Die Corona-Krise hält die Marktteilnehmer im Griff, die Anzahl der angebotenen Objekte hat seit den Ausgangsbeschränkungen um -36 % deutlich abgenommen (Vergleich Erfassungszeitraum 23.03.2020 – 27.04.2020 und 23.03.2019 – 27.04.2019). Da temporär höchstens stark eingeschränkt Besichtigungen durchgeführt werden dürfen, wächst die Angebotsdauer* von Wohnimmobilien: Bei Eigentumswohnungen aus dem Bestand liegt diese seit den Ausgangsbeschränkungen bei 9,2 Wochen (Erfassungszeitraum 23.03.2020 – 27.04.2020), vor genau einem Jahr lag die Vermarktungsdauer bei 6,2 Wochen. Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Wohnraum nach einer Lockerung der Ausgangsbeschränkungen wieder deutlich zunehmen wird, denn Immobilien, insbesondere im Wohnbereich, sind und bleiben eine sichere wertstabile Anlageform die gerade in Krisenzeiten immer besonders gefragt ist.
Der IVD prognostiziert, dass nur begrenzt Preisauswirkungen – bedingt durch die hohe Nachfrage – im mittleren und bezahlbaren Preissegment geben wird.
Änderungen wird es bei den Nachfragegruppen geben: Solo-Unternehmer und Gewerbetreibende kleinerer und mittlerer Unternehmen werden im reduzierten Umfang als Nachfrager auftreten.
Das IVD-Institut hat im Frühjahr 2020 – direkt vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie – die Preise für Wohnimmobilen erhoben und die Entwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt analysiert. „Die Dynamik am Markt war mangels Angeboten niedrig, die Preiszuwächse dagegen hoch“, so Prof. Stephan Kippes. Für eine Eigentumswohnung/Bestand mit gutem Wohnwert wird im Frühjahr 2020 ein Quadratmeterpreis von durchschnittlich 5.100 € bezahlt (+8,5 % im Jahresvergleich). Für Objekte im oberen Preissegment mit bester Ausstattung werden Kaufpreise um die 10.000 €/m² aufgerufen (+5,3 % im Jahresvergleich). Experten berichten, dass Eigentumswohnungen über 10.000 €/m² aktuell eine Marktsättigung erfahren.
Für eine neuerrichtete Eigentumswohnung mit gutem Wohnwert werden im Frühjahr 2020 im Stadtbereich 8.000 €/m² bezahlt (+11,1 % im Jahresvergleich). In der Spitze bewegen sich die Kaufpreise für eine neugebaute Eigentumswohnung um 15.000 €/m² (+7,1 % im Jahresvergleich).
Das Marktsegment der Häuser zum Kauf verzeichnet wenig Dynamik, die Preisspirale dreht sich allerdings unermüdlich weiter. Der Kaufpreis für ein freistehendes Einfamilienhaus aus dem Bestand liegt in Stuttgart aktuell bei durchschnittlich 1.180.000 € (+9,3 % im Jahresvergleich). Für eine Doppelhaushälfte aus dem Bestand werden 720.000 € bezahlt (+10,8 % im Jahresvergleich). Im Neubaubereich wurden Kaufpreiszuwächse von knapp +13 % gemessen.
Die Landeshauptstadt Stuttgart wächst. Die Attraktivität der Neckarmetropole übt eine große Anziehungskraft auf Zuzügler aus. Im 5-Jahresvergleich hat Stuttgart rund 25.000 neue Bürger dazugewonnen (+4,1 %), das Wachstumstempo wäre sicherlich höher ausgefallen, wenn nicht das karge Wohnungsangebot in Stuttgart hinderlich wirken würde. Auffallend ist, dass sich speziell junge Leute in Stuttgart niederlassen, wenn auch erst einmal temporär. In erster Linie sind es Studenten, aber auch junge Fach-Experten, die flexibel und mobil sind. Diese Gruppe gehört auch vorwiegend zu den Mietern der Mikroapartments, die immer mehr im Aufwärtstrend sind.
Der bereits seit Jahren anhaltende Angebotsmangel bei kleineren Wohnungen wird aktuell dadurch verstärkt, dass potenzielle Mieter hochpreisiger Wohnungen sich vor dem Hintergrund des schwächelnden Arbeitsmarktes zunehmend für kleinere Wohnungen interessieren.
Angesichts der begrenzten Bebauungskapazität in Stuttgart und des sehr hohen Preisniveaus sind Mikroapartments immer mehr im Kommen und etablieren sich zunehmend sowohl bei den Investoren als auch bei den Mietern. Bei den Letzteren handelt es sich überwiegend um Studenten, Berufseinsteiger und Fernpendler. Ansonsten fällt auf, dass Zugezogene häufiger als Mieter anzutreffen sind als eingesessene Stuttgarter.
Generell ist ein Trend zu kleineren Neubauwohnungen sichtbar. Im Hinblick auf ein andauernd hohes Preisniveau spielt für Käufer eine vordefinierte absolute Summe, die sie für Immobilien auszugeben bereit sind, eine größere Rolle als die Wohnfläche der Immobilie. Das haben Entwickler registriert und konzipieren Neubauwohnungen kleiner: Begann früher die Wohnfläche einer typischen 4-Zimmerwohnung ab 90 m², werden heute im Neubau immer häufiger flächenmäßig kleinere Wohnungen angeboten.
Unter den Käufergruppen findet man aktuell solche Nachfrager, die sich bei der Kaufentscheidung kritisch und preissensibel verhalten, allerdings auch solche, die noch im letzten Moment vor einem Zinsanstieg „auf den fahrenden Immobilienboom-Zug aufspringen wollen“ und eher preisunempfindlich sind.
In angespannten Immobilienmärkten nehmen Bieterverfahren als alternative Vermarktungsform zum klassischen Angebotsverfahren vermehrt zu. Insbesondere in der Stuttgarter Innenstadt wird das Bieterverfahren eingesetzt, um den Verkaufspreis der Immobilien nach oben auszuschöpfen. Daher wird den Kaufinteressenten empfohlen, trotz eines engen Marktes keine überstürzten Entscheidungen zu treffen.
„Unter den Nachfragern nach Wohnimmobilien finden sich derzeit sowohl Eigennutzer als auch Kapitalanleger, wobei letztere immer mehr an Gewicht gewinnen“, berichtet der IVD-Marktberichterstatter Jörg Kinkel. Während Eigennutzer aufgrund des sehr hohen Preisniveaus in der Innenstadt auch in den Randbezirken und verstärkt in den Umlandgemeinden nach Wohnraum suchen, vorausgesetzt Kriterien wie Preis, Objektqualität und Verkehrsinfrastruktur stimmen, suchen Kapitalanleger in erster Linie nach Objekten in innerstädtischen Lagen.
Bei der Betrachtung der Preiszuwächse auf dem Wohnungsmarkt in Stuttgart seit 2010 kann geschlussfolgert werden, dass die höchsten Anstiege beim Baugrund im Geschossbau (+161 %) gemessen wurden. Im Kaskadeneffekt erhöhten sich die Kaufpreise für Eigentumswohnungen/Bestand (+108 %). Im nächsten Schritt wurden die Anstiege der Kaufpreise an Mieter weitergegeben. Die Miete für Bestandswohnungen stieg im besagten Zeitraum um +52 %.
„Seit 2013 geht die Schere zwischen den Kauf- und Mietpreisen bei Bestandswohnungen deutlich auseinander. Die Differenz beträgt im Frühjahr 2020 56 Basispunkte“, so der IVD-Marktberichterstatter Dirk Karge. Bei neuerrichten Wohnungen fällt die Differenz noch deutlich gravierender aus.
Der aktuellen Erhebung des IVD-Instituts zufolge liegen die Mietpreise in Stuttgart im Frühjahr 2020 wie folgt: Altbauwohnungen kosten 15,10 €/m², Wohnungen aus dem Bestand 15,00 €/m² und neu errichtete Mietwohnungen 16,50 €/m².
Die Berechnung des IVD-Instituts erfolgt auf Basis von IMV-Angeboten, die aus Printmedien und Internetportalen ausgewertet werden. Mehrfachmeldungen können dabei nicht ausgeschlossen werden.
Im Einzelnen berichtete Prof. Stephan Kippes von folgenden marktrelevanten Tendenzen:
- Deutliche Steigerungsraten bei Immobilienumsätzen: Die seit 2015 einsetzende Investitionsdynamik auf dem Immobilienmarkt Baden-Württembergs hielt auch im Jahr 2019 weiter an. Mit einem beachtlichen Plus von +8,6 % gegenüber dem Vorjahr wurden im Jahr 2019 41,8 Mrd.€ in Immobilien investiert. Dies ist der Höchstwert der vergangenen 19 Jahre. Im Moment ist nicht abzusehen, wie stark die Delle durch die Corona-Krise ausfallen wird.
- Zinssätze stark sinkend: Im Februar 2020 gab die Deutsche Bundesbank einen vorläufigen durchschnittlichen Zins für grundschuldgesicherte Darlehen heraus. Bei einer Laufzeit von über 10 Jahren lag der Zinssatz im Dezember 2019 bei 1,27 % (Vorjahresmonat: 1,94 %). Die Zinshöhe der Kredite mit einer Zinsbindungsdauer von 1 bis 5 Jahren lag im Dezember 2019 bei 1,37 % (Vorjahresmonat 1,71 %).
- Stuttgarter Arbeitsmarkt schwächelt: In der Landeshauptstadt Stuttgart stieg die Arbeitslosenzahl spürbar an und lag im Februar 2020 bei 15.227 Erwerbslosen. Gegenüber dem Vorjahresmonat betrug die Veränderung +11,4 %. Somit galten im Februar 2020 4,4 % der erwerbsfähigen Stuttgarter als arbeitslos. Auf der Bundeslandebene wurden ebenfalls steigende Arbeitslosenzahlen registriert (+10,6 % mehr als im Vorjahresmonat), was u.U. auf die wirtschaftlichen Probleme in der Automobilbranche zurückzuführen ist, die traditionell stark im Bundesland verankert ist. Im Zuge der Corona-Krise wird es eine weitere Verschlechterung am Arbeitsmarkt geben. Die Intensität hängt davon ab, wie lange die Ausgangsbeschränkungen andauern und wie gut die Förderprogramme greifen. Die Zahl der Kurzarbeiter hat bereits jetzt deutlich zugenommen.
- Kosten für regelmäßige Instandhaltung und Wasserversorgung am stärksten gestiegen: Im Vergleich zu 2015 ist der höchste Anstieg der Wohnnebenkosten für die regelmäßige Instandhaltung (+12,5 %) zu verzeichnen, gefolgt von den Kosten für die Wasserversorgung (+10,4 %) und die Müllabfuhr (+8,3 %). Die geringsten Zuwächse wurden bei Strom, Gas und anderen Brennstoffen (+4,0 %) festgestellt. Bei den Kosten für die Abwasserentsorgung wurden minimale Rückgänge gemessen.
* Quelle: IMV. Angebotsdauer: Berechnungen des IVD-Instituts auf Basis von IMV-Angeboten, Mehrfachmeldungen möglich. Die Angebotsdauer stellt das arithmetische Mittel dar. Die hier angegebene Zahl umfasst den Zeitraum (in Wochen) von der ersten und letzten Anzeigenschaltung für eine bestimmte Immobilie. Die letztmalige Anzeigenschaltung bedeutet nicht automatisch, dass die Immobilie verkauft wurde. Vielmehr wird es in der Praxis häufig vorkommen, dass eine Immobilie, nachdem sie einige Zeit vom Markt genommen wurde, erneut angeboten wird. Dies kann dazu führen, dass einzelne Objekte mehrfach gezählt werden.
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