Wenn das Geld nicht von der Bank kommt

Trotz anhaltender Niedrigzinsphase und großzügiger Kreditvergabe von Banken und Sparkassen schauen sich immer mehr Unternehmen nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten um. Das bestätigt David Giese, Firmenkundenberater auch für Forderungsabsicherungen und alternative Finanzierungen bei BüchnerBarella Baden-Baden.

Doch welche Alternativen gibt es aktuell?

FACTORING

Factoring gehört sicher zu den bekanntesten und am weitesten verbreiteten Modellen alternativer Finanzierungen. Dabei werden Kundenforderungen an externe Finanzdienstleister oder Banken verkauft. Diese zahlen in der Regel 80 bis 90 Prozent des Rechnungsbetrages sofort aus, was den Unternehmen sofortige Liquidität ermöglicht. Erst bei tatsächlichem Zahlungseingang, zum Beispiel 90 Tage später, erhält der Finanzdienstleister das Geld vom Kunden.

2017 haben mehr als 35.000 deutsche Unternehmen Factoring in Anspruch genommen. Der Umsatz der Branche beläuft sich mittlerweile auf 232 Milliarden Euro – das entspricht sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Rund 95 Prozent der Unternehmen, die Factoring in Anspruch nehmen, haben weniger als 250 Mitarbeiter. Das hat zumindest eine Umfrage des Deutschen Factoring-Verbandes ergeben.

REVERSE FACTORING

Weniger bekannt ist Reverse Factoring. Dabei werden nicht die Forderungen gegenüber Kunden verkauft, sondern der eigene Einkauf wird über Factoring finanziert. Der Anteil des Reverse Factorings am deutschen Markt liegt mit knapp zwei Milliarden Euro allerdings noch unter einem Prozent.

Reverse Factoring ist eine Möglichkeit, eigenen Lieferanten bankenunabhängige Finanzierung anzubieten. Ziel dabei ist, den Lieferanten früh Liquidität zuzuführen, ohne selbst in die Kreditgeberrolle zu schlüpfen, wodurch sonst die eigene Liquidität belastet würde.

LAGERFINANZIERUNG

Die Lagerfinanzierung ist eine Möglichkeit zur Finanzierung des Warenbestandes. Dabei wird der Lagerbestand mit einer gewissen Summe beliehen, in der Regel zwischen 40 und 80 Prozent des Warenwertes. Die Kosten können mit denen eines Kontokorrentkredites vergleichbar sein. Einige Gesellschaften bieten die Lagerfinanzierung nur in Verbindung mit Factoring oder spezieller Rückbürgschaften an.

Allerdings wird das Modell erst ab einem Volumen von ca. einer halben Millionen Euro interessant. Bei kleineren Summen kann eine individuelle Auftragsfinanzierung helfen. Dabei wird grundsätzlich nicht das Lager als ganzes bewertet und kontinuierlich finanziert, sondern projektbezogen für eine Dauer von bspw. 6 bis 72 Monaten. Dabei ist keine gutachterliche Lagerbewertung notwendig, die Kosten in die Höhe treiben würde.

EINKAUFSFINANZIERUNG – AUCH FINETRADING GENANNT

Anders als bei der Lagerfinanzierung wird hier kein Abschlag auf den Warenwert vorgenommen. Einkäufe werden bis zu 100 Prozent finanziert. Die Anzahl der Lagerfinanzierer außerhalb der klassischen Bankfinanzierung ist jedoch begrenzt.

WORKING CAPITAL FINANZIERUNG

Geld fürs laufende Geschäft gibt es nicht nur von Banken. Auch Kreditkartenunternehmen oder ähnlich neuartige Anbieter unterstützen Firmenkunden mit Geld für ihre laufenden Kosten. Zum Teil können diese heute über digitale Finanzierungsplattformen mit wenigen Klicks gebucht werden, quasi wie eine Online-Direktbank für Geschäftskunden.

WAS BEDEUTET DAS FÜR IHR RISIKO?

Beim echten Factoring übernimmt die Factoring-Gesellschaft das Ausfallrisiko zu 100 Prozent. Dennoch sollte man beim Abschluss von Factoring-Verträgen und ähnlichen Finanzierungsmodellen genau hinschauen und sicherheitshalber einen Experten fragen.

Es gibt mittlerweile hunderte Factoring-Anbieter auf dem deutschen Markt und nicht alle haben dieselben Geschäftsbedingungen. Manche tricksen beim Kleingedruckten und belassen so Risiken beim Kunden.

Auch bei anderen Fremdfinanzierungen sollte man sich genau damit befassen, was passiert, wenn es zu Forderungsausfällen kommt. Da manche Finanzierungsmodelle noch relativ neu sind, sollte man auf Nummer sicher gehen, dass diese von der Forderungsausfall- oder Kreditversicherung tatsächlich abgedeckt sind.

Vor allem in Branchen wie Automotive und Nahrungsmittel kann ein erhöhter Bedarf nach Flexibilität bestehen, da gerade OEM dazu neigen, finanzielle Risiken auf ihre Zulieferer zu schieben“, sagt Oliver Grybinski, Spezialist für Forderungsabsicherungen und alternative Finanzierungen bei BüchnerBarella.

EINIGE WICHTIGE FRAGEN AN IHREN FACTORING-ANBIETER

Bietet er echtes oder unechtes Factoring an?
Nur beim echten Factoring sind Sie zu 100 Prozent gegen den Forderungsausfall geschützt.

Wie lange dauert der Ankauf der Rechnung?
Damit wissen Sie, wann Sie Ihr Geld bekommen.

Wie hoch ist der Auszahlungsbetrag?
Manche Factoring-Dienstleister zahlen 100 Prozent der Forderung aus und berechnen Abschläge, Zinsen oder Gebühren.

Übernimmt der Anbieter Debitorenmanagement und Inkasso?
Nur dann können Sie den Vorgang intern abschließen und müssen sich um nichts mehr kümmern.

Legt der Anbieter seine Kosten transparent offen?
Schauen Sie, dass Sie klar nachvollziehen könne, ob weitere Kosten, Einbehalte oder Abschläge auf Sie zukommen, etwa zur Registrierung bei dem Factoring-Anbieter.

Welche vertragliche Bindung gehen Sie ein?
Manche Dienstleister setzen auf eine langfristige Bindung. Das kann, muss allerdings nicht immer sinnvoll sein.

FAZIT

Factoring & Co. sind ernsthafte Alternativen für Unternehmen geworden. Der Anbieter-Markt ist stark diversifiziert. Diese Situation beinhaltet zusätzliche Risiken. Darum ist es besonders wichtig, den Leumund des Partners möglichst unabhängig prüfen zu lassen und sich zu versichern, dass die Risiken von Zahlungsausfällen und darauf aufbauende Finanzierungen tatsächlich abgesichert sind.

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