Schweiz: Symposium zu Kinderrechten und Religionsmündigkeit

Vom 2. bis 3. Mai veranstaltete das Interfakultäre Zentrum für Kinderrechte der Universität Genf das X. Internationale Symposium Kinderrechte und religiöse Überzeugungen: Autonomie, Erziehung, Tradition. Mit dem Symposium wollten die Veranstalter Fachleute verschiedener Hochschul- und Berufskreise über das Recht der Kinder auf Religionsfreiheit informieren und unter anderem für Situationen sensibilisieren, wenn es zu Spannungen zwischen dem Recht der Eltern auf religiöse Erziehung und dem Recht des Kindes auf Religionsfreiheit kommt.

„Die Religionslandschaft in der Schweiz verändert sich“, betonten die Veranstalter. Glaubensgemeinschaften wie die römisch-katholische und die evangelisch-reformierte Kirche würden kleiner, während die islamischen oder freikirchlich-christlichen Glaubensgemeinschaften sowie die Zahl der konfessionslosen Personen wachsen würden. Das in Artikel 14 der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sei in einer Reihe von Gesetzen festgeschrieben, die zugunsten der Kinder gesamthaft angewandt werden müssten, hieß es in der Ausschreibung zum Symposium.

Recht der Eltern auf religiöse Erziehung − Recht des Kindes auf Religionsfreiheit

Die UN-Kinderrechtskonvention erteile den Eltern oder den rechtlichen Vertretern das Recht und die Pflicht, „die auf den Entwicklungsstand des Kindes abgestimmte religiöse Erziehung zu übernehmen. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte achtet die Freiheit der Eltern, die ‚religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen‘“. M. Jean-Pierre Rosenczveig, UNICEF-Experte aus Frankreich, führte in seinem Referat „Die Gewissensfreiheit beginnt nicht mit 18 Jahren“ aus, dass diese nicht erst mit der Volljährigkeit gegeben sei.

Religionsmündigkeit

Feste Altersangaben bezüglich der religiösen Selbstbestimmung könnten problematisch sein, sagte Dr. Michael Wiener, Mitarbeiter des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte im Mittleren Osten. Ein flexibler, der Reife eines Kindes entsprechender Zugang, sei besser, so der Experte. „In Deutschland und in Österreich kann ein Kind ab 12 Jahren nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden und ab 14 Jahren steht ihm die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will. In der Schweiz sind die Eltern für die religiöse Erziehung ihrer Kinder bis zum 16. Altersjahr verantwortlich“, so die Veranstalter des Symposiums.

Spannungsfelder

Zu Spannungen komme es oft an öffentlichen Schulen, wo Glaubenspraktiken von Familien auf andere Ansichten der Gesellschaft treffen. Es würden laut den Veranstaltern Gesuche um Freistellung vom Schwimm- oder Sexualkundeunterricht sowie von religiösen Veranstaltungen gestellt, Anpassungen des Essens in Schulkantinen an religiöse Vorschriften gefordert oder religiöse Symbole beanstandet. Schüler und Studenten der evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten beantragten alternative Prüfungsdaten, wenn diese auf einen Samstag (Sabbat), ihren Ruhetag, festgesetzt sind.

Gewalt im Namen der Religion – Gefährdung von Kindern und Jugendlichen

Dr. Michael Wiener verwies in seinem Referat auf die Erklärung von Beirut und ihren 18 Verpflichtungen zu „Glaube für Rechte“ (Faith for Rights). Die Erklärung wurde von Akteuren aus dem religiösen und zivilgesellschaftlichen Bereich an einem vom UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte im März 2017 in Beirut veranstalteten Expertentreffen publiziert. Wiener wies vor allem auf Artikel 13 der Erklärung hin, welche die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Gewalt im Namen der Religion thematisiert. Religionsgemeinschaften sowie Erziehungsberechtigte werden für die Problematik der Gewalt im Namen der Religion sensibilisiert und aufgefordert mit dem „Phänomen effektiv umzugehen“.

Die Erklärung von Beirut ist im Internet zu finden unter:

https://www.iirf.eu/site/assets/files/116504/f4r.pdf 

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