den zusätzlichen Strom für die vom BMWi in der Wasserstoffstrategie vorgeschlagenen fünf Gigawatt (GW) an Elektrolyseurleistung bis 2030 bereitzustellen, müssten nach Berechnungen von Greenpeace Energy im selben Zeitraum eigens rund sieben GW an Windkraftanlagen sowie sieben GW an Solaranlagen installiert werden. „Eine Nationale Wasserstoffstrategie muss also konkrete Maßnahmen zum Anschub des Erneuerbaren-Ausbaus enthalten“, fordert Marcel Keiffenheim deshalb: „Nur so kann Wasserstoff zum sinnvollen Baustein der Energiewende werden.“
[1] https://gp-e.de/windgasbedarf
Information für Redaktionen: Die Studie „Blauer Wasserstoff – Perspektiven und Grenzen eines neuen Technologiepfades“ finden Sie hier: https://gp-e.de/blauerwasserstoff-studie, ebenso deren kompakt aufbereiteten Ergebnisse als Broschüre: https://gp-e.de/blauerwasserstoff-broschuere
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